Clara Rink (Julia Koschitz) kommt mit einer ebenso dringenden, wie unheimlichen Bitte zu dem Psychologen Richard Brock (Heino Ferch). Dieser soll ihren Mann Johannes (Benjamin Sadler) untersuchen, der zunehmend unbeherrscht ist und von dem sie befürchtet, dass er die Schizophrenie seines Vaters geerbt haben könnte. Tatsächlich zeigt er sich bei der Untersuchung von einer beunruhigenden Seite. Rätselhaft ist dabei eine Telefonnummer, die er Brock auf die Hand geschrieben hat. Als der Arzt dieser nachgeht, macht er die Bekanntschaft der Prostituierten Eva Faller (Mavie Hörbiger). Kurze Zeit drauf überschlagen sich die Ereignisse und Brock muss erkennen, dass die Geschichte deutlich komplizierter ist, als er das zunächst gedacht hatte …
Ein Krimi sucht das Verbrechen
Bei den unzähligen Krimireihen, die von den öffentlich-rechtlichen Sendern produziert werden, ist es nicht immer ganz einfach, den Überblick zu behalten. Viele davon sind einfach so austauschbar, dass da nur wenig ist, das einem in Erinnerung bleiben muss. Bei Spuren des Bösen hat man zumindest teilweise einen Weg gefunden, sich von der Masse zu unterscheiden. So ist es hier ausnahmsweise mal niemand von der Polizei, der sich um Gewaltverbrechen kümmern muss. Stattdessen steht ein Psychologe im Mittelpunkt, der einen ganz eigenen Zugang zum Thema hat. So auch bei Begierde, dem sechsten Teil der im ZDF ausgestrahlten Reihe.
Wobei sich der Film noch anderweitig von den vielen Kollegen und Kolleginnen unterscheidet. Üblicherweise beginnen Genrevertreter damit, dass ein Verbrechen entdeckt wird, vorzugsweise Mord. Hier fehlt das. Zunächst gibt es in Spuren des Bösen: Begierde überhaupt kein Verbrechen, das es aufzuklären gibt. Fans müssen sich da etwas umgewöhnen bzw. gedulden. Erst im weiteren Verlauf geschehen Dinge, die eine Zuordnung ins Krimifach rechtfertigen. Und selbst dann gibt es für die Zuschauer und Zuschauerinnen nicht so wahnsinnig viel Stoff zum Rätseln. Das heißt nicht, dass es da nichts aufzudecken gibt. Doch das geschieht so spontan und aus heiterem Himmel, dass die wenigsten realisieren werden, dass da überhaupt etwas war, das gelöst werden musste.
Konstruiert und wenig spannend
Das könnte ein Publikum freuen, das gern überrascht wird. Im Gegensatz zu vielen Krimis ist das hier tatsächlich nur schwer vorherzusagen, die Geschichte geht einen eigenen Weg. Das klingt eigentlich gut. So ganz überzeugend ist das Ergebnis aber nicht. Zum einen führt der Verzicht auf die üblichen Krimizutaten dazu, dass Spuren des Bösen: Begierde über längere Zeit eher langweilig ist und man darauf wartet, dass endlich mal etwas geschieht. Außerdem ist die Geschichte schon arg konstruiert. Manche Punkte erinnern eher an eine Seifenoper, wenn man sich im zwischenmenschlichen Bereich für nichts zu schade ist. Daran kann dann auch das betont ernst auftretende Ensemble nichts ändern, es kann nur durch gehobene Schauspielkunst dafür sorgen, dass es nicht ganz so extrem auffällt.
Atmosphärisch ist das prinzipiell ganz gut gelöst, der Film schwankt zwischen tragisch, mysteriös und unheilvoll, wobei die einzelnen Bestandteile gut ineinandergreifen. Trotz der inhaltlichen Sprünge wirkt das alles aus einem Guss. In der Hinsicht kann man Regisseur Andreas Prochaska (Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe) kaum einen Vorwurf machen. Aber das bringt eben nichts, wenn der Inhalt nicht überzeugt. Spuren des Bösen: Begierde ist einen Blick wert für ein Publikum, das genug hat von den vielen regulären Krimis. Anders heißt aber leider nicht besser. Am Ende ist das hier letztendlich ein nur mittelprächtiges Werk, das weder den Unterhaltungswert noch den Tiefgang hat, um wirklich für sich stehen zu können.
OT: „Spuren des Bösen: Begierde“
Land: Deutschland, Österreich
Jahr: 2017
Regie: Andreas Prochaska
Drehbuch: Martin Ambrosch
Vorlage: Sven Koch
Musik: Matthias Weber
Kamera: David Slama
Besetzung: Heino Ferch, Julia Koschitz, Mavie Hörbiger, Benjamin Sadler, Harald Schrott
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