Eigentlich war Franz Kafka (Sabin Tambrea) 1923 nur zu Besuch bei seiner Schwester Elli (Daniela Golpashin) und deren Familie, um sich an der Küste etwas zu entspannen. Doch seine Aufmerksamkeit gilt bald der deutlich jüngeren polnischen Erzieherin Dora Diamant (Henriette Confurius), die er zufällig während seines Aufenthalts kennengelernt hat, als diese mit einer Gruppe jüdischer Kinder am Strand unterwegs ist. Schnell fühlen sich die beiden zueinander hingezogen, verbringen viel Zeit miteinander. Doch es ist eine Liebesgeschichte mit begrenzter Haltbarkeit. Schließlich ist Kafka an Lungentuberkulose erkrankt. Als sie sich kennenlernen, geht es ihm zwar gerade besser. Aber er selbst weiß, dass dies nur vorübergehend ist und ihm nicht mehr viel Zeit bleiben wird …
Erinnerung an einen Ausnahme-Autor
Am 3. Juni 2024 werden es 100 Jahre sein, die Franz Kafka tot ist. Doch mit seinen Geschichten, ob nun kürzere wie Die Verwandlung oder das Romanfragment Das Schloss, ist er unsterblich geworden. Er wurde zum Namensgeber eines eigenen Adjektivs, mit „kafkaesk“ werden Situationen beschrieben, die absurd und unheimlich sind. Insofern verwundert es nicht, dass dieses Jahr gleich mehrere Produktionen herauskommen, die an den deutschsprachigen Schriftsteller erinnern. Zu diesen gehört etwa die Serie Kafka, die Ende März im Fernsehen laufen wird. Schon zwei Wochen vorher startet Die Herrlichkeit des Lebens im Kino und erzählt aus dem letzten Lebensjahr des Autors, der mit gerade einmal 40 Jahren nach mehreren schweren Krankheiten verstarb.
Dabei erzählt der Film nicht nur von einem Autor. Er hat auch selbst eine literarische Vorlage. Genauer handelt es sich hier um die Adaption des gleichnamigen Romans von Michael Kumpfmüller, der bereits 2011 veröffentlicht und in 24 andere Sprachen übersetzt wurde. Die Herrlichkeit des Lebens erzählt dabei gar nicht so wahnsinnig viel von dem künstlerischen Arbeiten seines Protagonisten. Dass er Autor ist, wird zwar gesagt, auch dass er an mehreren Titeln arbeitet. Zwischendurch wird er zudem um Rat gefragt, als es um die Beurteilung eines Textes geht. Wer sich jedoch Einblicke in künstlerische Schaffungsprozesse erhofft, geht leer aus. Hier gibt es keine bizarren Szenarien. Die einzige Geschichte, die Kafka erzählt, ist an die Kinder am Strand gerichtet. Es ist nicht einmal so, dass inszenatorisch etwas an die berühmten Werke erinnert, wenn wir uns am sonnendurchfluteten, idyllischen Strand bewegen.
Schöner und zurückhaltender Liebesfilm
Stattdessen stellt sich Die Herrlichkeit des Lebens als sehr menschlicher Film heraus um zwei Leute, die sich zufällig begegnen. Die Tragik dabei: Es ist von Anfang an klar, dass die Beziehung keine Zukunft haben wird, weil Kafka eher früher als später sterben wird. In Filmen findet man das oft. Eine Zeit lang war es geradezu Mode, die Geschichte schwerkranker Jugendlicher zu erzählen, die sich noch einmal verlieben. Wo die meisten dieser Titel aber richtig dick auftragen und auf maximale Emotionalisierung aus sind, da ist das deutsche Drama sehr zurückgenommen. Das Regieduo Georg Maas und Judith Kaufmann vertraut auf den Inhalt an sich, will das Publikum nicht darüber hinaus manipulieren. Zeitweise ist der Film auch eher philosophisch als emotional, wenn es um die Grundsatzfrage geht: Hat eine Beziehung einen Wert, die keine Zukunft hat?
Das heißt aber nicht, dass man nicht auch mitfühlen darf. Die Herrlichkeit des Lebens ist ein schöner Liebesfilm, getragen von starken Bildern, die ebenfalls auf die eigentlich als Kamerafrau bekannte Kaufmann zurückgehen. Und natürlich auf das Ensemble. Sabin Tambrea spielt einen Mann, der angesichts seines nahenden Todes noch einmal das Leben sucht und gegen die Bevormundung seiner Familie rebelliert, die in ihm nur den schwächlichen Kranken sehen. Das Ergebnis mag vielleicht nicht das glorifizierende Biopic sein, wie man sie bei historisch bedeutsamen Menschen gern dreht. Aber es ist das sehenswerte Porträt eines Mannes, der mehr ist, als es das ihm zugeschriebene Adjektiv glauben lässt.
OT: „Die Herrlichkeit des Lebens“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Georg Maas, Judith Kaufmann
Drehbuch: Georg Maas, Michael Gutmann
Vorlage: Michael Kumpfmüller
Musik: Paul Eisenach, Jonas Hofer
Kamera: Judith Kaufmann
Besetzung: Sabin Tambrea, Henriette Confurius, Manuel Rubey, Daniela Golpashin, Leo Altaras, Luise Aschenbrenner, Alma Hasun, Mia Klein Salazar
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