Ed Crane (Billy Bob Thornton) führt Ende der 1940er ein unspektakuläres Leben in einer nordkalifornischen Kleinstadt, wo er mit seiner Frau Doris (Frances McDormand) lebt. Sein Geld verdient er als Friseur in dem Salon seines Schwagers Frank Raffo (Michael Badalucco). Viel ist es nicht, aber es reicht. Das ändert sich, als eines Tages Creighton Tolliver (Jon Polito) in seinen Laden kommt und von einer Geschäftsidee erzählt. Mit chemischen Reinigungen ließe sich richtig viel verdienen, er bräuchte dafür allerdings 10.000 US-Dollar. Das ist eine Summe, von der Ed nur träumen kann. Aber er kennt jemanden, der das Geld auftreiben könnte: Big Dave (James Gandolfini), der Chef und Liebhaber von Doris. Also beschließt er, ihn zu erpressen, ohne zu ahnen, was er damit anrichten wird …
Hommage an vergangene Tage
In den 1990ern wurden die Brüder Joel und Ethan Coen zu Hollywood-Lieblingen. Fargo (1996), The Big Lebowski (1998) und O Brother, Where Art Thou? – Eine Mississippi-Odyssee (2000) waren, gemessen an den jeweiligen Budgets, beachtliche Erfolge an den Kinokassen, erhielten zudem sehr gute Kritiken. Beide Filme genießen heute Kultstatus. Gleiches wird man von ihrem Folgefilm The Man Who Wasn’t There, alternativ auch als Der unauffällige Mr. Crane bekannt, nicht behaupten. Grundsätzlich war zwar die Resonanz auch hier positiv. Die Einspielergebnisse waren aber eine herbe Enttäuschung. Am Ende lagen diese noch unter dem Budget und eben weit unter dem, was die anderen Werke eingebracht hatten. Heute ist der Film auch ein wenig in Vergessenheit geraten.
Zuweilen wird spekuliert, dass das geringe Interesse des Publikums mit den Schwarzweiß-Aufnahmen zusammenhängen könnte. Das mag sein, wäre aber sehr schade. Nicht nur, dass diese eigentlich eine der Stärken des Films sind, der Ausnahme-Kameramann Roger Deakins hat hier erstklassige Arbeit vorgelegt. Diese stilistische Entscheidung passt zudem gut zu einem Werk, das sich sehr explizit an lang zurückliegenden Epochen orientiert. So spielt Der unauffällige Mr. Crane nicht nur 1949, sondern ist auch eine Hommage an den Film Noir. Die Coen-Brüder habe eine ganze Reihe von Verweisen eingebaut. So viele, dass man hier manchmal den Eindruck hat, es mit einer Zitatesammlung zu tun zu haben, weniger mit einem für sich stehenden narrativen Werk. Manches passt, anderes eher weniger – siehe etwa das kuriose Ende.
Überzogen und zurückgenommen zugleich
Wobei Letzteres natürlich auch Ausdruck des Humors ist, den die beiden haben. Zwar wird The Man Who Wasn’t There gern als Krimidrama bezeichnet. Es gibt aber auch viel Komik drin, wie man sie von den Coens erwarten kann. Da sind überzeichnete Figuren dabei, nahe der Karikatur, die einen reizvollen Kontrast zu der ruhigen Erzählweise bilden. Der Protagonist, der von sich selbst sagt, kein Mann der großen Worte zu sein, führt uns auch mit Voiceovers durch den Film, tut dies ohne große Aufregung, geradezu teilnahmslos, so als wäre das alles gar nicht sein Leben. Später wird es eine Aufklärung geben, wie und warum er über all das nachdenkt. Auch dies ist Ausdruck eines Mannes, der wie der Titel vorgibt wenig wahrgenommen wird und sich danach sehnt, mal jemand zu sein. Wo im klassischen Film Noir abgehalfterte Polizisten oder Detektive im Mittelpunkt stehen, ist es hier ein Friseur ohne Perspektive.
Dieses Streben nach einem besseren Leben muss natürlich völlig daneben gehen, so wie es den beiden Brüdern gefällt. Das Publikum, das die Geschichte noch nicht kennt, ahnt dies, darf aber neugierig sein, auf welche Weise das alles eskaliert. Auch hierbei hält Der unauffällige Mr. Crane die Mischung aus Überzogenem und Zurückhaltendem, ist absurd und ruhig zugleich. Das ist schon sehenswert, selbst wenn der Film nicht die ganz große Spannung bereithält. Der Krimi ist ein Werk, das man eher bewundert für seine Kunstfertigkeit, als dass man dabei kontinuierlich viel Spaß hat. In der Hinsicht waren andere Filme der Coens dann doch effektiver.
OT: „The Man Who Wasn’t There“
Land: USA
Jahr: 2001
Regie: Joel Coen
Drehbuch: Joel Coen, Ethan Coen
Musik: Carter Burwell
Kamera: Roger Deakins
Besetzung: Billy Bob Thornton, Frances McDormand, Michael Badalucco, Richard Jenkins, Scarlett Johansson, Jon Polito, Tony Shalhoub, James Gandolfini
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 2002 | Beste Kamera | Roger Deakins | nominiert |
BAFTA | 2002 | Beste Kamera | Roger Deakins | Sieg |
Cannes | 2001 | Goldene Palme | nominiert | |
César | 2002 | Bester fremdsprachiger Film | nominiert | |
Golden Globes | 2002 | Bester Film (Drama) | nominiert | |
Bester Hauptdarsteller (Drama) | Billy Bob Thornton | nominiert | ||
Bestes Drehbuch | Joel Coen, Ethan Coen | nominiert |
Amazon (DVD „The Man Who Wasn’t There“)
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