Unter Gamern gibt es die Regel, dass ein gutes Videospiel nicht automatisch eine gute Verfilmung garantiert. Bis heute haben es nur eine Handvoll Adaptionen geschafft, Kritiker und Publikum zu überzeugen, obwohl ihre Vorlagen wie Resident Evil, Silent Hill oder Max Payne durchaus Potenzial haben und sich sogar an diverse Hollywoodfilme anlehnen. Ironischerweise gilt dies auch anders herum, denn nur wenige Videospieladaptionen von erfolgreichen Spielen können überzeugen. Man denke nur an so mittelmäßige Titel wie Enter the Matrix oder zuletzt noch Blair Witch, um nur zwei Beispiele zu nennen. Fairerweise muss man sagen, dass es natürlich Ausnahmen von der Regel gibt wie Alien Isolation oder das unterschätzte Mad Max, doch meist überwiegt der Eindruck, dass eine Geschichte oder eine Figur den Übergang von einem Medium zu anderen nicht gut verträgt. Auch Rambo, eigentlich eine ideale Figur für einen Shooter, reiht sich in die Gurken ein, denn wenn man einmal eine Runde Rambo: The Video Game gespielt hat, fragt man sich, ob die Entwickler hinter diesem Machwerk überhaupt die Filme gesehen haben.
Doch die polnische Entwicklerstube Teyon hat aus ihren Fehlern gelernt. John Rambo erhielt keinen weiteren Auftritt, doch mit Terminator: Resistance von 2019 bewiesen sie, dass sie nicht nur aus ihren Fehlern gelernt haben, sondern auch ein Spiel vorlegen konnten, was der Vorlage, in diesem Falle den Terminator-Filmen, gerecht wurde. Als Teyon ankündigte, man arbeite an einem Spiel zu Robocop waren die Erwartungen daher gemischt, doch als RoboCop: Rogue City Anfang November 2023 auf den Markt kam, waren die meisten Gamer sehr positiv überrascht.
Satire und Dystopie
Die Geschichte spielt zwischen dem zweiten und dem dritten Robocop-Film. Robocop/Alex Murphy wird zu einer Geiselnahme in einem TV-Sender gerufen. Eine neue Bande, die sich Torchheads nennt, will durch die Aktion auf sich aufmerksam machen, besonders den „neuen Mann“ („the new guy“) in der Stadt, um mit diesem Geschäfte zu machen. Gemeinsam mit seiner langjährigen Kollegin Lewis macht sich Robocop ans Werk, jedoch kommt es beinahe zu einer Katastrophe, als ein Glitch in seinem System Murphy Visionen von seinem alten Leben haben lässt. Es wird nicht die letzte Vision sein, die Robocop haben wird und die das Vertrauen der Bevölkerung Detroits in ihren besten Cop stören. Nach und nach kommt Robocop diesem „neuen Mann“ in Detroit auf die Spur, doch ebenso einer Verschwörung seitens OCP, jenes Konzerns, der ihm das neue Leben als Cyborg schenkte und die Polizei mitfinanziert.
Von der Eröffnungssequenz angefangen, die eine Nachrichtensendung zeigt und nahtlos überleitet zu der erwähnten Geiselnahme, beweist das Team hinter Rogue City, dass es seine Vorlage verstanden hat. Regisseur Paul Verhoeven etablierte in Robocop die Mischung aus Action, Satire und Dystopie, die bis heute den Charme dieses ersten Filmes ausmacht und von den Fortsetzungen nie ganz erreicht wurde. Nonchalant will man von den Tragödien dieser Welt überleiten zu einem „leichten“ Thema, bis dann der Anführer der Geiselnehmer das Mikro übernimmt und seine eigene Ansprache hält. Dieser Eindruck bestätigt sich spätestens, wenn man als Robocop durch die Straßen Detroits streift und in weiter Ferne die Wolkenkratzer der Reichen und der Konzerne sieht, die diese Straßen mehr als ihre Spielwiese betrachten und wenig übrig haben für die Belange der einfachen Bürger.
Mit viel Auge fürs Detail und einem Gespür, was die Vorlage ausmacht, haben die Entwickler diese Stadt sowie die anderen Levels entworfen, teils sogar mit mehr als deutlichen Verweisen zu den Filmen, was Fans sicherlich direkt sehen werden. Insbesondere das Polizeirevier wirkt wie direkt aus den Filmen kopiert, vor allem dank einiger denkwürdiger Szenen wie beispielsweise dem Verlassen oder dem Ankommen von Murphys Streifenwagen auf dem Revier. RoboCop: Rogue City ist auf der einen Seite Fanservice, hat aber auch verstanden, was den Reiz der Vorlage ausmacht und denkt diesen intelligent weiter.
I’ll buy that for a dollar!
Dieses Auge fürs Detail sieht man auch bei der Umsetzung des Helden an sich, für dessen Stimme Peter Weller gewonnen werden konnte, der Robocop/Alex Murphy bereits in der Vorlage spielte. Der Spieler fühlt sich wie ein menschgewordener Panzer, der schweren Schrittes (man hört bei jeder Bewegung das schwere Stampfen Robocops) sich durch diese Welt bewegt. Dank seiner Panzerung sowie seiner diversen Fertigkeiten, die mittels eines Skill-Point-Systems noch erweitert werden können, ist Robocop ein furchteinflößender Gegner. Robocops bekannter Revolver kann ebenfalls aufgewertet werden dank verschiedener Chips und Platinen, welche die Funktionen der Waffe und sogar den Gewaltgrad des Spiels steuern können. Zwar gibt es noch andere Waffen im Spiel, doch die Dienstwaffe wird im Laufe der Handlung so wuchtig, dass man immer wieder zu ihr zurückkehrt. Darüber hinaus sind die Soundeffekte der Waffen ein großer Pluspunkt und betonen die Schlagkraft, was sich auch in den teils recht blutigen Effekten zeigt.
Doch der Held ist eben nicht nur eine Maschine und es verdient besondere Erwähnung, wie es die Entwickler schaffen, den Konflikt des Protagonisten mit seinen Erinnerungen an sein früheres Leben in die Handlung des Spieles zu verweben. Teils widmen sich ganze Level diesem Dilemma und man betritt als Spieler sogar jenen Ort, an dem Alex Murphy lebensgefährlich verletzt wurde. Die Nebenfiguren sind allesamt bekannt, jedoch wurde bei ihrer Umsetzung, besonders bei ihren Stimmen nicht so aufs Detail geachtet. Auch die Animationen der Figuren sind nach wie vor nicht die Stärke der Entwickler und wirken unnatürlich und bisweilen sogar kalt.
OT: „RoboCop: Rogue City“
Land: Polen
Jahr: 2023
Director: Piotr Latocha
Designer: Jerzy Zalewski, Przemyslav Morawski, Adam Mekla
Musik: Chris Detyna, Draco Nared
Entwickler: Teyon
Publisher: Nacon
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