Eigentlich wollte Maja (Zoe Moore) anlässlich des Geburtstages ihres Großvaters Benno (Bernd Tauber) noch einmal zum Hof ihrer Familie. Aber irgendwie kommt alles ganz anders. Erst verpasst sie ihren Zug, lernt dabei aber Michel (Manuel Mairhofer) kennen, der sie mit dem Auto mitnimmt. Der eigentliche Ärger wartet aber auf dem Hof: So ist das Verhältnis zu ihrer Mutter Ingrid (Birge Schade) noch immer gestört, seit dem Unfalltod von Majas jüngerem Bruder Sören (Thomas Schmuckert). Auch wenn ihr Vater Samu (Max Gertsch) zu vermitteln versucht, die Stimmung ist angespannt. Dabei könnte Ingrid die Hilfe ihrer Tochter gut gebrauchen, steckt der Hof doch in finanziellen Schwierigkeiten. Und dann wäre da auch noch Majas Ex-Freund Elias (Paul Triller), der sie durcheinander bringt …
Ein Leben voller Baustellen
Für Fans von Inga Lindström ist gerade Warten angesagt. So war Anfang des Jahres Die vergessene Hochzeit zu sehen, bei dem eine Controllerin kurz vor ihrer Hochzeit mit Entsetzen feststellt, dass sie im Drogenrausch während des Junggesellinnenabschieds auf Hawaii offensichtlich jemand anderen geheiratet hat, ohne sich daran zu erinnern. Seither gab es keinen neuen Teil, auch angekündigt ist derzeit nichts. Aber damit die Fans der langjährigen ZDF-Dramareihe, die sonntags im Herzkino-Programm gezeigt wird, nicht ganz verhungern müssen, bringt der Sender mit Der schönste Ort der Welt noch einmal einen älteren Titel. Da die Teile sowieso alle unabhängig voneinander sind, dürfte es vielen gar nicht auffallen, dass das hier nicht mehr ganz frisch ist.
Wobei man sich den 89. Film der Reihe eventuell des Inhalts wegen merken könnte. So beginnt die Geschichte damit, dass Sören bei einem Autounfall stirbt, was nicht ganz typisch ist. Gezeigt wird diese Szene zwar nicht, aber sie legt doch den Grundstein für das Unglück, wenn an dem Verlust sowohl das Verhältnis von Maja zur Mutter als auch die Beziehung zu Elias kaputtgeht. Prinzipiell hätte man aus dieser Ausgangssituation auch ein sensibles Trauerdrama machen können. Daran hatte Regisseur und Co-Autor Oliver Dieckmann, der häufiger bei dieser Reihe die Verantwortung hat, aber kein Interesse. Stattdessen fügt er lieber noch diverse andere Baustellen hinzu, über die unsere Heldin in Inga Lindström: Der schönste Ort der Welt stolpern darf. Beispielsweise ist da ja noch das Liebesdreieck, welches für diese Reihe aber erstaunlich wenig entwickelt wurde.
Überfrachtet statt tiefgründig
Mehr Aufmerksamkeit bekommt die Frage, wie es mit dem Hof weitergehen soll. Auch das ist ein Thema, das sich für eine Vertiefung angeboten hätte. Immer mal wieder wird in Filmen dieses aufgegriffen, Das Land meines Vaters etwa erzählte die tragische Geschichte einer Familie, die verzweifelt gegen die Überschuldung und sinkende Einnahmen kämpft. Ganz so hart wird es in Inga Lindström: Der schönste Ort der Welt nicht. Diese Filme spielen zwar mit dem großen Drama, wollen aber immer ein Happy End, damit das Publikum irgendwie glücklich mit dem eigenen Leben weitermachen kann. Der Tod des Bruders bzw. Sohns wird dann einfach beiseitegeschoben, wird nicht weiter gebraucht, soll nicht stören, während die Zielgruppe die Welt da draußen vergisst.
Das kann man dann schön finden oder sehr zynisch. Und dann wäre da noch eine Wendung, die kurz vor Schluss eingebaut wurde. Für die Geschichte ist die völlig unnötig, dient allenfalls dazu, die Protagonistin irgendwie besser dastehen zu lassen. Warum auch immer. Es führt aber vor allem dazu, dass das ohnehin schon überfrachtete Drama endgültig lächerlich wird. Inga Lindström: Der schönste Ort der Welt hat natürlich die übrigen Stärken wie die idyllischen Landschaftsaufnahmen und die attraktive Besetzung. Einige Szenen sind sogar ganz charmant geworden. Aber das sind nur kurze Momentaufnahmen in einem Film, der willkürlich alles Mögliche zusammenwirft – zwischendurch geht es auch um eine Dating-App – in der Erwartung, dass das Publikum den Mischmasch brav konsumiert.
OT: „Inga Lindström: Der schönste Ort der Welt“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Oliver Dieckmann
Drehbuch: Aline Ruiz Fernandez, Oliver Dieckmann
Vorlage: Inga Lindström
Musik: Andy Groll
Kamera: Uwe Schäfer
Besetzung: Zoe Moore, Paul Triller, Manuel Mairhofer, Lilian Prent, Birge Schade, Max Gertsch, Bernd Tauber
Die sonntags auf dem ZDF ausgestrahlte Reihe Herzkino gehört zu den Dauerbrennern des Senders. Seit 1987 laufen, damals noch unter dem Titel Der große ZDF Sonntagsfilm, deutsche Dramen, die sich meistens mit Familien- und Liebesgeschichten befassen. Mehrere Hundert Titel wurden so im Laufe der letzten Jahrzehnte produziert. Unten findet ihr alle unsere bisherigen Rezensionen zu diesem Thema auf einen Blick.
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