Es war schon ein sehr eigenartiger Traum, den die Schülerin Hidomi Hibajiri da hatte. Irgendwas mit einem Roboter, einem riesigen Auge und einem gigantischen Bügeleisen. Dabei ahnt sie nicht, dass diese wirre Geschichte gar nicht so weit hergeholt ist. Denn nur kurze Zeit später werden sich die Ereignisse überschlagen. Erst wird sie von einer fremden Frau mit einer Gitarre attackiert. Später müssen sie und ihr Mitschüler Ko Ide vor einem seltsamen mechanischen Wesen flüchten, das offensichtlich aus dem Kopf von Ide gekommen ist. Zu ihrem Glück taucht später noch einmal die Frau auf und nimmt sich des Angreifers an. Aber das ist nur der Anfang einer fortwährenden Odyssee durch einen von Tag zu Tag verrückter werdenden Alltag …
Fortsetzung eines Kult-Animes
Die Bezeichnung Kult ist eine, die inzwischen sehr großzügig verteilt wird. Ob nun Blockbuster oder obskurer Nischentitel, es kann so ziemlich jeder Film oder jede Serie als Kult bezeichnet werden. Eine Serie, die diesen Begriff dabei sicher verdient hat, das ist FLCL. Schließlich war der Anime von 2000 ein derart durchgeknalltes Werk, dass einem nichts anderes übrigblieb, als in einer Mischung aus Faszination und Verwirrung auf das Geschehen zu blicken. Sicher, es gibt im Anime-Segment viele durchgeknallte Titel. Mind Game etwa, das einige Jahre später herauskam. Und doch war die Serie etwas Besonderes. So besonders, dass nicht wenige misstrauisch reagierten, als es viele Jahre später hieß, es würde eine Fortsetzung geben. Genauer sogar zwei: Im Frühjahr 2018 startete FLCL Progressive, einige Monate später folgte FLCL Alternative, quasi Staffel 3.
Unbedingt kennen muss man die erste Staffel dabei nicht, um hier einzusteigen. Sie bereitet einen zwar auf manche Konzepte vor, darunter das Gitarreprügeln und die Roboter, die aus dem Kopf kommen. Die Geschichte wird dadurch aber nicht spürbar sinnvoller. Wer einen Sinn braucht, um einen Film oder eine Serie genießen zu können, braucht es erst gar nicht mit FLCL Progressive zu versuchen. Schon in der ersten von sechs Folgen dürften sich die meisten hoffnungslos verlaufen. Es wird im weiteren Verlauf nicht besser, wenn alles auf einen großen Endkampf hinausläuft. Schließlich steht die Apokalypse bevor, selbst wenn man nicht wirklich weiß warum und weshalb da wer gegen wen kämpft.
Zwischen Wahnsinn und Alltag
Das soll aber nicht heißen, dass es nicht auch in FLCL Progressive Punkte gibt, bei denen die Zuschauer und Zuschauerinnen anknüpfen können. So gibt es zwischen diesem Wahnsinn immer wieder Szenen, in denen es um die jungen Freundinnen geht. Da wird dann von der Liebe geträumt, mal geht es um die Schärfe eines Kebabs. Schulszenen dürfen auch nicht fehlen. Tatsächlich hat der Anime durchaus Coming-of-Age-Qualitäten, bei denen es um das Erwachsenwerden geht. Um ein Sich-finden in einer Welt, in der nichts wirklich Sinn zu ergeben scheint. Auch wenn der Alltag der wenigsten Menschen darin bestehen dürfte, gegen kosmische Bedrohungen zu kämpfen, damit darf man sich schon identifizieren. Die Figuren mögen zum Teil überzeichnet sind, sind aber trotz allem lebensnah genug.
Ein Grund, warum man sich seinerzeit die bizarre Science-Fiction-Komödie anschauen wollte, war auch die Optik. Das bekannte Animationsstudio Production I.G hatte schon richtig viel mitgebracht, experimentierte munter drauf los und warf alles zusammen, was den Kreativen so eingefallen ist. Tendenziell ist das in FLCL Progressive auch der Fall. Allerdings kommt da nicht so viel Neues, da hatte man sich nach all den Jahren mehr erhoffen dürfen. Insgesamt hätte es die Fortsetzung auch nicht unbedingt gebraucht. Diese geht zwar in eine ähnliche Richtung: Wer die erste Staffel mochte, findet hier Nachschub. Es hinterlässt aber keinen vergleichbaren Eindruck, dafür ist der Wahnsinn hier letztendlich dann doch zu gewohnt.
OT: „FLCL Progressive“
Land: Japan
Jahr: 2018
Regie: Katsuyuki Motohiro
Drehbuch: Hideto Iwai
Musik: R·O·N
Animation: Production I.G
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