Next Goal Wins
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Next Goal Wins (2023)

Next Goal Wins
„Next Goal Wins“ // Deutschland-Start: 4. Januar 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Die Fußballmannschaft von Amerikanisch-Samoa besitzt den Ruf, die schlechteste der Welt zu sein. 2001 lieferte sie das peinlichste WM-Qualifikationsspiel aller Zeiten ab, mit 0:31 gegen Australien. Zehn Jahre später hat sie immer noch kein Tor geschossen. Der örtliche Fußballpräsident Tavita (Oscar Kightley) hat einen Traum: Er will, dass die Mannschaft bei der Qualifikation zur WM 2014 endlich ein Tor, nur ein einziges Tor schießt! Per Anzeige wird von auswärts ein neuer Trainer gesucht. Weit weg auf dem amerikanischen Kontinent hat Fußballtrainer Thomas Rongen (Michael Fassbender) schon bessere Zeiten erlebt und seine Zornausbrüche am Spielfeldrand werden legendär. Auf den Vorschlag seiner Frau Gail (Elisabeth Moss), die sich von ihm getrennt hat, verdonnert ihn der amerikanische Fußballverband, die pazifische Inselmannschaft zu übernehmen. Thomas traut seinen Augen nicht, als er die entspannten Spieler kennenlernt, die überhaupt nicht fit sind. Er stört sich auch daran, dass zum Team die Transperson Jaiyah (Kaimana) zählt. In der polynesischen Kultur ist das nonbinäre Geschlecht der Fa’afafine jedoch seit jeher gesellschaftlich akzeptiert.

Ein Fußballteam ohne Kampfgeist

Der neuseeländische Regisseur Taika Waititi verdankt seinen Ruhm nicht nur den Thor-Verfilmungen, sondern auch schrägen Komödien wie Jojo Rabbit und 5 Zimmer Küche Sarg. Nun hat er sich einer wahren Geschichte angenommen, die so außergewöhnlich und lustig ist, dass sie bereits 2014 im gleichnamigen Dokumentarfilm von Mike Brett und Steve Jamison verewigt wurde. Die Fußballmannschaft von Amerikanisch-Samoa galt als komplett hoffnungsloser Fall – bis der US-Trainer Thomas Rongen sich widerstrebend ihrer annahm. Waititi und sein Co-Autor Iain Morris verwenden in ihrer fiktionalisierten Filmversion die Namen der realen Personen. Waititi selbst spielt ebenfalls eine kleine Rolle als Priester in Amerikanisch-Samoa, der auch mit großer Geste in die Geschichte einführt.

Der Rolle des verbissenen Trainers, dem der Gleichmut seines neuen Teams völlig abgeht, kann Michael Fassbender einiges an Komik abgewinnen. Er versteht es, dem Charakter gerade in seinem Ernst eine humorvolle Note zu geben, ohne ihn zu karikieren. Trainer Thomas verkörpert den harten Wettkampfgeist, der weder im internationalen, noch im US-amerikanischen Leistungssport fehlt. Zahllose amerikanische Spielfilme haben davon erzählt, wie ein Trainer Baseball- oder Basketballteams aufbaut und zum Erfolg führt. Durch harte Arbeit entwickeln in solchen Geschichten nicht selten junge, sozial benachteiligte Menschen ihre Talente und ein neues Selbstwertgefühl. Wer nun erwartet, dass sich Waititi auf ein ähnliches Schema verlässt, wird angenehm überrascht.

Ein Trainer im Kulturschock

Die Szenen des mühsamen Trainings dürfen natürlich auch in diesem Film nicht fehlen. Aber sie sind oft kurz und verzichten auf das Element des eisernen Drills. Wenn beispielsweise Thomas mit seiner Mannschaft im Laufschritt einen Berg erklimmt, droht am ehesten ihm die Puste auszugehen – aber er wird wie die Zuschauenden mit grandiosen Landschaftsbildern belohnt. Oft sind die Trainingsszenen schnipselartig auf ihren Slapstickgehalt reduziert und die Komik entfaltet ihre ganze Wirkung erst, wenn die Kamera Thomas’ Reaktion einfängt. Für den geplagten Mann ist der Job auf Amerikanisch-Samoa ein regelrechter Culture-Clash. Hier gehen die Uhren anders. Es prallen zwei gegensätzliche Mentalitäten aufeinander. Schon allein, dass der samoanische Fußballpräsident Tavita den neuen Trainer mantraartig beschwört, er erwarte von ihm nur ein einziges Tor, lässt diesen glauben, er sei im falschen Film. Ertönt der Gong zum Gebet, erstarren rundum alle wie die Kassiererin im Laden, mit der Thomas gerade im Gespräch ist, in stiller Haltung. Die Leute singen und feiern gerne, aber selbst Thomas entgeht nicht, dass sie auch – wie beispielsweise die kellnernde Jaiyah – hart arbeiten. Und wer der gegnerischen Mannschaft vor dem Spiel mit einem so grimmigen traditionellen Kampftanz wie dieses Team Angst einjagen will, muss ja letztlich auch Siegeswillen mitbringen, oder?

Die Samoaner können mit Thomas’ Befehlen nicht so viel anfangen, weil er ihnen nicht zeigt, was ihn wirklich an- und umtreibt. Nach und nach enthüllt der dramaturgisch geschickt aufgebaute Film immer mehr von Thomas’ mitgebrachten Problemen. Als seine Ex-Frau Gail ihm sagt, er sei zu seinem eigenen Wohl hierher geschickt worden, tut er das noch ungläubig ab. Aber diese eigenwilligen Samoaner bringen ihn zum Staunen. So stößt die Geschichte auch auf vergnügliche, aber gar nicht platte Weise Überlegungen an, wie spielerisch der Fußballsport noch sein darf und ob es nicht ganz verschiedene Arten gibt, Spielfreude zu demonstrieren. Waititis unterhaltsame Komödie durchzieht ein guter Humor mit leichter Offbeatnote. So drückt sich im Kopfschütteln des Trainers die Ahnung aus, dass sich hier bestenfalls ein winziger Erfolg erzielen ließe und es schon Herausforderung genug ist, sich dieser neuen Realität zu öffnen.

Credits

OT: „Next Goal Wins“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Taika Waititi
Drehbuch: Taika Waititi, Iain Morris
Musik: Michael Giacchino
Kamera: Lachlan Milne
Besetzung: Michael Fassbender, Oscar Kightley, Kaimana, Elisabeth Moss, David Fane, Beulah Koale, Taika Waititi, Uli Latukefu, Will Arnett, Lehi Falepapalangi

Bilder

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Next Goal Wins (2023)
fazit
Der neuseeländische Regisseur Taika Waititi greift in dieser vergnüglichen Komödie die wahre Geschichte des lange glücklosen Fußballteams von Amerikanisch-Samoa auf. Michael Fassbender überzeugt in der Rolle des US-Trainers Thomas Rongen, der zum undankbaren Job verdonnert wird, die Inselmannschaft fit für die WM-Qualifikation zu machen. Obwohl hier starke Gegensätze aufeinanderprallen, gelingt es dem Film, sich eine angenehme Bodenhaftung zu bewahren.
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