Barbara Covett (Judi Dench) lebt für ihren Beruf als Geschichtslehrerin. Außerhalb der Klassensäle ist ihr Leben jedoch wenig beglückend. Sie hat niemanden, weder Familie noch Freunde, einsam und verbittert verbringt sie ihre Tage allein mit der Katze. Als sie die Bekanntschaft der neuen jungen Kollegin Sheba Hart (Cate Blanchett) macht, scheint sich endlich alles zum Guten zu wenden. Zwischen den beiden entsteht eine Freundschaft. Dann wird Barbara jedoch zufällig Zeugin, wie Sheba Sex mit dem erst 15-jährigen Schüler Steven Connolly (Andrew Simpson) hat. Zwar verspricht die kurz vor ihrer Pensionierung stehende Lehrerin, weder der Schule noch Shebas Mann Richard (Bill Nighy) etwas zu verraten. Und doch ist klar, dass die Beziehung der beiden Frauen im Anschluss eine andere sein wird …
Von verbotenen Affären
In den letzten Monaten hat es eine ganze Reihe von Filmen gegeben, in denen eine Frau mit einem deutlich jüngeren Mann zusammenkommt. Da war beispielsweise Wild wie das Meer, in dem eine verheiratete Fischerin in mittleren Jahren eine Affäre mit ihrem Lehrling beginnt. Bei Im letzten Sommer wiederum war es eine Anwältin, die sich auf ihren jugendlichen Stiefsohn einlässt. Manche werden sich dabei an Tagebuch eines Skandals zurückerinnert fühlen, das 2006 auch eine solche Geschichte erzählt hat. Und doch ist das britische Drama nur zum Teil mit den obigen französischen Kollegen zu vergleichen, wenn eine Lehrerin sich auf eine sexuelle Begegnung mit einem ihrer Schüler einlässt.
Ein großer Unterschied: Wo die Beziehung der Protagonistin zu dem Jugendlichen in den ersten beiden Fällen im Mittelpunkt stand, da ist sie hier nur ein Punkt unter mehreren. Genauer erzählt Zoë Heller, auf deren Roman Tagebuch einer Verführung der Film basiert, von mehreren Beziehungen. Auffällig ist, dass es bei jeder einen solchen großen Altersunterschied gibt. So mag Sheba deutlich älter sein als ihr Schüler, ist wiederum aber auch deutlich jünger als ihr Mann. Uns selbst zwischen den zwei Frauen gibt es in Tagebuch eines Skandals einen großen Altersunterschied, was dazu führt, dass sie sich nie ganz auf Augenhöhe begegnen. Wobei im Fall von Barbara der Fall komplexer ist. So sucht sie zunächst vorgeblich eine Freundschaft, will insgeheim aber mehr, ohne dies zugeben zu wollen.
Zwischen Tragik und Sumpf
Das verleiht der Romanadaption eine größere Tragik. So ist Barbara, die auch als Erzählerin auftritt, in ihren alten Vorstellungen gefangen. Sie ist das Produkt konservativer Überzeugungen, sei es im Klassensaal oder auch zu Hause, hält unbeirrt daran fest, obwohl sie selbst darunter leidet. Daraus hätte man ein Drama über Selbstbestimmung machen können. Stattdessen wurde eins über Manipulation und Intrigen daraus. So beschreibt Tagebuch eines Skandals, wie die betagte Lehrerin sich schamlos in das Leben der jungen Kollegin hineinfrisst und zu allem bereit ist, solange sie Sheba an sich binden kann. Gerade im späteren Verlauf werden immer wieder Elemente des Thrillergenres eingebaut, wenn das Wissen um die Affäre gnadenlos ausgenutzt wird. Auf einmal sind beide in ein Abhängigkeitsverhalten geraten, wenngleich sie in sehr unterschiedlichen Situationen sind.
Etwas irritierend ist dabei, dass die Affäre an sich so wenig thematisiert wird. So wird Sheba später zu einem Opfer stilisiert, obwohl sie gleichzeitig selbst eine Täterin ist. Aber mit moralischen Maßstäben sollte man besser an keine der Figuren herangehen, der Film ist voll von irgendwelchen Abgründen. Das macht Tagebuch eines Skandals zuweilen schwer verträglich. Gleichzeitig ist die Romanadaption sehr spannend, weil bei diesem Versinken im Sumpf unklar ist, wie tief das alles noch gehen wird. Und natürlich ist das für die schauspielerischen Leistungen sehenswert. So darf Dame Judi Dench eine weniger damenhafte Seite von sich zeigen, als biestige Intrigantin lässt sie es einem eiskalt den Rücken hinunterlaufen. Der Rest des Ensembles überzeugt ebenfalls, auch wenn die anderen Figuren weniger spannend sind und man beispielsweise bei Sheba nie ganz vermittelt bekommt, was genau sie in dieser Affäre gefunden hat.
OT: „Notes on a Scandal“
Land: UK
Jahr: 2006
Regie: Richard Eyre
Drehbuch: Patrick Marber
Vorlage: Zoë Heller
Musik: Philip Glass
Kamera: Chris Menges
Besetzung: Judi Dench, Cate Blanchett, Bill Nighy, Andrew Simpson, Alice Bird, Philip Davis, Tameka Empson
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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Academy Awards | 2007 | Beste Hauptdarstellerin | Judi Dench | nominiert |
Beste Nebendarstellerin | Cate Blanchett | nominiert | ||
Bestes adaptiertes Drehbuch | Patrick Marber | nominiert | ||
Beste Musik | Philip Glass | nominiert | ||
BAFTA | 2007 | Bester Film | nominiert | |
Beste Hauptdarstellerin | Judi Dench | nominiert | ||
Bestes adaptiertes Drehbuch | Patrick Marber | nominiert | ||
Golden Globes | 2007 | Beste Hauptdarstellerin | Judi Dench | nominiert |
Beste Nebendarstellerin | Cate Blanchett | nominiert | ||
Bestes Drehbuch | Patrick Marber | nominiert |
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