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Laura

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„Laura“ // Deutschland-Start: 9. Mai 1947 (Kino) // 1. Februar 2010 (DVD)

Inhalt / Kritik Rouven Linnarz

Nach dem Mord an Laura Hunt (Gene Tierney), einer in New York bekannten Geschäftsfrau, wird Detective Mark McPherson (Dana Andrews) mit der Aufklärung des Falles beauftragt. Obwohl er eine rasche Ermittlung versprochen hat, gestaltet sich seine Arbeit schwierig, da alle potenzielle Mörder ein Alibi zu haben scheinen und ihre enge Beziehung zu Laura beteuern. Da wäre zunächst Waldo Lydecker (Clifton Webb), Autor einer einflussreichen Zeitungskolumne, dessen Einfluss in den hohen Kreisen der Stadt geschätzt und gefürchtet ist. Gegenüber McPherson gibt er an, dass er der Förderer Lauras war und maßgeblich an ihrem geschäftlichen wie auch sozialen Aufstieg beteiligt war. Seine Beziehung zu Laura sei mit der Zeit zu einem wichtigen Teil seines Lebens geworden, weshalb es ihm nicht passte, als sie begann, mit Shelby Carpenter (Vincent Price) aufzugehen. Als Untergebener Lauras hatte er mehrfach versucht, ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, was ihm schließlich gelang, bis sich Laura schließlich in ihn verliebte. Da Carpenter Laura nach Ansicht Lydeckers ausgenutzt hat, ist er der Hauptverdächtige.

Natürlich hat auch Carpenter ein Alibi und sucht die Schuld bei jemand anderem. Je mehr McPherson von Laura jedoch erfährt, desto mehr wird der Fall zu einer gefährlichen Obsession für den Polizeibeamten, der nicht mehr klar denken kann. Als er sich über viele Stunden im Apartment Lauras einschließt, um ihr näher zu sein, kommt es zu einer Wendung im Fall, die nicht nur McPherson nicht vorhersehen konnte, sondern das Geschehen in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt.

Männerwelten

Die Figur Laura Hunt erblickte das Licht der Welt in einer Geschichte der Autorin Vera Caspary. In den 1920er und 1930er Jahren musste sie sich und ihre verwitwete Mutter mit einer ganzen Reihe von Jobs über Wasser halten und verkaufte daher viele ihrer Geschichten und Romane an Zeitschriften, Magazine und letztlich auch an Hollywood. Die Versuche, in einer von Männern dominierten Geschäftswelt zurechtzukommen, waren einer der Anlässe für Ring Twice for Laura, eine zweiteilige Kurzgeschichte, welche die Grundlage für das Skript zu Otto Premingers Film Laura legte. Der Film, der als ein Klassiker des Film Noir gilt, ist eine abgründige Geschichte über Obsession und Manipulation, bei der es vor allem um Männer geht, die durch ihre Reputation, ihren Charme und ihr Geld darauf aus sind, andere für ihre Zwecke zu manipulieren oder sie zu formen.

Über dem Kamin in Lauras Apartment thront ein großes Gemälde, was sie zeigt und scheinbar sogar beleuchtet ist, um zweifelsfrei deutlich zu machen, was der Fokus des Raumes ist. Immer wieder fällt nicht nur der Blick des Zuschauers und damit der Kamera auf das Bild, auch die männlichen Charaktere blicken zu Laura auf und scheinen ihr nach wie vor verfallen zu sein. Der Film Noir als Genre lotet die Abgründe der Menschen aus, die moralischen wie auch die emotionalen, doch ebenso sind es Einblicke in die Gesellschaft, die wir als Zuschauer geliefert bekommen. In Laura erhalten wir aber zudem einen Blick in uns selbst, da wir – wie auch die Figuren im Film – ein Bild einer Person machen, bevor wir diese überhaupt kennenlernen. Laura ist eine Figur, die in den Geschichten der Männer erst zum Leben erweckt wird, die sie dadurch zu einer Art Mythos machen, ohne aber dem Menschen an sich nahe zu kommen. Fast schon ironisch scheint es daher, dass wir sehr viel über Laura hören, von Waldo und von Shelby, aber eigentlich über die Person an sich wenig erfahren. Über die Oberflächlichkeit dieser Figuren hören wir umso mehr, wenn sie sich mehr für ihre Version dieser Frau interessieren und weniger für den Menschen, der sie wirklich ist.

Narrative einer Frau

Laura wirkt, vor allem in der ersten Hälfte, wie eine Film Noir-Version von Orson WellesCitizen Kane. Wir erfahren etwas über die verschiedenen Versionen oder Narrative zu einem Menschen, aber letztlich sehen wir wenig über die Person an sich. Die von Gene Tierney gespielte Titelfigur scheint dies gewöhnt zu sein oder ergibt sich dem, ermöglicht es ihr doch den gesellschaftlichen Aufstieg und eine Art von Unabhängigkeit, die ihr keiner mehr nehmen kann. In dem Moment, in dem klar ist, dass sie diesen Status erreicht hat, schnappt jedoch die Falle zu und gekränkte Eitelkeit wird vielleicht zu einer Gewalttat. Vincent Price und vor allem Clifton Webb spielen Figuren, die dem Mythos Laura erlegen sind und nicht so recht etwas anzufangen wissen mit der wahren Person. Dana Andrews als Ermittler steht zwischen den beiden Extremen, den Fakten und den Narrativen und damit einem Netz, in dem er sich zu verlieren droht.

Kritik Stephan Eicke

Otto Premingers legendärer Film Laura besitzt viele Elemente, die dieses Werk zum unvergänglichen Klassiker der Filmgeschichte gemacht haben. Zunächst die unvergleichlich originelle, komplexe und morbide Handlung von der vermeintlichen Ermordung Lauras (Gene Tierney), die Polizist McPherson (Dana Andrews) aufzuklären versucht und damit all die verschrobenen, eigenartigen und skurrilen Charaktere kennen lernt, mit denen Laura sich umgeben hat. Angefangen beim arroganten, zynischen Kritiker Waldo Lydecker (Clifton Webb) bis hin zu Lauras bankrottem Verlobten (Vincent Price), der von Lauras Tante begehrt wird.

Während McPherson immer mehr von diesem Strudel der Ereignisse und der Atmosphäre gefangen genommen wird, entwickelt er eine Obsession zu der toten Laura, nur um feststellen zu müssen, dass Laura eines Abends lebendig vor ihm steht. McPherson hat es nun mit einer lebenden Leiche zu tun, in die er sich unsterblich verliebt hat und mit einem Mob von Bekannten Lauras, die nicht von ihr lassen können. Die Frage, die nun gestellt werden muss ist, wer die Tote in Lauras Wohnung nun letztlich war, warum sie tot ist und vor allem: wer ihr Mörder war.

Abgesehen von der Handlung ist die Erzählweise des Films bemerkenswert, denn der Zuschauer sieht sich von Anfang an hineinkatapultiert in die Ermittlungen McPhersons zum Tod Lauras. Man erfährt erst langsam, nach und nach, wer Laura war, wie und wann sie umgebracht wurde und wer zu den Verdächtigen gehört. Man wird mit Hilfe von Rückblenden in der ersten Hälfte des Films mit der faszinierenden Person Lauras bekannt gemacht, man verfolgt Lauras Werdegang und wird davon unterrichtet, wie sie all die Charaktere kennen lernte, die in diesem Film eine so wichtige Rolle spielen. Ein weiteres Faktum, was dieses Werk auszeichnet, ist nicht nur, dass es ein außergewöhnlich düsterer Film-Noir ist über die Besessenheit eines Polizisten zu einer Todgeglaubten (wie etwa auch bei Hitchcocks Vertigo), sondern dass dieser Film nach der Hälfte seiner Laufzeit auseinander bricht wie ein Kartenhaus und sich all die vielseitigen Facetten dieses Falles oder auch dieses Filmes vor den Augen der Zuschauer entfalten.

Der Film-Noir wandelt sich zu einer unheimlichen Liebesgeschichte, über Besitzansprüche zu einer Person. Es wandelt sich zu einem Drama der Person Lauras, die sich von drei Männern gleichzeitig begehrt sieht, was sie oberflächlich nicht zu beunruhigen scheint, doch die Tatsache, dass sie nicht weiß, wer der Mörder des Menschen ist, der in ihrer Wohnung erschossen wurde, verleiht dem Ganzen eine unglaubliche Spannung, die man Laura in jeder Sekunde vom Gesicht ablesen kann. Dieses attraktive Objekt der Begierde weiß nicht, wem es trauen kann – es gibt keine reinen Helden in diesem Film von Preminger; entweder sind die Personen aufgrund ihres Verhaltens unsympathisch oder abgestempelt wie etwa Waldo Lydecker oder aufgrund ihrer Undurchsichtigkeit, da man ihnen nie das abnimmt, was sie sagen, wie etwa bei Lauras Verlobtem Shelby.

Dies ist bei Weitem nicht alles, was den Film so vielseitig, interessant und faszinierend macht. Er sprüht vor bösem Witz, meist abgegeben durch zynische und sardonische Kommentare Waldo Lydeckers – etwas, das man bei einem derartigen Sujet nicht gewohnt ist und auch nicht erwartet, was aus dem Film Premingers aber eine unglaublich farbige Mischung aus Thriller mit komödiantischen Elementen, Charakterstudien und Liebesgeschichte macht mit einer unglaublichen Anzahl von erinnerungswürdigen Zitaten, deren Spitzfindigkeit in dieser Menge selten wieder erreicht wurde. Der Charakter des Kritikers Waldo Lydecker ist wohl eine der interessantesten Schöpfungen in der gesamten Filmgeschichte, dargestellt von einem brillant aufspielenden Clifton Webb. Lydecker ist nicht nur ein Mann voller Stil aus der Oberschicht, der in seiner römischen, marmornen Badewanne sitzt und nebenbei auf seiner Schreibmaschine Kolumnen verfasst, er ist unglaublich eitel und erniedrigt alle Personen, die seiner nicht würdig sind.

Seine Beziehung zu Laura ist – und das ist vielleicht im Film nicht sofort augenfällig – eine völlig andere als die zwischen den anderen Männern und Laura. Eine Homosexualität Lydeckers wird im Film mehrmals leicht angedeutet, eine geschnittene Szene zeigt Lydecker, wie er Laura bei der Wahl ihrer Kleider und ihrer Frisur berät, sie kochen zusammen, treffen sich abends in seiner Wohnung um zu essen oder zu philosophieren und Lydecker verleugnet seine Eifersucht nicht, wenn Laura sich etwa mit Shelby trifft. Der exzentrische Kritiker will seine Laura, seine Schöpfung, alleine für sich besitzen und aus dieser schwierigen Beziehung entfaltet sich eine hochinteressante Charakterstudie.

Für die Kameraführung wurde dieser Film-Noir mit dem Oscar ausgezeichnet und in der Tat war dieser Film bzgl. der Kameraeinstellungen seiner Zeit weit voraus. Preminger verwendet nicht nur zahlreiche Reißschwenks, die es 1944 kaum gegeben hatte, er ist zudem völlig objektiv und die Kamera verrät nie die Gefühle der einzelnen Personen, denn sie bleibt stets auf Distanz. Nie wird reißerisch auf das Gesicht einer Person geschwenkt, wenn der Gesprächspartner etwas gesagt hat, um herauszufinden, wie der Angesprochene sich fühlt. Die Kamera friert ein, bleibt bei der Gesamtaufnahme und der Zuschauer muss selber herausfinden, was im Inneren einer bestimmten Person in diesem Moment vorgeht. Der Film ist – 70 Jahre nach seiner Uraufführung – zeitlos geblieben.

Bis heute hat er nichts von seiner Aktualität eingebüßt und man könnte ihn nahezu 1:1 neu verfilmen und in der gleichen Weise ins Kino bringen, ohne große Aktualisierungen vornehmen zu müssen. Vielleicht hat es deshalb bislang noch kein Remake dieses Klassikers gegeben, denn all das, was Preminger in diesem Film verwendet oder angedeutet hat, war damals für die Filmgeschichte zukunftsweisend und leidet zu keiner Zeit unter den Problemen, mit denen andere Werke aus dem Golden Age Hollywoods zu kämpfen haben, wie etwa überbordendem Kitsch, altmodischer Ausdrucksweise oder Charaktere, die sich unzeitgemäß verhalten.

Laura ist spannend, stilsicher, humorvoll und erotisch und einflussreich. Ein faszinierendes Porträt verschiedener Charaktere mit zahlreichen großartigen Zitaten, hervorragenden schauspielerischen Leistungen, einer unglaublich einfallsreichen Handlung, vielen denkwürdigen Kameraeinstellungen und voller überraschender Wendungen.

Credits

OT: „Laura“
Land: USA
Jahr: 1944
Regie: Otto Preminger
Drehbuch: Jay Dratler, Samuel Hoffenstein, Elizabeth Reinhardt, Ring Lardner Jr.
Vorlage: Vera Caspary
Musik: David Raksin
Kamera: Joseph LaShelle
Besetzung: Gene Tierney, Dana Andrews, Clifton Webb, Vincent Price, Judieht Anderson, Dorothy Adams, James Flavin, Kathleen Howard

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 1945 Beste Regie Otto Preminger nominiert
Bester Nebendarsteller Clifton Webb nominiert
Bestes Drehbuch Jay Dratler, Samuel Hoffenstein, Elizabeth Reinhardt nominiert
Beste Kamera (schwarzweiß) Joseph LaShelle Sieg
Bestes Szenenbild (schwarzweiß) Lyle R. Wheeler, Leland Fuller, Thomas Little nominiert

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Laura
fazit
Otto Premingers „Laura“ ist ein großes Werk des Film Noir, dessen Themen, Bilder und Figuren auch viele Jahre nach Erscheinen des Filmes noch faszinieren. Vor allem ist das Werk nach wie vor noch aktuell in einer Welt, die eine Obsession mit Bildern und Narrativen hat, aber dabei den Blick für die eigentliche Person verliert.
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