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Alles ist gutgegangen

„Alles ist gutgegangen“ // Deutschland-Start: 14. April 2022 (Kino) // 19. August 2022 (DVD)

Inhalt / Kritik

Auf einmal war alles anders. Als André (André Dussollier) im Krankenhaus zu sich kommt, versteht er die Welt nicht mehr, nach einem Schlaganfall kann er nur noch mit Mühe sprechen und ist zudem halbseitig gelähmt. Mit diesen Einschränkungen hat der 85-Jährige auch jede Lebensfreude verloren, er verabscheut seinen Zustand. Da sich dieser auch nur in Maßen noch ändern wird, bittet er seine Tochter Emmanuèle (Sophie Marceau), ihm bei seinem Selbstmord zu helfen. Zunächst will sie nichts davon wissen, hofft darauf, dass es sich ihr Vater noch einmal anders überlegen wird, wenn es ihm wieder etwas besser geht. Als er aber trotz allem darauf besteht, beschließt die Autorin, gemeinsam mit ihrer Schwester Pascale (Géraldine Pailhas) alles in die Wege zu leiten und ihm seinen letzten Wunsch zu erfüllen …

Über das Leben mit dem freiwilligen Tod

Kaum ein europäischer Regisseur zeigt bei seinen Filmen eine derartige Bandbreite wie François Ozon. Wenn ein neues Werk von dem Franzosen erscheint, weiß man im Vorfeld nie, was einen erwartet. Mal dreht er flirrende Coming-of-Age-Romanzen (Sommer 85, 2020), erzählt im (Meta-)Drama Peter von Kant (2022) von einem Filmemacher, der die Kontrolle verliert, zuletzt legte er mit Mein fabelhaftes Verbrechen (2023) eine kunterbunte Krimikomödie vor, die auch nicht mit Kritik an der Sensationsgier von Menschen sparte. Dazwischen arbeitete er an Alles ist gutgegangen (2021), einem Drama, das den Zuschauern und Zuschauerinnen einiges zumutet – und den eigenen Figuren natürlich auch.

Grundlage für den Film war dabei der gleichnamige Roman, in dem die Autorin Emmanuèle Bernheim ihre persönlichen Erfahrungen verarbeitete. Auch sie musste sich damit auseinandersetzen, dass ihr Vater nach einer schweren Erkrankung nicht mehr weiterleben wollte. Das Thema ist nicht leicht, für viele vielleicht sogar ein Tabu. Auch hierzulande tut man sich damit schwer, dass Menschen freiwillig ihr Leben vorzeitig beenden wollen. Da bleibt immer nur der Schritt ins Ausland, wo ein assistierter Selbstmord möglich ist. Und morgen Mittag bin ich tot und Hin und weg sind deutsche Filme, die ganz ähnliche Geschichten erzählen. Wobei dort natürlich noch die Tragik war, dass es um junge schwerkranke Menschen ging, während bei Alles ist gutgegangen ein 85-Jähriger den Wunsch zu sterben hat. Diskussionen darüber, dass einem noch so viele Jahre bleiben, sind da eher selten.

Nüchtern erzählt und diskussionswürdig

Allgemein wird in dem Film erstaunlich wenig diskutiert. Nach einer anfänglichen Empörung tritt bei den meisten recht schnell eine Akzeptanz ein, nur einige wenige verweigern sich den Plan komplett. Was ebenfalls fehlt, sind die großen emotionalen Momente, die man eventuell erwarten könnte. Zwischendurch darf schon mal geweint werden. Alles ist gutgegangen ist aber keines dieser Dramen, die das Publikum durch die Mangel nehmen wollen, die üblichen Manipulationen bleiben aus. Ähnlich zu seinem Missbrauchsdrama Gelobt sei Gott wählt Ozon einen nüchternen Ton, überlässt es dem Thema, für sich zu sprechen. Erst zum Ende hin weicht der Filmemacher, der auch das Drehbuch geschrieben hat, etwas von dieser Machart ab. Der Film wird dann fast schon zu einem Thriller, bei dem der Druck auf einmal richtig groß wird.

Es ist eine Passage, bei der man zudem beim Zuschauen gar nicht weiß, wie man reagieren soll. Denn auch das gehört hier dazu: Das Drama, welches 2021 bei den Filmfestspielen von Cannes Premiere feierte, gibt dem Publikum nicht vor, was es zu denken hat. Alles ist gutgegangen urteilt nicht. Der lebensmüde Protagonist ist zwar ziemlich anstrengend und auch reichlich selbstbezogen, wenn er sich kaum um die Gefühle anderer schert. Welche Zumutung es für seine Tochter bedeutet, ihm beim Selbstmord zu helfen. Das kostet ihn offensichtlich keinen Gedanken. Wie viel davon nun auf seine Situation zurückzuführen ist, wie viel auf seinen grundsätzlichen Charakter, das wird zwar nicht ganz klar. Aber das muss es auch nicht: Der Film schildert, was es heißt, in einer solchen Ausnahmesituation zu stecken, und regt damit zu Diskussionen an.

Credits

OT: „Tout s’est bien passé“
Land: Frankreich
Jahr: 2021
Regie: François Ozon
Drehbuch: François Ozon
Vorlage: Emmanuèle Bernheim
Kamera: Hichame Alaouie
Besetzung: Sophie Marceau, André Dussollier, Géraldine Pailhas, Éric Caravaca, Charlotte Rampling, Hanna Schygulla

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Cannes 2021 Goldene Palme nominiert
Prix Lumières 2022 Beste Hauptdarstellerin Sophie Marceau nominiert
Bester Hauptdarsteller André Dussollier nominiert

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Alles ist gutgegangen
fazit
Mit „Alles ist gutgegangen“ nimmt sich François Ozon erneut eines Tabuthemas an, wenn es um einen Mann geht, der von seiner Tochter fordert, ihm beim Selbstmord zu helfen. Das ist harter Stoff, auch wenn der Film selbst sehr zurückhaltend umgesetzt ist, statt großer Emotionen ist das erstaunlich nüchtern. Aber es zeigt auch so Wirkung und regt zu Diskussionen an.
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