In dem auf ihrem gleichnamigen Roman basierenden Drama Der Zopf erzählt Laetitia Colombani drei Geschichten aus drei Ländern: Während die Inderin Smita (Mia Maelzer) für eine bessere Zukunft ihrer Tochter kämpft, muss die junge Italienerin Giulia (Fotini Peluso) sich darüber klar werden, was sie mit ihrem Leben anfangen möchte. Die kanadische Rechtsanwältin Sarah (Kim Raver) muss hingegen die Hiobsbotschaft verdauen, an Krebs erkrankt zu sein. Am 7. März 2024 startet die Bestselleradaption bei uns im Kino. Zu diesem Zweck haben wir uns mit der französischen Regisseurin und Autorin unterhalten. In unserem Interview zu Der Zopf sprechen wir über die Arbeit an dem Film und wie es war, den eigenen Roman zu adaptieren.
Der Zopf basiert auf deinem eigenen Roman. Wie kam es dazu, dass du ihn verfilmt hast? Hattest du das von Anfang an geplant?
Nein, als ich den Roman geschrieben habe, hätte ich nicht im Entferntesten daran gedacht, dass daraus einmal ein Film werden könnte. Es waren Produzenten, die auf die Idee kamen und mich gefragt haben. Für mich war die Vorstellung absurd. Ich habe zwar viele Jahre Erfahrung als Filmemacherin sowohl bei Regie als auch Drehbuch. Aber einen Film zu drehen, der auf drei Kontinenten spielt und bei dem drei verschiedene Sprachen gesprochen werden, das schien mir dann doch zu schwierig. Eine Adaption zu machen, das war aufregend, gleichzeitig aber auch irgendwie furchteinflößend. Letzten Endes habe ich dann doch zugesagt, weil es für mich seltsam gewesen wäre, wenn jemand anderes meine Geschichte verfilmt. Aber es war keine einfache Entscheidung.
Wenn man einen Roman verfilmt, geht das meistens mit Kürzungen einher. Da müssen Figuren gestrichen werden, vielleicht auch Nebenhandlungen. Sind solche Kürzungen einfacher oder schwieriger, wenn es der eigene Roman ist?
Für mich war es einfacher. Ich habe als Drehbuchautorin vorher schon Romane adaptiert und war immer besorgt, dass ich dem Buch nicht gerecht werde und falsche Entscheidungen treffe. Denn adaptieren heißt immer auch entscheiden, wenn du festlegen musst, was in dem Roman wichtig ist und was nicht. Bei meinem eigenen Buch wusste ich das, weshalb es einfacher war, diese Entscheidungen zu treffen.
Aber kann es nicht auch vorkommen, dass man zu nah dran ist und sich deshalb nicht trennen kann?
Das schon, ja. Ich hatte auch manchmal das Gefühl, dass mir die nötige Distanz fehlt. Deswegen war es mir wichtig, zusammen mit Sarah Kaminsky das Drehbuch zu schreiben. Sie ist eine gute Freundin von mir und hat mit mir schon mehrfach an Projekten gearbeitet. Es hat dem Film auch sehr gutgetan, dass da jemand mit einem eigenen Blick dabei war. Sie hatte großartige Ideen, gerade bei den Szenen, die in Italien spielen. Ich finde sie sogar besser als meine eigenen im Roman.
Gibt es auch Szenen, von denen du dich schweren Herzens getrennt hast?
Eigentlich nicht. Ich habe bei dem Teil in Kanada einiges gestrichen, weil er sonst länger gewesen wäre als die beide anderen. Und das wollte ich nicht. Aber das ist mir nicht schwer gefallen.
Wie sah das eigentlich mit den Dreharbeiten aus? Habt ihr alle Szenen eines Landes gedreht und seid dann zum nächsten übergegangen oder musstet ihr mehrfach ins Land, um zu drehen?
Wir haben sie tatsächlich nacheinander gedreht. Angefangen haben wir mit Indien, wo wir zwei Monate geblieben sind. Danach haben wir in Kanada gedreht, zum Schluss dann in Italien. Das war nicht einfach, weil ich dabei immer die Kontinuität berücksichtigen musste. Wenn ich im März in Indien etwas gedreht habe, musste ich im Kopf behalten, dass die nächste Szene eine ist, die ich erst vier Monate später in einem anderen Land und mit anderen Leuten drehen würde.
Und wie war es, im Anschluss alles zu schneiden? Das ist ja schon bei regulären Filmen schwierig, die nur eine Geschichte haben. Ihr musstet drei aufeinander abstimmen.
Der Schnitt ist immer eine der schwierigsten Aufgaben, weil du damit erst die eigentliche Geschichte erzählst. Bei uns war dann die Herausforderung, die richtige Balance zu finden, weil mir klar war, dass davon der komplette Film abhängt. Dabei wollte ich mir am Anfang viel Zeit nehmen, um die Figuren vorzustellen und in ihr Leben einzutauchen. Später sollten die Abstände immer kürzer werden und in einer langen Sequenz enden, die alle drei Stränge zusammenführt.
Dann kommen wir auf die Stränge zu sprechen. Die meisten von uns werden sich leichter damit tun, sich mit den Geschichten in Kanada und Italien zu identifizieren, während die in Indien, wo es um das Kastensystem geht, vielen fremd sein dürfte. Wie kamst du zu dem Thema?
Ich war zum ersten vor 15 Jahren in Indien. Damals wurde ich von einem indischen Produzenten eingeladen, der ein Bollywood-Remake meines ersten Films „Wahnsinnig verliebt“ machen wollte. Seine Frau hat mich herumgeführt und die Stadt gezeigt und ich fühlte mich schnell auf seltsame Weise mit dieser Kultur verbunden. Natürlich kennen wir einige Teile aus dieser Kultur, Yoga zum Beispiel. Wir wissen aber nicht viel über das Kastensystem, weil darüber auch kaum jemand sprechen mag. Also habe ich viel zu dem Thema recherchiert und wollte unbedingt etwas dazu machen, eben weil es niemand macht und es ein Tabuthema ist.
Neben der indischen Protagonistin haben auch die beiden anderen zu kämpfen, um einen Platz in ihrer jeweiligen Gesellschaft zu bekommen. Wie waren deine Erfahrungen als Filmemacherin? War es schwierig für dich, dich durchzusetzen?
Ich war noch sehr jung, als ich meinen ersten Film gedreht habe, ich war damals 25 Jahre alt. Mein Background war damals ein sehr technischer, weil ich Bildgestaltung gelernt habe. Das hat mir beim Dreh sehr geholfen, weil ich direkt mit der technischen Crew sprechen konnte. Dadurch war es für mich einfacher mich zu behaupten und am Set respektiert zu werden.
Letzte Frage: Was sind deine nächsten Projekte?
Ich arbeite an einem neuen Roman, das hoffentlich nächstes Jahr herauskommen wird. Das ist eine schöne Erfahrung für mich: Nachdem ich vier Jahre an dem Film gearbeitet habe von der Vorbereitung bis zu der jetzigen Promotion, genieße ich es, wieder ganz allein für mich an etwas arbeiten zu können.
Vielen Dank für das Gespräch!
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