1878 lebt der Stamm der Cheyenne in einem Reservat in Oklahoma, vielen Meile entfernt von ihrem ursprünglichen Stammesgebiet in Montana. Seitens der US-Regierung wurde ihnen versprochen, dass man sich um sie kümmere, sie mit den notwendigen Ressourcen und Medizin versorge. Captain Archer (Richard Widmark) ist einer der vielen Soldaten, die sich um die Beziehungen zu den Ureinwohnern bemühen, doch aufgrund der immer drastischer werdenden Versorgungslage wird das Verhältnis zum Häuptling sowie seinen Beratern Little Wolf (Ricardo Montalbán) und Dull Knife (Gilbert Roland) immer heikler. Als die ohnehin schon geringen Ressourcen eingestellt werden sollen und die Regierung keinerlei Möglichkeit zu einer Verhandlung einräumt, sehen die Cheyenne die Abmachung als verletzt an und beschließen, wieder zurück in ihr ursprüngliches Stammesgebiet zu ziehen. Archer wird damit betreut, sie aufzuhalten und in Schach zu halten, doch er kann nicht verhindern, dass die Cheyenne immer weiterziehen und sich gar mit Waffengewalt wehren, als man sie versucht anzugreifen.
Während Archer stets versucht, einen Dialog zu den Cheyenne aufzubauen, verschärft sich die Lage durch auf Sensation gemachte Berichte in den Medien über die angeblich mordenden Cheyenne. Das Innenministerium unter der Leitung von Minister Carl Schurz (Edward G. Robinson) muss dabei zusehen, wie die Angelegenheit an das Militär übergeben wird und somit eine kriegerische Lösung des Konflikts möglich ist. Derweil verschärft sich die Lage bei den Cheyenne, deren Führung uneins ist, ob man mit den Weißen den Konflikt suchen oder auf Dialog setzen soll.
Die Sicht der Ureinwohner
Kaum ein anderer Regisseur hat das Westerngenre so geprägt wie John Ford, der mit Der schwarze Falke oder Der Mann, der Liberty Valance erschoss wegweisende Klassiker des Genres schuf. Für den Western üblich ist die Perspektive eines Weißen, eines Cowboys oder eines Siedlers, doch schon lange hatte Ford die Idee gehabt, diese Perspektive zu verändern und über den Exodus der Cheyenne 1878 bis 1879 in ihr ursprüngliches Stammesgebiet zu erzählen. Cheyenne, wie der Film in Deutschland heißt, bezieht sich auf das historische Ereignis sowie das Sachbuch Cheyenne Atumn der Autorin Mari Susette Sandoz. Weil jedoch das Studio darauf bestand, den Fokus des Filmes nicht allein auf die Cheyenne zu legen, durchlief Fords Idee noch einige Veränderungen.
Man kann stellenweise erahnen, wie die eigentliche Idee des Regisseurs ausgesehen haben muss. Schon das von Richard Widmark eingesprochene Voice-Over zu Beginn, dass den historischen Kontext herstellt, lässt die Vermutung zu, dass Ford Cheyenne eher dokumentarischer angelegt hätte, was man auch an seiner Präferenz für Sandoz’ Buch sieht. Der fertige Film, der an den Kinokassen damals scheiterte, ist erzählerisch, vor allem in der zweiten Hälfte, sehr durchwachsen und interessiert sich für diverse Anekdoten, die an und für sich schon den Stoff für einen eigenen Western ausmachen. Die zentrale Handlung, die sich auf den Exodus der Cheyenne und die Konfrontation mit den Soldaten konzentriert, ist dabei recht konventionell geraten, nicht zuletzt wegen der arg berechenbaren Figurenzeichnung, den Dialogen und den Themen. Auf der anderen Seite ist die Sichtweise der Cheyenne auf die Ereignisse vergleichsweise gering oder gar simplifiziert, was bedauerlich ist, bedenkt man, was erzählerisch und ästhetisch für ein Potenzial in deren Geschichte liegt, das nur hin und wieder anklingt.
Das Menschliche und das Politische
Der Aspekt, in dem Cheyenne glänzt, ist die Darstellung der politischen Ebene. Was in vielen Western verloren geht oder arg vereinfacht wird, kommt in vielen Teilen von Cheyenne in den Vordergrund. Zum einen wäre da das Ringen um die Zuständigkeit für die Cheyenne und das Politikum, welches sie darstellen, und zum anderen die Veränderung der öffentlichen Meinung. Richard Widmarks Figur wird instrumentalisiert als Erinnerung an die menschlichen Folgen politischer Entscheidungen und solch auf Profit ausgerichtete Berichterstattung, die ohne zu zögern lügt, wenn es ihrem Narrativ dient und sich verkauft. Auch der Lobbyismus in Washington wird an einer Stelle thematisiert, was abermals ein Indiz für den ehemals stark dokumentarischen Ansatz des Projekts ist. Darüber hinaus hat Cheyenne nämlich vor allem viel Konventionelles zu bieten, narrativ wie ästhetisch, was dem Ansatz, den Ford verfolgte, nicht gerecht wird.
OT: „Cheyenne Autumn“
Land: USA
Jahr: 1964
Regie: John Ford
Drehbuch: James R. Webb
Vorlage: Mari Susette Sandoz
Musik: Alex North
Kamera: William H. Clothier
Besetzung: Richard Widmark, Carroll Baker, Karl Malden, Ricardo Montalbán, Gilbert Roland, Sal Mindeo, Arthur Kennedy, James Stewart, John Carradine, Edward G Robinson
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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Academy Awards | 1965 | Beste Kamera (Farbe) | William H. Clothier | nominiert |
Golden Globes | 1965 | Bester Nebendarsteller | Gilbert Roland | nominiert |
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