Jonas Horak (Karl Markovics) hat es sich gemütlich gemacht in der Anstalt für abnorme Rechtsbrecher, wo er wegen Mordes sitzt, kann sich um die Pflanzen kümmern und seine Ruhe haben. Bei Sophie Landner (Julia Koch) ist das anders. Die Polizistin, die Horak hinter Gitter gebracht hat, muss sich um einen neuen Fall kümmern. So ist eine Frau in einem Schwimmbad ertrunken, am Beckenrand bleibt eine einsame Katze zurück. Und es wird nicht bei dieser einen Leiche bleiben: Kurze Zeit später wird auf einem abgelegenen Bauernhof eine weitere tote Frau entdeckt, die eine grausige Besonderheit hat. Bei ihrer Suche nach Antworten muss Landner feststellen, dass eine Spur ausgerechnet zu Horak führt. Nur wie kann das sein? Weiß er etwas über diese Todesfälle?
Der eingebildete Kommissar hat einen neuen Fall
Ganz einfach ist es ja nicht, beim Landkrimi den Überblick zu behalten. Nicht nur dass die österreichische Krimireihe vergleichbar zum Tatort zahlreiche verschiedene Teams hat, die in ihren jeweiligen Regionen unterwegs sind, man also ständig das Personal austauscht. Die Filme werden hierzulande auch noch auf verschiedenen Sendern ausgestrahlt, weshalb ein deutsches Publikum kein wirkliches Gefühl für die Reihe entwickeln kann. Beispielsweise laufen im Ersten die Teile aus der Steiermark, das ZDF hat sich die meisten anderen Regionen geschnappt. Auf arte wiederum scheinen die Filme aus dem Vorarlberg eine deutsche Heimat gefunden zu haben. Zumindest feiert Das Schweigen der Esel dort Premiere wie schon der Vorgänger Das letzte Problem vier Jahre zuvor.
Den letztgenannten Film sollte man nach Möglichkeit auch gesehen haben, da der Nachfolger direkt auf diesen Bezug nimmt. Der Krimi war seinerzeit eine sehr positive Überraschung. So fing er zwar traditionell an, schien ein klassischer Whodunit-Krimi zu sein, der mit einem begrenzten Setting arbeitete – genauer ein eingeschneites Hotel. Am Ende stellte sich jedoch heraus, dass der vermeintliche Kommissar Horak in Wahrheit der Mörder ist und sein Gehilfe Freitag (Stefan Pohl) ein reines Hirngespinst. In Das Schweigen der Esel gibt es ein Wiedersehen mit den zweien, auch wenn Freitag in erster Linie in einem größeren Rückblick auftaucht. Dafür rückt Landner, die beim letzten Mal noch die zweite Geige spielte, stärker in den Vordergrund und darf richtig aktiv an dem Fall arbeiten. Karl Markovics, der erneut Regie führte und die Hauptrolle übernahm, diesmal auch das Drehbuch, nimmt sich entsprechend etwas zurück.
Märchenhaftes Spiel mit der Realität
Weniger durchgeknallt ist der Film dadurch aber nicht. So gibt es dieses Mal immer wieder Verweise auf Märchen. Besonders die Bremer Stadtmusikanten standen Pate, wenn die Morde ihrem Vorbild folgend immer mit Tieren einhergehen. Aber weshalb? Und was haben die Opfer gemeinsam? Das Schweigen der Esel bekommt dabei auch selbst eine märchenhafte Note, vieles wirkt nicht real. Das Publikum, das mit dem Vorgänger vertraut ist, wird auch misstrauisch sein, was von dem, was geschieht, tatsächlich geschieht. Markovics weiß das natürlich und spielt gerne mit dieser Ungewissheit. Er genießt es geradezu, ständig die Grenzen verschwimmen zu lassen zwischen Mord und Märchen, zwischen Realität und Vorstellung.
Dazu gibt es erneut viele komödiantische Passagen, wobei der Humor zwischen schräg und makaber wechselt. Für ein Publikum, das gern einen klassischen Krimi sehen mag, ist das vielleicht weniger geeignet. Schon beim ersten Teil fühlten sich einige betrogen, das wird hier nicht anders sein. Aber es macht Spaß, dem österreichischen Multitalent durch sein irrwitziges Labyrinth zu folgen, und sich bei jeder Ecke zu fragen, was danach wohl folgen mag. „Wirklich ist, wenn es weitergeht“, heißt es gegen Ende, wenn man wieder alles ganz anders ist als zunächst gedacht. Bleibt nur zu hoffen, dass es auch wirklich weitergeht mit der Reihe. Das Schweigen der Esel ist nicht nur innerhalb des Landkrimis einer der besten Titel, sondern auch den meisten hiesigen Produktionen überlegen.
OT: „Das Schweigen der Esel“
Land: Österreich
Jahr: 2023
Regie: Karl Markovics
Drehbuch: Karl Markovics
Musik: Herbert Tucmandl
Kamera: Leena Koppe
Besetzung: Karl Markovics, Julia Koch, Caroline Frank, Gerhard Liebmann, Valentin Sottopietra, Klaus Windisch, Tobias Fend, Julian Sark, Stefan Pohl
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