Im nationalsozialistischen Regime hat General Harry Harras (Curd Jürgens) Karriere gemacht und bekleidet die Funktion des General-Luftzeugmeisters bei der Luftwaffe. Als Veteran des Ersten Weltkriegs, wie viele seiner Kollegen, kann er sich so Einiges herausnehmen, beispielsweise seinen recht derben Humor, seine mitunter ausschweifenden Feiern oder seine Kritik an Positionen der NSDAP, weshalb er und seine Mitstreitern von der SS belauscht werden. Schon seit einer Weile versucht SS-Gruppenführer Schmidt-Lausitz (Viktor des Kowa), ein Gespräch mit dem bekannten General zu führen und für einen Wechsel zur Schutzstaffel zu gewinnen. Harras lehnt vehement ab und meint, sein Einfluss stehe über dem eines Menschen wie Schmidt-Lausitz, vor dem ihn sein Freund und Kollege Karl Oderbruch (Karl John) schon mehrfach gewarnt hat. Unbekümmert über die Vorkommnisse beginnt Harras lieber eine Beziehung mit der jungen Schauspielerin Dorothea Geiss (Marianne Koch), genannt „Diddo“, die auf Besuch in Berlin ist. Die beiden versprechen sich nur wenige Stunden nach der Feier wiederzusehen.
Dazu kommt es aber nicht, denn Harras wird von der Gestapo verhaftet und für mehrere Tage in einer Gefängniszelle gehalten. Ohne eine Erklärung, warum dies geschehe, durchlebt er Stunden, in denen er um sein Leben fürchtet, bis eines Tages ausgerechnet Schmidt-Lausitz ihn befreit und sich im Namen seiner Kollegen für das Missverständnis entschuldigt. Harras ahnt natürlich, wem er die Haft zu verdanken hat, jedoch hat sich in seiner Abwesenheit sehr viel verändert, denn zum einen hat Deutschland den USA den Krieg erklärt und zum anderen steht seine Abteilung wegen des Verdachts auf Sabotage unter besonderer Beobachtung.
Nahe am Abgrund
Nachdem seine Regiearbeiten wie Große Freiheit Nr. 7 unter dem NS-Regime verboten worden waren, erlangte Helmut Käutner nach Ende des Zweiten Weltkriegs großen Ruhm mit Produktionen wie seiner Verfilmung von Carl Zuckmayers Der Hauptmann von Köpenick und Der Schinderhannes. In seinen Werken ging er kritisch mit der damals noch jungen Vergangenheit Deutschlands in Gericht und zeigte wiederholt den Kampf eines Menschen gegen ein diktatorisches Regime, das keinen Widerspruch duldet. Des Teufels General, ebenfalls beruhend auf einem Theaterstück Carl Zuckmayers, ist ein solches Drama und erzählt die Geschichte eines Menschen, der seine eigene Rolle im Wahnsinn des Krieges verstehen muss
Die Geschichte des Hans Harras basiert wiederum auf der Biografie Ernst Udets, der unter dem NS-Regime im Reichsluftfahrtministerium für die technische Ausrüstung der Luftwaffe verantwortlich war und dem die Verantwortung für die Ineffizienz der deutschen Luftrüstung zugeschrieben wurde. Sowohl Udet als auch die fiktive Figur des Harras haben gemein, dass man sie keinesfalls als Widerständler gegen das Regime betrachten sollte, denn beide haben unter einem Regime Karriere gemacht, das sich damit rühmte, solche Veteranen auf hohen Positionen zu haben, bis zu dem Zeitpunkt, als dies nicht mehr erwünscht war. Dieser Status erlaubt es dem von Curd Jürgens gespielten Harras, sich vieles zu erlauben, was andere Soldaten in Schwierigkeiten gebracht hätte, beispielsweise ein exzessiver Lebensstil und eine humoristisch-herablassende Haltung gegenüber Vorgesetzten, was ihn zum idealen Feindbild von Figuren wie Schmidt-Lausitz macht.
Der Status des Veteranen und Fliegerhelden hat zu einer fatalen Hybris geführt, einer Vermutung der eigenen Unantastbarkeit, was bereits in den ersten Minuten aufgehoben wird, wenn man sieht, wie das rauschende Fest von Agenten des SD abgehört wird. Als Zuschauer ist man in einem Zwiespalt, weil man mit der derb-sympathischen Art Harras’ sympathisiert, doch andererseits nicht ausblenden kann, dass er anscheinend verkennt, was um ihn herum geschieht. Harras ist ein charmanter Schlafwandler, der nicht merkt, wie nahe er am Abgrund steht.
Die eigene Rolle verstehen
Indem Käutner das Kammerspielartige der Vorlage übernimmt, gewinnen viele Szenen eine geradezu klaustrophobisch anmutende Spannung. Selbst die losgelöste Stimmung der Feier verblasst, wenn man schnell bemerkt, dass die Gespräche abgehört werden und jeder darauf bedacht zu sein scheint, eine Rolle zu spielen und sich nichts zuschulden kommen zu lassen. Curd Jürgens gibt eine der besten Darstellungen seiner Karriere als ein Charakter, der sich in einem Minenfeld bewegt, aber beschlossen hat, die Gefahr zu ignorieren. Er ist noch nicht zu dem Instrument einer psychopathischen Agenda geworden, wie viele andere, doch indem er seine eigene Rolle in dem System und wie es zu dem wurde, was es nun ist, ausgeblendet hat, sieht er natürlich nicht die eigene Verantwortung. Die Werte, die seine Generation noch hochhält, haben längst ausgedient, denn Kameradschaft, Loyalität und Verständnis haben keinen Raum mehr in der Welt eines Schmidt-Lausitz und der, die ihm nachfolgen. Der Pfad hin zu dieser Erkenntnis ist eindrucksvoll gespielt und folgt einer fesselnden Dramaturgie, die der fatalen Logik des Unvermeidlichen folgt.
OT: „Des Teufels General“
Land: Deutschland
Jahr: 1955
Regie: Helmut Käutner
Drehbuch: Helmut Käutner, George Hurdalek, Gyula Trebitsch
Vorlage: Carl Zuckmayer
Musik: Friedrich Schröder
Kamera: Albert Benitz
Besetzung: Curd Jürgens, Marianne Koch, Viktor des Kowa, Karl John, Eva-Ingeborg Scholz, Harry Meyen, Bum Krüger
https://www.youtube.com/watch?v=6DTIpECja_w
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