Als die Sozialarbeiterin Janet Leach (Emily Watson) 1994 gebeten wird, als Prozessbegleitung die Vernehmung eines Verdächtigen zu unterstützen, ahnt sie noch nicht, worauf sie sich da eingelassen hat. So wird Fred West (Dominic West) vorgeworfen, gemeinsam mit seiner Frau Rose (Monica Dolan) die gemeinsame Tochter Heather ermordet und im Garten vergraben zu haben. Als wäre diese Geschichte nicht schon erschreckend genug, gibt er ihr gegenüber zu, noch andere Morde begangen zu haben. Darüber reden darf sie jedoch nicht, sie ist in ihrer Funktion als Prozessbegleitung zum Stillschweigen verpflichtet. Je mehr Zeit die beiden miteinander verbringen, umso größer wird das Ausmaß des Schreckens. Doch Leach ist fest entschlossen, diese Aufgabe weiterhin zu erfüllen – bis zum bitteren Ende …
Abstieg in die Abgründe eines Serienmörders
An True Crime Geschichten mangelt es nun nicht gerade, ständig erscheinen im Fernsehen, im Kino oder auf Streamingdiensten neue Titel. Netflix ist besonders berüchtigt dafür, dauernd bringt er neue Dokus – dieses Jahr etwa Bitconned – Der Betrug mit der Cryptowährung Centra oder Ein amerikanischer Albtraum. Dabei ist das Bedürfnis des Publikums nach wahren Verbrechen kein ganz neues Phänomen. Schon früher wurden immer mal wieder solche ausgegraben, um die Zuschauer und Zuschauerinnen zu unterhalten. Ein Beispiel dafür ist der bereits 2011 in Großbritannien ausgestrahlte Zweiteiler Die Vertraute des Mörders, der weit mehr als ein Jahrzehnt später doch noch seinen Weg zu uns findet. Dass es so lang gedauert, überrascht ein wenig, ist er doch mit Dominic West und Emily Watson prominenter besetzt.
Grundlage der britischen Produktion ist dabei der Fall Fred West, der zwischen 1967 und 1987 eine ganze Reihe junger Frauen ermordet hat. Sie zeichnet dabei aber nicht die Zeit der Verbrechen ab, sondern spielt 1994 und 1995, also zu der Zeit, als die Verbrechen bekannt geworden sind. Die Vertraute des Mörders handelt dann auch primär von diesem Prozess, als immer tiefer in der Vergangenheit gegraben wird – wortwörtlich – und dabei immer mehr scheußliche Wahrheiten ans Tageslicht kommen. Das ist dann zwar nicht spannend im Sinne eines Thrillers, bei dem gefürchtet werden muss, dass ein Mörder wieder zuschlägt. Das ist hier ausgeschlossen. Spannend ist es aber durchaus, wenn die Geschichte immer monströser wird und einem die Ausmaße dieser Abgründe bewusst werden.
Zwischen Krimi und Drama
Der Zweiteiler handelt aber nicht nur von dieser Entdeckung. Ebenso wichtig ist – der deutsche Titel kündigt es bereits an – was dies für die Protagonistin bedeutet. Der krimierfahrene Regisseur Julian Jarrold, der später auch die TV-Produktionen Der große Eisenbahnraub 1963 und Zeugin der Anklage inszenierte, erzählt, wie die unscheinbare Mutter und Ehefrau in den Sog des charismatischen und widersprüchlichen Killers gerät. An diese Stellen verwandelt sich Die Vertraute des Mörders in ein Drama, das von der Sehnsucht nach Anerkennung berichtet, aber auch der Art und Weise, wie die Medien und die Öffentlichkeit von solchen Geschichten fasziniert sind. Da kommt auch immer mal wieder eine Gesellschaftskritik dazu, wenn sich die Menschen am Unglück anderer berauschen oder sich gar bereichern.
Zum Teil ist das What Remains recht ähnlich, das letztes Jahr ebenfalls basierend auf einem wahren Fall von der komplexen Beziehung zu einem Mörder erzählte. Während dort aber viel mit Ambivalenzen gearbeitet wurde, mit Fragen von Schuld und der Rekonstruktion von Erinnerungen, da ist Die Vertraute des Mörders simpler und geradliniger. Auch wenn die Ausmaße des Verbrechens erst mit der Zeit offensichtlich werden, es also zu einer kontinuierlichen Steigerung kommt, ist die Richtung relativ klar. Lediglich die Frage, wie weit sich Leach in der Geschichte verlieren wird, bleibt bis zum Schluss offen. Sehenswert ist das so oder so, auch weil beide Hauptfiguren gut gespielt sind. Trotz der Grausamkeiten geht hier nie die menschliche Komponente verloren, gerade gegen Ende hin wird es sehr emotional.
OT: „Appropriate Adult“
Land: UK
Jahr: 2011
Regie: Julian Jarrold
Drehbuch: Neil McKkay
Musik: Dan Jones
Kamera: Tony Slater Ling
Besetzung: Dominic West, Emily Watson, Robert Glenister, Sylvestra Le Touzel, Monica Dolan, Rupert Simonian
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