Ein Mann für gewisse Stunden American Gigolo TV Fernsehen ZDFneo Streamen online Mediathek Video on Demand DVD kaufen
© Paramount Pictures

Ein Mann für gewisse Stunden

Ein Mann für gewisse Stunden American Gigolo TV Fernsehen ZDFneo Streamen online Mediathek Video on Demand DVD kaufen
„Ein Mann für gewisse Stunden“ // Deutschland-Start: 15. Mai 1980 (Kino) // 12. Juni 2017 (DVD / Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Als Callboy für die reichen Damen der gehobenen Gesellschaft hat sich Julian Kaye (Richard Gere) einen Namen gemacht in Los Angeles und ist gefragt wie eh und je. Abwechselnd arbeitet er entweder für die Zuhälterin Anne (Nina van Pallandt) oder Leon (Bill Duke), der ihn bevorzugt auf Kunden ansetzt, die besonders ausgefallen sexuelle Vorlieben haben, was Julian eigentlich überhaupt nicht mag. Beschweren tut er sich dennoch nur selten, denn sein luxuriöses Apartment in der Stadt, seine edle Garderobe und sein schnelles Auto können ihn über so manche eher unschöne Episode hinwegtrösten. Auch als er bei einem Job von einem Kunden dazu angehalten wird, dessen Frau beim Sex zu schlagen, kann ihn die Bezahlung doch wieder beruhigen. Während seiner Suche nach Kundinnen in einem Nachtclub der Stadt trifft er auf Michelle (Lauren Hutton), die schnell Julians Masche durchschaut, aber dennoch nicht abgeneigt ist, eine Nacht mit ihm zu verbringen. Als Michelle ihn nach ein paar Tagen in seiner Wohnung aufsucht, verbringen die beiden nicht nur die Nacht miteinander, es wird beiden auch klar, dass sie mehr füreinander empfinden.

Dabei kommt es Julian gar nicht gut aus, dass Michelle ausgerechnet mit Senator Charles Stratton (Brian Davies), einem Karrieristen, verheiratet ist, der sich gerade mitten im Wahlkampf befindet. Jedoch wird es richtig brenzlig, als Julian vom Tod eben jener Frau hört, deren Gatte die besonders „ausgefallenen Wünsche“ hatte. Schnell wird Julian klar, dass er einer der Hauptverdächtigen für die Polizei ist, die nicht nur seinen Kundinnen unschöne Fragen stellt, sondern damit auch das Leben bedroht, das er sich über die Jahre aufgebaut hat.

Einsam unter vielen

1976 schrieb Drehbuchautor und Regisseur Paul Schrader insgesamt fünf Drehbücher, darunter Taxi Driver und Ein Mann für gewisse Stunden. Wie Schrader in zahlreichen Interviews über seine  Projekte erklärte, war dies eine sehr einsame Zeit für ihn, die mit der Trennung von seiner damaligen Frau einherging. Travis Bickle, der Anti-Held in Taxi Driver ist deswegen so etwas wie ein Wiedergänger Schrader, wie er behauptet, und verkörpert viele der Einstellungen, die er zu dieser Zeit hatte. Die Figur des Julian Kaye aus Ein Mann für gewisse Stunden entstammt ebenfalls dieser Zeit, ist ein Einzelgänger und hat viel von dem, was die Dekonstruktion seiner Person in der Geschichte einleitet, selbst in die Wege geleitet. Damit ist Ein Mann für gewisse Stunden auf der einen Seite ein stilsicher inszeniertes Thrillerdrama. Noch viel interessanter wird der Film aber, wenn man ihn als Studie von Isolation und Selbstzerstörung liest.

Ein bekanntes Zitat aus Taxi Driver lautet, dass Travis der einsamste Mann auf Erden sei. Seine Misanthropie treibt ihn in die selbstgewählte Isolation, die in mehreren Akten der Destruktivität mündet. Julian Kaye wirkt zunächst wie das komplette Gegenteil, doch das liegt vielleicht mehr am Handlungsort sowie an der Inszenierung Schraders, der Musik, dem Licht und den Bildern. Das New York in Taxi Driver ist eines, in dem die Menschen für sich selbst sind und die Isolation suchen, während man in dem Los Angeles in Ein Mann für gewisse Stunden scheinbar immer von Menschen umgeben ist. Jedoch ist die Geselligkeit und Fröhlichkeit eine Maske oder, wie in Julians Fall, ein kalkulierter Teil einer Dienstleistung, für die man bezahlt wird. Als er einer Kundin eine Flasche Champagner öffnen will, greift diese zum Portemonnaie, weil sie vermutet, dass Julian ungeduldig wird. Als später Michelle ein reales Gespräch mit ihm führen will, was nicht in einer Transaktion mündet, sucht Julian die Distanz. In Paul Schraders Vision von Los Angeles, das wie eine verzerrte Metapher auf die Mentalität der 1980er wirkt, ist das Zusammenleben durch Transaktionen und Geschäfte bestimmt. Die Figuren umgeben sich mit anderen Menschen, doch einsam sind sie alle.

Take your pleasure where you can.

Vielleicht ist es nur konsequent aus seinem Selbstverständnis als Dienstleister, dass Julian große Freude an Konsum und der schönen Fassade hat. Während aus seiner teuren Stereoanlage ein Song ertönt, den Julian mitsingt, legt er auf seinem Bett eine Auswahl an verschiedenen Outfits zusammen und wirkt vielleicht zum ersten Mal im Film glücklich. Befriedigung außerhalb des Konsums oder des Luxus sind ihm fremd oder er hat sie verlernt, wie es Michelle an einer Stelle richtig erkennt. Richard Gere ist mit Julian Kaye eine schauspielerische Leistung gelungen, die mehr als beachtlich ist, vor allem, weil es so wenig gibt, was authentisch ist an diesem Menschen, was der Schauspieler in Interviews über seine Rolle ebenfalls betont.

Wie für seine Mitmenschen beginnt das eigentliche Mensch-Sein oder Vergnügen hinter verschlossenen Türen, doch während sich Julian an Luxus und Mode satt sieht, sind es für andere sexuelle Perversionen. Julian will nicht Teil dieser Welt sein, nimmt aber dennoch immer wieder Aufträge seine „Freundes“ Leon an, obwohl dieser bekannt dafür ist, dass er nur solche Kunden hat. Er will sich distanzieren, ist aber nur einen Schritt davon entfernt, ebenfalls dazuzugehören, denn Freunde hat er eigentlich keine und der Luxus kann verschwinden von einem Tag auf den anderen.

Credits

OT: „American Gigolo“
Land: USA
Jahr: 1980
Regie: Paul Schrader
Drehbuch: Paul Schrader
Musik: Girorgio Moroder
Kamera: John Bailey
Besetzung: Richard Gere, Lauren Hutton, Hector Elizondo, Nina van Pallandt, Bill Duke, Brain Davies

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Golden Globes 1981 Beste Musik Giorgio Moroder nominiert
Bestes Lied „Call Me“ (Giorgio Moroder, Debbie Harry) nominiert

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

Ein Mann für gewisse Stunden
fazit
„Ein Mann für gewisse Stunden“ ist ein schauspielerisch wie auch erzählerisch brillantes Thrillerdrama. Paul Schrader inszeniert ein fesselndes Porträt einer Selbstzerstörung sowie einer oberflächlichen Gesellschaft, in der alles eine Transaktion ist und der Weg in den Abgrund nur eine Schritt weit weg ist.
Leserwertung0 Bewertungen
0
9
von 10