Anna (Belén Cuesta) ist schwanger und da es nicht mehr lange dauert, bis das Kind zur Welt kommt, will sie noch einmal Urlaub machen, gemeinsam mit ihrem Mann Marc (Jorge Suquet). Dazu hat sie sich auf einer Seite angemeldet, in der sie ihre Wohnung für ein paar Tage mit einem anderen Paar tauschen kann. Marc ist zunächst gar nicht so begeistert von der Idee, denn auf seiner Arbeit gibt es viel zu tun. Als er dann aber das Haus des deutschen Ehepaares Hans (Rainer Reiners) und Olga (Hildegard Schroedter) auf den Bildern online sieht, überlegt er es sich noch einmal. Ein bisschen seltsam sind die beiden Deutschen schon, meint Anna, als sie sie zum ersten Mal live erlebt, doch ihr Haus mitten im Schwarzwald ist dafür ein wahrer Traum. Die Aussicht auf den See, das großzügige Bad und die Smart-Technologie, die es ermöglicht mit nur wenigen Knopfdrücke oder Befehlen alles im Haus zu steuern, begeistert beide. Dann jedoch kommt es nach ein paar Tagen zu einem schweren Unfall als Marc den Sportwagen der eigentlichen Hausbesitzer auf eine Spitztour mitnimmt.
Nach dem Unfall, von dem Marc lediglich ein paar Schrammen davonträgt, erkennt Anna ihren Mann nicht mehr wieder. Zunächst freut sie sich, dass er wesentlich liebevoller und aufmerksamer ist als zuvor, doch mehr und mehr merkt sie, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Auch die Nachrichten von ihrem Nachbar in Spanien findet sie komisch, denn das deutsche Ehepaar scheint ein paar seltsame Angewohnheiten zu haben. Je länger der Aufenthalt in dem Haus dauert, desto mehr merkt Anna, dass etwas Unheimliches vor sich geht und sie am besten so schnell es geht, fliehen sollte.
Weder Tod noch Angst
In ihrer Heimat Spanien ist Mar Targarona in erster Linie als Produzentin bekannt und nicht zuletzt im Horrorgenre durch ihre Mitwirkung an Projekten wie The Body – Die Leiche, Das Waisenhaus oder Julia’s Eyes einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Als Regisseurin interessiert sie sich ebenso für abgründige Themen wie ihre Arbeiten Zwei und Francisco Boix: Der Fotograf von Mauthausen (beide auf Netflix zu finden) belegen. Ihre neue Regiearbeit ist der Horrorthriller Der Fluch des Kuckucks, in dem es um das Vertrauen geht, das man Fremden entgegenbringt und wie sich diese, ähnlich einem Kuckuck, allmählich einnisten, nachdem sie alles zerstört haben zuvor. Es ist ein Film mit großen Ambitionen, der nicht nur von Werken wie Rosemaries Baby und Psycho inspiriert ist, sondern diese direkt zitiert.
Vielleicht sollte es daher nicht wundern, wenn der Film mit einem H. P. Lovecraft-Zitat eingeleitet wird, das den thematischen Schwerpunkt der Geschichte deutlich macht. In der Tat können Tod oder Angst noch lange nicht so stark sein wie der Verlust der eigenen Identität, wie es den Figuren in Der Fluch des Kuckucks widerfährt. Andererseits scheinen sie mehr als bereit zu sein, einen Teil dieser zumindest temporär aufzugeben, als sie sich blind und ohne groß darüber nachzudenken auf den Tausch einlassen, der ihnen einen Urlaub genehmigen wird, der sich als wahrer Albtraum entpuppen wird. Während sich ein Fremder das Leben zu eigen machen kann, was eigentlich einem selbst gehörte, stellt dies in der Tat die Frage nach der Identität, die nun gar nicht mehr so sicher erscheint und das letzte darstellt, was man noch hat. Marc wie auch Anna geben sich etwas sehr naiv einem Haus hin, das ihnen dank Smart-Technologie alles Wünsche von den Lippen abliest und eigentlich ein Täuschungsmanöver ist. Mar Targaronas Inszenierung ist besonders bei der Darstellung von Räumen und Personen gelungen, sodass man sich fragt, warum es überhaupt nötig war, sich so sehr auf die bereits vorhandene narrative Vorlagen zu verlassen, die den Ausgang der Handlung bis zu einem gewissen Grade berechenbar machen.
Neue Chance und Wiedergeburten
Der Fluch des Kuckucks hat somit wenig Neues zu bieten und wandelt erzählerisch auf bereits ausgetretenen Pfaden. Die Tatsache, dass die Zuschauer dennoch dem Geschehen folgen und Anteil an dem Schicksal der Figuren nehmen, liegt in erster Linie an dem Ensemble, allen voran Belén Cuesta und Hildegard Schroedter. Spätestens im Finale wird mehr als deutlich, welchen Drahtseilakt die Schauspieler vollführen müssen, der auch albern hätte werden können, aber noch gut gelingt. Diese Dimension bei den Figuren ist sehr willkommen, denn gerade Anna und Marc sind in ihrer Naivität derart unglaubwürdig, dass man sich wundert, wie sie es überhaupt bis jetzt durch ihre Leben geschafft haben. Dazu gehören die zahlreichen „Red Flags“, die man als Zuschauer schon bei der ersten Begegnung der beiden mit dem deutschen Ehepaar wahrnimmt, die alles andere als harmlos und harmonisch sind. Man kann das Böse nicht immer erkennen, doch in Der Fluch des Kuckucks winkt es mit dem Zaunpfahl.
OT: „El Cuco“
Land: Spanien, Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Mar Targarona
Drehbuch: Roger Danès, Alfred Pérez Fargas
Musik: Diego Navarro
Kamera: Rafa Lluch
Besetzung: Belén Cuesta, Jorge Suquet, Hildegard Schroedter, Rainer Reiners, Chacha Huang
Amazon (DVD/Blu-ray „Der Fluch des Kuckucks“)
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