Nichts geht mehr bei Georg (Jörg Hartmann). Seine Spielsucht ist ihm zum Verhängnis geworden, er schuldet einigen richtigen fiesen Gangstern eine ganze Menge Geld. Da er dieses nicht selbst auftreiben kann, beschließt seine Frau Karen (Corinna Harfouch) sich das Leben zu nehmen. Mit der Summe von der Lebensversicherung, die sie kurz zuvor abgeschlossen hat, könnte er noch einmal ein neues Leben anfangen. Soweit der Plan. Am Ende schafft sie es aber doch nicht und steigt zu einem Fremden ins Auto. Dabei ahnt sie nicht, dass es sich bei Bruno (Ulrich Matthes) um einen Auftragsmörder handelt – und der wurde ausgerechnet von ihrem Mann engagiert, um sie zu töten. Und das ist nicht die einzige Überraschung, die auf sie wartet …
Bei Geld hören die Skrupel auf
Erste Eindrücke können trügen. Das gilt für Die vermisste Frau gleich mehrfach. So könnte man bei dem Titel denken, dass es sich um einen der unzähligen Krimis handelt, die jede Woche für das deutsche Fernsehen produziert werden und wo es darum geht, ein Verbrechen aufzuklären, das zu Beginn entdeckt wurde. Die ARD-Produktion geht jedoch in eine andere Richtung. Genauer gibt es am Anfang kein Verbrechen. Es gibt auch keine vermisste Frau, zumindest nicht für das Publikum, das genau weiß, dass Karen nichts zugestoßen ist. Allgemein haben die Zuschauer und Zuschauerinnen oft einen kleinen Wissensvorsprung gegenüber den Figuren, von denen fast alle irgendwelche Geheimnisse mit sich herumtragen.
Der Reiz des Films liegt dann auch weniger darin, die Vergangenheit zu rekonstruieren. Vielmehr will man wissen, wie die Zukunft aussieht. Schließlich steht da in Die vermisste Frau eine ganze Menge Geld auf dem Spiel, das alle für sich haben wollen. Und je weiter der Film voranschreitet, umso geringer werden die Skrupel. Diese Wandlung zeigt sich besonders an der Protagonistin, die am Anfang noch die naive Ehefrau ist und ihr eigenes Leben opfern möchte, später aber eine eiskalte und unbarmherzige Seite in sich entdeckt. Logisch: Wenn man feststellt, dass einen der eigene Mann umbringen wollte, dann bleibt das nicht ohne Auswirkungen. Ein solcher Wandel ist dennoch heftig und braucht ein entsprechendes schauspielerisches Talent, um das einigermaßen überzeugend rüberzubringen. Glücklicherweise stand hier Corinna Harfouch (Der neue Freund) zur Verfügung, welche die gesamte Bandbreite mitbringt.
Am Ende nur mittelprächtig
Dieser Thrillerpart wird von jeder Menge schwarzer Humor begleitet. Tatsächlich ist Die vermisste Frau über weite Strecken dann auch primär eine Komödie, bei der die Ereignisse eskalieren. Streckenweise ist das amüsant, gerade während der Passagen, wenn sich alle gegenseitig in den Rücken fallen und Intrigen geschmiedet werden. Manchmal wird es aber auch eher langweilig. Das betrifft etwa das Hin und Her bei dem Paar, welches auf der Stelle tritt. Überhaupt geht es zwischendurch kaum noch voran. Da hat man schon das Gefühl, dass Regisseur und Drehbuchautor Horst Sczerba sich nicht aus der Deckung wagt und deshalb lange den Status Quo beibehält. Vielleicht wusste er aber auch nicht, wie er sonst auf die nötigen anderthalb Stunden kommt.
Der große Fernsehhöhepunkt ist aus der Thrillerkomödie so nicht geworden. Sie bringt zwar einiges mit, hat ein vielversprechendes Szenario, teils stimmungsvolle Aufnahmen und zeigt an manchen Stellen auch, was möglich wäre. Aber sie macht nicht so viel Spaß, wie man sich das vorher vielleicht erhofft hat. Da hilft dann auch ein Finale, bei dem es so richtig drunter und drüber geht, nicht mehr. Die vermisste Frau ist zwar schon solide und vor allem eine wohltuende Abwechslung von dem Einerlei, das einem im Fernsehen ständig vorgesetzt wird. Aber man hätte sich schon erhoffen dürfen, dass da am Ende mehr rausspringt als ein mittelprächtiger Fernsehfilm.
OT: „Die vermisste Frau“
Land: Deutschland
Jahr: 2016
Regie: Horst Sczerba
Drehbuch: Horst Sczerba
Musik: Oliver Heuss
Kamera: Hagen Bogdanski
Besetzung: Corinna Harfouch, Ulrich Matthes, Jörg Hartmann, Lorna Ishema, Felix Goeser, David Bredin, David Scheller
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