Irland im 17. Jahrhundert: Auf Befehl des Lordprotektors Cromwell reist der Jäger Bill Goodfellowe mit seiner Tochter Robyn von England nach Irland, um die Menschen einer Stadt vor den Wölfen zu schützen, die im angrenzenden Wald leben. Nach und nach soll dieser abgeholzt werden, damit sich die Menschen ausbreiten können, was jedoch immer wieder zu gefährlichen Zwischenfällen führt. Robyn würde ihren Vater zu gern bei dieser Arbeit unterstützen, sie übt auch fleißig mit ihrer Armbrust. Doch für Mädchen geziemt sich das nicht, sie haben bei der Jagd nichts verloren. Das hält sie aber nicht davon ab, sich trotzdem immer wieder in den Wald zu schleichen und für den Tag zu trainieren, an dem sie selbst Jägerin sein wird. Dabei läuft sie dem rätselhaften Mädchen Mebh über den Weg, das in dem Wald zu leben scheint. Zumindest dachte sie, dass es sich bei ihr um ein Mädchen handelt. Stattdessen gehört sie zu den Wolfswandlern, die sich im Schlaf zu Wölfen verwandeln …
Der Animationsfilm im Comic-Format
Tomm Moore gehört sicherlich zu den besten Regisseuren von Animationsfilmen unserer Zeit. Zwar ist seine Filmografie eher überschaubar, gerade einmal drei Langfilme hat der Ire bislang gedreht. Dafür sind diese in mehrfacher Hinsicht fantastisch, kombinieren ungewöhnliche Bilder mit mythischen Geschichten. Dreimal erhielt er eine Oscar-Nominierung für den besten Animationsfilm. Das gilt auch für seinen bislang letzten Film Wolfwalkers, den er gemeinsam mit Ross Stewart inszeniert hat und der hierzulande exklusiv auf Apple TV+ veröffentlicht wurde. Dass es das Werk nicht in die Kinos geschafft hat, ist zwar angesichts der überwältigenden Bilder ein Verbrechen. Dafür ist es vor einiger Zeit als Graphic Novel erschienen und damit auch einem Publikum zugänglich, das nicht den Streamingdienst abonniert hat.
Umgesetzt wurde diese von Sam Sattin, der auch schon für die Comic-Adaption Die Melodie des Meeres zuständig war. Beide Bücher eint dann auch die Liebe zu den jeweiligen Originalen, die Filme wurden stimmig ins neue Medium übertragen. Klar, unterwegs bleibt notgedrungen immer etwas auf der Strecke. Bei einer Graphic Novel kann es zwangsläufig keine Animationen geben, auch die Musik, die zur Atmosphäre beigetragen hat, kann in gedruckter Form nicht bewahrt werden. Die Bilder sind dafür in Wolfwalkers ausgesprochen gut erhalten geblieben. Das gilt nicht nur für die markanten Designs, wenn es hier wie bei den früheren Werken von Moore sehr kantige Typen gibt. Auch die zuweilen ornamentartige Anmutung ist erhalten geblieben.
Für ein Miteinander von Mensch und Natur
Die Geschichte ist sowieso gleichgeblieben. Wie bei Die Melodie des Meeres geht es hier um das Miteinander von Mensch und Natur, die beide einen Platz verdient haben. Auch das Motiv eines Mädchens, das gleichzeitig Mensch und Fabelwesen ist, haben beide Filme gemeinsam. Bei Wolfwalkers ist der Ton dabei noch versöhnlicher. Wo die Wesen des Meeres und die an Land früher oder später getrennte Wege gehen müssen, ist beim Wald ein Zusammenleben möglich, wenn man es zulässt. Moore, der sich auch privat immer wieder für den Erhalt der Natur einsetzt und etwa für Greenpeace den Kurzfilm There’s a Monster In My Kitchen gedreht hat, ist das eine Herzensangelegenheit.
Klar ist die Enge von Menschen und Wölfen nicht realistisch. So weit soll das aber auch gar nicht gehen: Wolfwalkers ist in der Tradition klassischer Märchen geschrieben, verbindet das Fantastische mit realen Anliegen. Das ist mal witzig, mal düster – und durchgängig schön. Auch wenn sich die Graphic Novel tendenziell schon an ein jüngeres Publikum richtet, sind auch Erwachsene dazu eingeladen, diese wundersame Welt kennenzulernen. Vielleicht sogar gemeinsam mit den Kindern: Die Geschichte um einen Stadtmenschen und einen Wolfsmenschen, die Freundschaft schließen, ist auch wunderbar als gemeinsame Lektüre geeignet, wenn zusammen die Bilder bewundert werden und ein bisschen mitgefiebert werden darf.
OT: „Wolfwalkers“
Land: USA
Jahr: 2020
Text: Tomm Moore, Ross Stewart
Zeichnungen: Tomm Moore, Ross Stewart
Vorlage: Tomm Moore, Ross Stewart
Adaption: Sam Sattin
Amazon (Comic „Wolfwalkers: Die Graphic Novel“)
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