Als Final Fantasy 1987 auf den Markt kam, waren die Verkaufszahlen ganz ordentlich. In Japan ging es rund 600.000 Mal über die Ladentheke, in den USA waren es sogar 700.000. Nur in Europa schaute man in die Röhre, da musste man bis zum siebten Teil warten, bis die Reihe sich auch hierzulande bemerkbar machte. Beim ein Jahr später veröffentlichten Nachfolger Final Fantasy II durften sich europäische Spieler und Spielerinnen insofern trösten, dass sie dieses Mal nicht allein ignoriert wurden. Denn auch in den USA blieb eine Veröffentlichung aus, da die Lokalisierung zu lange dauerte und bereits das Super NES anstand, der Konsolennachfolger. Aus dem Grund wurde das einige Jahre später erschienene Final Fantasy IV ursprünglich als zweiter Teil verkauft, um Verwirrung zu vermeiden. Damals gab es schließlich kein Internet, die Kundschaft erfuhr schlicht nichts von der Existenz der anderen Teile.
Experimente mit den Erfahrungen
Dabei hatte man sich bei dem Nachfolger richtig viel Mühe gegeben. Anders als beim direkten Konkurrenten Dragon Quest, wo Änderungen nur sporadisch stattfinden, zeigte Hironobu Sakaguchi damals bereits eine Lust am Experimentieren, die sich die Reihe später bewahrte. Da wurden ständig neue Spielsysteme eingeführt. Bei Final Fantasy II liegt die Besonderheit bei der Gestaltung der Figuren. Beim Vorgänger gehörten diese traditionellen Klassen an wie Weißmagier oder Dieb. Beim zweiten Teil wurde auf Klassen verzichtet, womit auch alle Restriktionen aufgehoben wurden: Jeder Charakter kann jede Ausrüstung anlegen und jeden Zauberspruch lernen. Das klingt dann ein bisschen beliebig, zumal die Figuren über wenig Persönlichkeit verfügen. Und doch gibt es Möglichkeiten, das Quartett ganz individuell zu gestalten.
So wird beispielsweise durch die kontinuierliche Nutzung einer Waffenart der Umgang mit dieser besser. Wer also beispielsweise eine Figur mit einem Schwert ausstattet und das Spiel über weiterhin auf Schwerter setzt, wird mit dieser mehr Schaden anrichten als mit einer, die zum ersten Mal ein Schwert in den Händen hält. Umgekehrt werden Figuren, die viel zaubern, mit der Zeit besser darin und steigern ihre entsprechenden Werte. Damit einher geht eine andere Besonderheit von Final Fantasy II: Es gibt weder Erfahrungspunkte noch Level. Zumindest nicht direkt. Beim Sieg über die zahlreichen Monster werden schon Erfahrungen gesammelt. Die werden aber direkt auf Werte wie Stärke oder Ausweichen aufgeschlagen, je nach Verlauf des Kampfes. Das bedeutet, dass man sehr viel tun muss, um einzelne Werte zu steigern. Kurios und geradezu legendär: Es ist von Vorteil, viel Schaden zu nehmen, weil auf diese Weise mehr Lebenspunkte winken.
Monster auf Schritt und Tritt
Bei den Kämpfen selbst gibt es hingegen keine Innovationen. Noch immer laufen diese rundenbasiert ab, man sagt also vorher, wie sich die einzelnen Figuren verhalten. Das wird dann auch stur durchgezogen, selbst wenn es mal keinen Sinn ergibt. Und auch bei den Zufallsbegegnungen hat sich nichts getan. Noch immer wird man alle paar Meter von Monstern angegriffen. Das macht Final Fantasy II manchmal etwas nervig, wenn man einfach nur vorankommen möchte. Hinzu kommen ein paar andere Kritikpunkte. Dazu zählen neben einem nicht immer ausbalancierten Schwierigkeitsgrad, dass man im Laufe des Spiels Massen an Geld sammelt, aber kaum Möglichkeiten hat, dieses sinnvoll auszugeben. Die Ausrüstungen, die man kaufen kann, sind meist schlechter als die, die man in den Dungeons findet. Theoretisch kann man sich Massen an Zaubersprüchen leisten. Die meisten braucht es aber nicht, zumal man nur wenige davon gleichzeitig beherrschen kann.
Dafür hat das Spiel inhaltlich im Vergleich zum Vorgänger zugelegt. Zwar ist die Figurenzeichnung noch immer wenig interessant, da waren die späteren Teile massive Verbesserungen. Immerhin gibt es aber überhaupt so etwas wie eine Figurenzeichnung. Durch die regelmäßigen Wechsel des vierten Charakters – die Geschichte gibt dabei vor, wen man neben den drei Hauptfiguren dabei hat – kommt etwas mehr Abwechslung hinein. Und auch die Geschichte selbst hat zugelegt. Sicher, der Kampf gegen einen bösen Imperator ist alles andere als originell. Im Vergleich zum Vorgänger stellt das aber einen Fortschritt dar. Übrigens führte Final Fantasy II auch zwei Figuren ein, die der Reihe später erhalten blieben: Sowohl Luftschiff-Konstrukteur Cid wie auch der gelbe Laufvogel Chocobo, die beispielsweise in Chocobo’s Mystery Dungeon EVERY BUDDY! die Hauptrolle spielten, traten hier das erste Mal auf.
OT: „Final Fantasy II“
Land: Japan
Jahr: 1988
Director: Hironobu Sakaguchi
Producer: Masafumi Miyamoto
Designer: Hiromichi Tanaka, Akitoshi Kawazu, Koichi Ishii
Artist: Yoshitaka Amano
Musik: Nobuo Uematsu
Publisher: Square
Entwickler: Square
Plattformen: Browser, Game Boy Advance, Mobile, NES, Nintendo 3DS, Nintendo Switch, PC, PlayStation, PlayStation 4, PlayStation Portable, WonderSwan
Wer mehr erfahren möchte, in unserem Special zu 30 Jahren Final Fantasy werfen wir einen Blick auf die Spiele und die Adaptionen. Dazu gibt es all unsere Kritiken zum Franchise versammelt an einem Ort.
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