In der kleinen Gemeinde Clifton, Arizona gilt Scott (Giuliano Gemma) als Außenseiter. Als Sohn einer Prostituierten wird er fast täglich von den Bewohnern gedemütigt oder beleidigt und darf alle niederen Arbeiten, beispielsweise das Entleeren der Spucknäpfe im Saloon, übernehmen. Einzig der alte Murph (Walter Rilla) kümmert sich um den jungen Mann, der, seitdem er ihm das Schießen beibrachte, ein Faible für Revolverhelden wie Doc Holiday hat. Eines Tages kommt mit Frank Talby (Lee Van Cleef) ein echter Revolverheld in die Stadt, dem Scott auf Schritt und Tritt folgt. Als Talby nach einem kleinen Disput im Saloon jemanden erschießt, wächst Scotts Bewunderung für den Fremden nur noch mehr, da er sich nicht darum zu kümmern scheint, was man über ihn denkt. Nachdem er Clifton verlassen hat, folgt Scott ihm abermals und bietet seine Dienste an, wobei er im Gegenzug möchte, dass Talby ihn als seinen Schüler akzeptiert und ihm neben dem Zielen noch alles andere beibringt, was einen echten Revolverhelden ausmacht.
Mit der Zeit gewinnt Scott an Selbstvertrauen und erfährt von einer hohen Geldsumme, die Talby als Anteil für eine Überfall noch zusteht. Ausgerechnet drei der angesehensten Bürger der Gemeinde sollten das Geld haben, sodass Talby und Scott kurzerhand umkehren. Dort beginnt Frank seinen Plan, die Stadt und ihre Bürger unter seine Kontrolle zu bekommen, koste es, was es wolle. Schließlich muss Scott erkennen, was für eine Art Mensch sein Mentor wirklich ist und welche Rolle er bei dessen Plan spielt.
Die Korruption einer Stadt
Tonino Valerii begann seine Karriere beim Film unter anderem als Regieassistent Sergio Leones und begleitete die Dreharbeiten von Für eine Handvoll Dollar und Für ein Paar Dollar mehr. Es verwundert daher nicht, dass Valerii später ebenfalls vor allem Western drehte, unter anderem Mein Name ist Nobody mit Terence Hill. Sein Film Der Tod ritt dienstags, basierend auf dem gleichnamigen Roman Ron Barkers, ist ebenfalls eine Erwähnung wert, allein schon weil mit Giuliano Gemma und Lee Van Cleef zwei Urgesteine des Italowesterns gemeinsam vor der Kamera zu sehen sind. Ästhetisch und erzählerisch merkt man die Nähe zu Leone, denn die kleine Gemeinde Clifton sowie die Figuren sind das Abbild einer grausamen, korrupten Welt. Zugleich ist der Film eine Abrechnung mit der Figur des Revolverhelden, dessen Image in der Geschichte Stück für Stück demontiert wird.
Im Grunde ist der deutsche Titel von Valeriis Film irreführend, denn der Originaltitel I giorni dell’ira („Tag der Wut“) fasst treffender zusammen, was diesen Western ausmacht. Bevor mit Talby die zweite Hauptfigur des Filmes die Bühne betritt, lässt sich Valerii Zeit, die Hierarchien in der kleinen Gemeinde zu zeigen. Dass man sich rühmt, schon lange keine Schießereien gehabt zu haben und sogar der Sheriff keine Notwendigkeit sieht, seinen Dienstrevolver mit sich zu führen, scheint zunächst positiv, jedoch wird klar, dass dieser Frieden einen Preis hat, wenn die Mächtigen der Stadt, ein Bankier, ein Richter und der Inhaber des Saloons, mit eiserner Faust regieren und niemanden dulden, der ihnen nicht passt oder nicht ins konformistische Bild Cliftons hineinpasst.
Der Held ist so einer, der nicht hineinpasst – wegen seiner Herkunft sowie seiner Passion für Waffen und den Mythos des Revolverhelden –, weshalb er jeden Tag Beleidigungen hinnehmen muss und noch nicht einmal im Saloon etwas trinken darf. Wie korrupt dieser Ort wirklich ist, wird durch das Eintreffen Talbys noch einmal deutlich, kennt er sich doch aus mit den Mechanismen des Systems und wie man es hintergehen kann. Lee Van Cleef spielt, wie in seinen Kollaborationen mit Sergio Leone, nicht nur einen furchteinflößenden Revolverhelden, sondern einen abgebrühten Opportunisten, der das System unterwandert, dessen Fehler aufzeigt und daher zum ultimativen Zerrbild des Kapitalisten wird.
Mentor und Teufel
Interessant und sehenswert ist Der Tod ritt dienstags zudem wegen des Zusammenspiels der beiden Hauptdarsteller. Gemma spielt den naiven Jüngling, der wie bezaubert ist von den Mythen der Revolverhelden – eine Gefahr, die sein Ziehvater Murph bereits erahnt, aber nicht im Zaun halten kann. Van Cleef als Talby ist mehr als nur ein Gegenbild Murphs, denn er wirkt wie eine mephisto-artige Gestalt, die als Mentor an all jene Emotionen anknüpft, die Scott schon seit vielen Jahren umtreiben, allen voran seine Wut auf die Bürger der Stadt und den damit verbundenen Wunsch nach Rache. Während Van Cleef mit einer gewissen Routine den Bösewicht mimt, ist die Veränderung des unschuldigen Scott hin zu einem gefürchteten, hinterhältigen Revolverhelden gut gespielt. Einzig und allein die seltsamen Sprünge, welche die Handlung besonders im letzten Drittel des Filmes, vollführt, sind etwas holprig und wirken so, als wollte man das Ende forcieren.
OT: „I giorni dell’ira“
Land: Italien, Deutschland
Jahr: 1967
Regie: Tonino Valerii
Drehbuch: Ernesto Gastaldi, Renzo Genta, Tonino Valerii
Vorlage: Ron Barker
Musik: Riz Ortolani
Kamera: Enzo Serafin
Besetzung: Guiliano Gemma, Lee Van Cleef, Walter Rilla, Christa Linder, Ennio Balbo, Lukas Ammann, Andrea Bosic
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