Mehrere Jahre sind vergangen, seitdem ihre Mutter verschwunden ist. Doch noch immer sind die Geschwister Ben und Saoirse nicht über diesen Verlust hinweggekommen. Während Saoirse mit sechs Jahren noch immer kein Wort geredet hat, ist Ben wütend auf seine kleine Schwester, die er insgeheim für ihre Situation verantwortlich macht. Ihr Vater, der als Leuchtturmwärter arbeitet, versucht zwar irgendwie, seine Familie zusammenzuhalten, stößt dabei aber regelmäßig an seine Grenzen. Seine eigene Mutter will dem nicht länger tatenlos zusehen und drängt darauf, die Kinder zu sich zu nehmen und in der Stadt zu leben. Dort sollen sie endlich ein normales Leben führen können. Kaum in ihrer neuen Heimat angekommen, wollen die zwei jedoch wieder zurück und müssen dabei feststellen, dass die magische Welt, von denen ihnen ihre Mutter immer wieder erzählt hat, real ist …
Adaption des Animationshits
Animationsfans – und nicht nur die – bekommen bei Cartoon Saloon leuchtende Augen. Die ersten vier Langfilme des irischen Studios wurden jeweils für einen Oscar als bester Animationsfilm nominiert. Besonders ist bei diesen die Arbeit mit alten Mythologien. Aber auch die aufwendigen Bilder und ungewöhnlichen Designs tragen dazu bei, dass die Zeichentrickfilme hervorstechen und immer einen Blick wert sind. Insofern überrascht es nicht, dass die Filme inzwischen auch als Graphic Novels adaptiert wurden. Während Das Geheimnis von Kells schon vor vielen Jahren als solche umgesetzt wurde, musste man bei den anderen länger warten. Dafür sind aber die Comic-Adaptionen Die Melodie des Meeres und Wolfwalkers auch auf Deutsch erschienen.
Tomm Moore, der bei beiden Filmen Regie führte, übernahm die Adaption dabei nicht selbst, sondern ließ Sam Sattin den Vortritt. Dieser hielt sich bei der gedruckten Fassung aber eng an die Vorlage. So sind die Designs des Iren in Die Melodie des Meeres noch immer klar erkennbar. Realismus stand dabei weniger hoch im Kurs. Ob es nun die kugelrunden Köpfe der Kinder sind oder die blockigen Körper der Erwachsenen, vieles ist hier stilisiert. Die Orte haben immer etwas Unwirkliches an sich, selbst in den Phasen, wenn wir uns an regulären Schauplätzen aufhalten wie dem Leuchtturm oder der Stadt. Die ornamentalen Bilder, die Arbeit mit den Farben, man hat hier immer das Gefühl, Teil einer ganz eigenen Märchenwelt zu sein, deren Grenzen durchlässig sind.
Ambivalentes Verhältnis zwischen Mensch und Magie
Das geht Hand in Hand mit dem Inhalt. Wie bei den Filmen von Hayao Miyazaki ist das Fantastische immer in der Nähe, die Märchen und Legenden sind fester Bestandteil unserer Welt. Es geht nur darum, diese Elemente zu finden und zuzulassen. Zum Teil handelt Die Melodie des Meeres dabei von dem Gegensatz von dem menschlichen Alltag und der Magie, die im Meer, aber auch anderen Orten lebt. Während die Großmutter mit all dem nichts zu tun haben will und versucht, die Regeln der menschlichen Zivilisation aufzudrängen, steht der Vater zwischen den Welten. Er liebte seine Frau, die – vergleichbar zu Arielle, die Meerjungfrau – ein Geschöpf des Meeres ist, zu dem er selbst aber nie gehörte und gegen das er sich in seiner Trauer und den Sorgen um die Kinder wendet.
Während viele Geschichten um das Nebeneinander von Mensch und Natur eine ökologische Aussage verfolgen, ist Die Melodie des Meeres da zurückhaltend. Es fehlt auch ein klarer Antagonist, selbst wenn die Großmutter und eine Eulenhexe zunächst antagonistische Züge haben. Die Graphic Novel ist da wie das Vorbild etwas ambivalenter, selbst bei dem an und für sich versöhnlichen Ende gibt es keine klare Aussage. Dafür aber Tragik, wenn es um Themen wie Verlust und dem Umgang mit Trauer geht. Zu diskutieren gibt es hier also schon einiges, selbst wenn die Handlung für sich genommen ziemlich simpel ist. Vor allem aber gibt es viel zum Staunen, wenn das Publikum auf eine ganz eigene Reise mitgenommen wird, die bekannt und sonderbar in einem ist.
OT: „Song of the Sea“
Land: USA
Jahr: 2023
Text: Tomm Moore
Zeichnungen: Tomm Moore
Vorlage: Tomm Moore
Adaption: Sam Sattin
Amazon (Comic „Die Melodie des Meeres“)
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