St. Petersburg 1865: Mit vornehmen Verhalten hat es die Prinzessin Katja Dolgoruki (Romy Schneider) nicht so wirklich. Immer wieder schlägt sie über die Stränge, weshalb sie in dem Mädcheninternat auch regelmäßig für Ärger sorgt und beim Punkt Betragen das traurige Schlusslicht bildet. Ihr neuester Coup: Sie behauptet steif und fest, Zar Alexander II. (Curd Jürgens) persönlich zu kennen, was natürlich hinten und vorne erlogen ist. Als dieser dem Internat einen Besuch abstattet und die 18-Jährige mit ihrer Geschichte konfrontiert wird, ist der russische Herrscher angetan von der rebellischen Jugendlichen. Tatsächlich lädt er sie sogar zu einer Schlittenfahrt ein, ein Privileg, das sonst eigentlich der Schülerin mit dem besten Betragen zukommt. Und es wird nicht das letzte Mal sein, dass die beiden sich sehen …
Tragische Liebe am Hof
Große Erfolge können Segen und Fluch zugleich sein. Siehe Romy Schneider. Als diese 1955 in Sissi als künftige österreichische Kaiserin Elisabeth zu sehen war, wurde sie schnell zu einer weltweiten Ikone. Millionen Menschen schauten zu und schmachteten beim Anblick der jungen Frau, die Teil des Hofes wurde und dabei die große Liebe zu hoffen glaubte. Schneider wurde damit zum Star, auch Jahre später wurde sie in erster Linie mit dieser Rolle in Verbindung gebracht, obwohl die Deutsche damit fremdelte und versuchte, sich von der Trilogie zu emanzipieren. Vorher drehte sie aber noch Katja, die ungekrönte Kaiserin, bei dem ganz offensichtlich versucht wurde, an den großen Erfolg der drei Filme anzuschließen. Denn erneut spielte sie eine Adlige in einer tragischen Liebesgeschichte.
Die Vorlage für den Film ist dabei selbst adligen Ursprungs. Genauer stammte er von der rumänisch-französischen Prinzessin Marthe Bibesco, die in ihrer Ehe wenig Erfüllung fand und deshalb ihr Glück in Affären und dem Schreiben suchte. So veröffentlichte sie 1938 unter dem Pseudonym Lucile Decaux den Roman Katia, eine freie Interpretation des realen Lebens von Jekaterina Dolgorukowa. Ein Jahr später wurde dieser das erste Mal verfilmt, damals mit Danielle Darrieux in der Hauptrolle. Bei der zweiten Adaption Katja, die ungekrönte Kaiserin wollte man offensichtlich noch einmal richtig auftrumpfen und investierte daher einiges. Das betrifft nicht nur die Besetzung, die mit Schneider und Curd Jürgens sehr prominent war. Auch bei der Ausstattung sparte man nicht, da ist schon einiges zu sehen.
Ein sich wandelndes Land
Wer etwas für solche Kostümfilme übrig hat, kann deshalb noch immer sein Glück hiermit versuchen. Man muss sich allerdings darauf einstellen, dass hier das große Melodram gesucht wurde. Regisseur Robert Siodmak, sonst eigentlich für Film Noirs wie Gewagtes Alibi oder Die Wendeltreppe bekannt, setzt auf den großen Kitschfaktor. Zum Teil ist die Tragik natürlich durch die Geschichte vorgegeben. Zum Teil wurde sie aber auch sehr betont, Katja, die ungekrönte Kaiserin will das ganz große Gefühl. Tatsächlich spürbar wird das aber nicht, zumindest nicht bei dem Paar. Zwar wird ständig behauptet, wie eng die Beziehung zwischen den beiden Menschen sein soll. Es fühlt sich aber nie echt an, wenn der Zar mit der rund drei Jahrzehnte jüngeren Frau zusammen ist. Hinzu kommt, dass Katja selbst etwas diffus bleibt. Anfangs wird sie noch als aufmüpfig und willensstark beschrieben, später beschränkt sich ihre Rolle darauf, sich dem Mann ganz hinzugeben, ohne dass man wüsste warum.
Interessanter als die Liebesgeschichte ist dann auch die zeitliche Einbettung derselben. So geht es zwischenzeitlich um die gesellschaftlichen Veränderungen in Russland, darunter die Frage, ob das Konzept der Leibeigenen noch zeitgemäß war. Die Romanze findet so vor dem Hintergrund eines sich wandelnden Landes statt, in dem es kräftig rumort. Alexander II. ist ohnehin eine sehr spannende historische Figur, die ihr Heimatland maßgeblich geprägt hat und noch weitere Veränderungen herbeigeführt hätte, wäre er nicht einem Anschlag zum Opfer gefallen. Katja, die ungekrönte Kaiserin will das aber alles nicht weiter vertiefen, nur so weit, dass daraus ein Setting wird. Der Film ist dadurch spannender als so manch andere Hofromanze, aber nicht so spannend, dass man sich das Drama deswegen unbedingt anschauen müsste.
OT: „Katia“
Land: Frankreich
Jahr: 1959
Regie: Robert Siodmak
Drehbuch: Charles Spaak
Vorlage: Marthe Bibesco
Musik: Joseph Kosma
Kamera: Michel Kelber
Besetzung: Romy Schneider, Curd Jürgens, Pierre Blanchar, Antoine Balpêtré, Françoise Brion, Monique Mélinand
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