Desmodus der Vampir geht zur Schule

Als Vampir stehen Desmodus eigentlich alle Türen offen. Er genießt absolute Freiheit, darf machen, was immer er will. Und doch gibt es etwas im Leben des Jungen, das er vermisst: Er würde so gerne mal zur Schule gehen! Wirklich nachvollziehen können seine Eltern und die anderen Monster und Geister das nicht, wollen ihm aber auch nicht verbieten, diesem Traum nachzugehen. Ganz einfach ist das aber nicht. Schließlich können Vampire erst bei Anbruch der Nacht nach draußen, wenn die Schule bereits geschlossen ist. Davon lässt sich Desmodus aber nicht abhalten und geht trotzdem Nacht für Nacht zur Schule, wo er die Aufgaben eines Jungen namens Michael macht und dabei langsam mit ihm Freundschaft schließt …

Die Anfänge einer Comicreihe für Kinder

Mangelnde Produktivität kann man Joann Sfar nun wirklich nicht vorwerfen. Neben seinen gelegentlichen Ausflügen ins Filmgeschäft ist er natürlich vor allem durch seine zahlreichen Comics bekannt, rund zwei Dutzend verschiedene Reihen oder Einzeltitel sind es bislang. Großen Ruhm erhielt er beispielsweise durch seine gleichermaßen philosophische wie witzige Reihe Die Katze des Rabbiners, wo die Welt der Menschen durch die Augen einer Katze wahrgenommen wird. Nicht minder ungewöhnlich und empfehlenswert ist Klezmer über eine wild zusammengewürfelte jüdische Musikgruppe und deren Abenteuer. Dass der Franzose sich auch auf leichtere Kost für ein jüngeres Publikum versteht, das hat er in der Reihe Desmodus der Vampir bewiesen, die es zwischen 1999 und 2005 auf insgesamt sieben Bände brachte, von denen die ersten vier auf Deutsch erhältlich sind.

Manche werden den jungen Blutsauger vielleicht auch als animierte Figur gehen. So war er Held einer Zeichentrickserie, die vor Jahren sogar auf Deutsch erschienen ist. Jüngeren Datums ist der Kinofilm Das große Abenteuer des kleinen Vampir, der Ende 2021 bei uns lief. Dieser erzählt mehrere Geschichten, darunter auch die von Desmodus der Vampir geht zur Schule, dem ersten Band der Reihe. In diesem geht es, wie der Titel bereits verrät, um den Schulbesuch von Desmodus, weil der nicht länger zu Hause sein will. Das kann bei ihm niemand verstehen, ist auch eine nette Umkehrung der üblichen Geschichte, bei der die Eltern das Kind zum Schulbesuch nötigen müssen. Wobei dieser Widerspruch hier nicht mit einem Konflikt verbunden ist. Tatsächlich gibt es überhaupt keine Konflikte in dem Comic: Ob Mensch oder Monster, alle sind freundlich.

Amüsant und süß

Das heißt aber nicht, dass es keine Unterschiede gibt. Sfar wendet ein bisschen Culture-Clash-Humor an, wenn Michael die Welt der Monster kennenlernt. Desmodus der Vampir geht zur Schule spielt da ein wenig mit Klischees und Erwartungen. Das ist tatsächlich amüsant. Hinzu kommen die drolligen Designs, die ein wenig an The Nightmare Before Christmas erinnern. In der Villa, in der es sich die Fantasywesen gemütlich gemacht haben, laufen, kriechen und fliegen schon einige besondere Gestalten herum. Viel erfährt man über diese nicht. An einer Stelle verrät der Comic die Hintergrundgeschichten der Eltern der beiden Protagonisten, die jeweils sehr tragisch sind. Das war es aber auch schon, bei einer Länge von ungefähr 30 Seiten darf man nicht mehr erwarten.

Spaß macht das Mini-Abenteuer aber, ist dabei nicht nur unterhaltsam, sondern auch süß. Wie da zwei Jungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, Freundschaft schließen, geht zu Herzen, ohne es sich auf Kitsch gemütlich zu machen. Von daher ist es schade, dass Desmodus nie so wirklich bekannt geworden ist und der erste Band inzwischen auch nur noch antiquarisch erhältlich ist. Wer die Chance hat, findet mit Desmodus der Vampir geht zur Schule einen empfehlenswerten Comic für ein junges Publikum, bei dem aber auch Erwachsene etwas für sich entdecken können. Sfar zeigt damit seine Vielseitigkeit, wenn er von Genre zu Genre springt und dabei immer überzeugt.