Reporter John Jones (Joel McCrea) hatte eigentlich mit seiner Entlassung gerechnet, als sein Chefredakteur ihn eines Tages in sein Büro bestellt, doch stattdessen steht ihm nun eine Reise nach Europa bevor. Als neuer Auslandskorrespondent soll er im Namen des New York Morning Globe über den bevorstehenden Konflikt mit Deutschland berichten und den Krieg, den alle erwarten, aber zu dem sich alle Politiker und Diplomaten nicht äußern wollen. Wegen Jones’ Vergangenheit als Reporter für Kriminalfälle erhofft sich sein Vorgesetzter eine neue, frische Perspektive und letztlich die Neuigkeiten, auf welche die Leser schon seit Wochen warten. Unter dem Pseudonym Huntley Haverstock reist Jones nach London, wo er den Diplomaten Van Meer (Albert Bassermann) interviewen soll. Jedoch bleibt Jones, wie schon seine Vorgänger, erfolglos, denn abgesehen von ein paar banalen Beobachtungen, will ihm Van Meer nichts mitteilen. Auf einem Empfang lernt er dafür Carol Fisher (Laraine Day), Tochter von Stephen Fisher (Herbert Marshall), Vorsitzender einer pazifistischen Organisation, kennen.
In Amsterdam soll Jones noch einmal die Gelegenheit haben, Van Meer zu sprechen, doch bevor es dazu kommen kann, fällt der Diplomat einem Attentat zum Opfer. John nimmt die Verfolgung auf und kommt dabei einer Verschwörung auf die Spur, die nicht nur für den Mord an Van Meer verantwortlich ist, sondern den Verlauf der politischen Ereignisse beeinflussen will. Seine Vergangenheit als Kriminalreporter lässt ihn die richtigen Schlüsse ziehen, jedoch bringt sich Jones damit auch selbst ins Fadenkreuz der Attentäter.
Neue Fronten
Der Auslandskorrespondent, in Deutschland auch unter dem schlichten Titel Mord bekannt, ist die dritte Regiearbeit Alfred Hitchcocks in den Vereinigten Staaten nach The House Across the Bay und Rebecca. Der Film, basierend auf dem autobiografischen Roman Personal History des Journalisten und Autors Vincent Sheean, sollte zunächst ein Propagandafilm werden, doch davon wich das Projekt schnell ab und wurde zu einem Spionagethriller – einem Genre, was Hitchcock sicherlich mehr zusagte. Wie bei vielen Projekten des Briten handelt es sich auf der Seite um einen beachtlichen und spannenden Unterhaltungsfilm, doch andererseits um eine Geschichte über die Wahrheit in Zeiten eines sich anbahnenden Konflikts, wenn jede Partei die Deutungshoheit über die kommenden Jahre für sich beanspruchen will.
Dem Beginn des Filmes merkt man noch deutlich seine Ursprünge als Propagandafilm an. Die Kriegsberichterstatter und Auslandskorrespondenten werden dort als „die Augen und Ohren Amerikas“ beschrieben, die sich darum bemühten, der heimischen Leserschaft einen genauen Überblick über die Ereignisse zu liefern. Jedoch ist die Wahrheit zum einen ein Geschäft und zum anderen ein essentieller Bestandteil des Krieges, der nicht mehr nur eine Ahnung ist, sondern eine Sicherheit für die Figuren des Filmes, nur über den Zeitpunkt des Ausbruchs gibt es noch Spekulationen. Jones/Haverstock ist ein Soldat in diesem Konflikt, der dem „Tatort Europa“ eine Wahrheit oder vielmehr einen Artikel abtrotzen soll, welcher der Leserschaft endlich Gewissheit bringen kann. Die Welt der Spionage, in die der Held hineingezogen wird, ist eine Vorbereitung des Konflikts, in der Täuschung und die Verdrehung der Wahrheit an der Tagesordnung stehen. Die Szenen in der Mühle, als Jones/Haverstock einen ersten Vorgeschmack über das Ausmaß der Verschwörung bekommt, sind erzählerisch wie inszenatorisch so etwas wie eine Abbild der Verwirrungen und Verstrickungen, den der Held aufgenommen hat. Wie viele Helden in der Filmografie Hitchcocks ist auch Jones einer, der aus der Sicherheit seiner gewohnten Alltags herausgerissen wird und hinein geschleudert wird in eine komplexe, verräterische und verwirrende Welt, der man leicht zum Opfer fallen kann.
Hilflos in den Krieg
Als Propagandafilm mag Der Auslandskorrespondent nur bedingt gelungen sein, aber als Erzählung über die Tage vor dem Krieg liefert Hitchcock aber einen teils sehr bedrückenden Film ab. Interessant sind beispielsweise die Gespräche des Helden mit dem niederländischen Diplomaten Van Meer, der, wie es später im Film heißt, traurig, hilflos und etwas verwirrt wirkt, als würde er neben sich stehen. Im weiteren Verlauf erscheint das Gespräch natürlich in einem anderen Licht, doch mehr und mehr ergibt sich das Bild einer Gesellschaft, in der Diplomatie an ihre Grenzen gekommen ist. Die Pazifisten sind die wohlmeinenden Amateure, wie es der Held an einer Stelle etwas voreilig formuliert, die noch nicht begriffen haben, dass der Konflikt schon in seine nächste Stufe gegangen ist und die Spione bereits überall zu finden sind. Die Realität ist bei Hitchcock nur ein Schein, hinter dem sich etwas viel Dunkleres verbirgt, ebenso wie hinter den Figuren, von denen nicht alle die sind, die sie zu sein vorgeben.
Während das Thriller- und Spionageszenario gelungen ist, so kann man dies leider nur bedingt für die Liebesgeschichte sagen. Joel McCrea und Laraine Day geben sich zwar alle Mühe, jedoch ist die Romanze im Gegensatz zum Rest der Geschichte erschreckend unterkomplex und unglaubwürdig.
OT: „Foreign Correspondent“
Land: USA
Jahr: 1940
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: Charles Bennett, Joan Harrison
Vorlage: Vincent Sheean
Musik: Alfred Newman
Kamera: Rudolph Maté
Besetzung: Joel McCrea, Laraine Day, Herbet Marshall, George Sanders, Albert Bassermann, Robert Benchley
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 1941 | Bester Film | nominiert | |
Bester Nebendarsteller | Albert Bassermann | nominiert | ||
Bestes Original-Drehbuch | Charles Bennett, Joan Harrison | nominiert | ||
Beste Kamera (Schwarzweiß) | Rudolph Maté | nominiert | ||
Bestes Szenenbild (Schwarzweiß) | Alexander Golitzen | nominiert | ||
Beste Spezialeffekte | Paul Eagler, Thomas T. Moulton | nominiert |
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