Eigentlich waren die Tage von Lena Weber (Isabelle Huppert) bereits gezählt, als diese 1942 in den Pyrenäen interniert wird. Der Jüdin drohte die Deportation. Zu ihrem Glück ist da aber auch der Aufseher Michel Korski (Guy Marchand), der sich in sie verliebt und sie vor dem sicheren Tod bewahrt. Im Gegenzug muss sie den Soldaten heiraten. Jahre später, der Krieg ist längst vorbei, lernt sie Madeleine (Miou-Miou) bei einer Schulveranstaltung kennen, die ihre jeweiligen Kinder besuchen. Dabei finden sie sich auf Anhieb sympathisch, in Folge verbringen die beiden Frauen viel Zeit miteinander und werden zu einem festen Bestandteil im Leben der jeweils anderen. Doch nach einer Weile müssen sie feststellen, dass sie noch ganz andere Gefühle füreinander haben, für die es in der konservativen Gesellschaft keinen Platz gibt …
Der Traum vom eigenen Leben
Für Diane Kurys war das Filmemachen immer eine Gelegenheit, sich mit ihrer Familiengeschichte auseinanderzusetzen. Das können mal eigene Erfahrungen sein wie bei ihrem Debütfilm Die kleinen Pariserinnen (1977) oder Ein Sommer an der See (1989), in denen sie von ihrer Kindheit erzählte, genauer den Erlebnissen als Scheidungskind. Aber auch das Leben ihrer Eltern interessierte sie sehr und lieferte immer mal wieder Material für ihr künstlerisches Schaffen, etwa in dem Historiendrama Für eine Frau (2013). Und auch Entre Nous – Träume von Zärtlichkeit (1983) war letztendlich biografisch inspiriert, wenn sie hier vom Scheitern einer Ehe erzählt. Und auch die Art und Weise, wie sich die Eltern kennengelernt haben – 1942 in einem Lager –, beeinflusste das Drama.
Die Kinder spielen dieses Mal keine Rolle. Sie sind zwar der Grund, weshalb sich die beiden Frauen kennengelernt haben. Außerdem hat dies natürlich Einfluss auf die Ehen. Diese sind nicht übermäßig erfüllend. Aber den Mann zu verlassen, ist dann doch nicht ganz einfach, vor allem eben, wenn Kinder da sind. Entre Nous – Träume von Zärtlichkeit handelt dann auch von traditionellen Geschlechterrollen und wie schwierig es ist für Frauen, sich etwas Eigenes aufzubauen. Der Kleidungsladen, von dem die beiden träumen, wird zum Symbol einer Unabhängigkeit und eines eigenen Lebens. Insofern wundert es dann auch nicht, wenn eben dieser Laden irgendwann verboten werden soll, als dem Mann bewusst wird, dass er die Kontrolle über seine Frau verliert.
Stark besetzt
Wobei es hier auch um romantische Gefühle geht. Die Frauen finden ineinander nicht nur das Versprechen eines selbstbestimmten Lebens, losgelöst von der klassischen Rolle als Gattin und Mutter. Sie sehen in der jeweils anderen auch eine Partnerin. Das ist natürlich noch schwieriger zu vermitteln, der Film spielt nun einmal Mitte des 20. Jahrhunderts. Entre Nous – Träume von Zärtlichkeit ist an der Stelle auch ein Zeitporträt und erzählt von einer Gesellschaft mit starren Regeln, zu denen eben auch das klassische Familienbild gehört. Kurys und ihr Co-Autor Alain Le Henry kritisieren das. Sie kritisieren vor allem Michel, der in Lena keinen gleichwertigen Menschen sieht, sondern ein Objekt, über das er bestimmen kann. Das ist keine besonders nuancierte Charakterisierung. Aber es funktioniert.
Sehenswert ist das Drama dabei vor allem der schauspielerischen Leistungen wegen. Mit Miou-Miou und Isabelle Huppert konnte Durys natürlich ein erstklassiges Duo verpflichten, das aus den Figuren viel herauszuholen versteht. Aber auch Guy Marchand, der ebenso wie Miou-Miou bei den Césars nominiert war, überzeugt in der Rolle des gekränkten Ehemanns. Im Vergleich zu den eher naturalistischen Ausflügen in die Kindheit ist Entre Nous – Träume von Zärtlichkeit zwar etwas schwächer, da die Geschichte nicht ganz so viele Anknüpfungspunkte bietet und stärker im Melodram verhaftet ist. Da geht es dann eben nicht nur um eine Alltagsbetrachtung. Dennoch ist auch der Film sehenswert, wenn er von komplizierten Gefühlen und der Suche nach dem Glück erzählt.
OT: „Coup de foudre“
Land: Frankreich
Jahr: 1983
Regie: Diane Kurys
Drehbuch: Diane Kurys, Alain Le Henry
Musik: Luis Bacalov
Kamera: Bernard Lutic
Besetzung: Miou-Miou, Isabelle Huppert, Guy Marchand, Jean-Pierre Bacri, Patrick Bauchau, Robin Renucci
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 1984 | Bester fremdsprachiger Film | nominiert | |
César | 1984 | Bester Film | nominiert | |
Beste Hauptdarstellerin | Miou-Miou | nominiert | ||
Bester Nebendarsteller | Guy Marchand | nominiert | ||
Bestes Original-Drehbuch | Diane Kurys, Alain Le Henry | nominiert |
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