Eigentlich wollte die Jagdgesellschaft nur ein bisschen Spaß haben, als sie sich im deutsch-polnischen Grenzgebiet austobte. Doch aus dem Spaß wird tödlicher Ernst, als Leon Herne erschossen aufgefunden wird. Auf der Suche nach Antworten nehmen sich Alexandra Luschke (Gisa Flake) und Karl Rogov (Frank Leo Schröder) die Jagdgesellschaft vor, zu der auch Konstantin Richtmann (Nicolas Handwerker) und Daniel Pillokat (Marius Ahrendt) gehörten. Alle drei arbeiteten als Anwälte in der Kanzlei von Konstantins Vater Dr. Albrecht Richtmann (Bernhard Schütz), der bei allem das Sagen hat. Könnte einer von ihnen der Täter sein? Und wenn ja, weshalb? Aber auch Jagdleiter Marek Kulesza (Piotr Witkowski), der die Veranstaltung vorzeitig abgebrochen hatte, ist verdächtig …
Anwälte als Schweine?
Bei den Ausgaben von Polizeiruf 110:, die an der deutsch-polnischen Grenze spielen, wird gerade viel gewechselt. Beim 10. Teil Monstermutter stieg Maria Simon aus, Teil 11 Hermann war das Debüt von Gisa Flake, die gleich danach wieder weg war, beim 12. Teil Hildes Erbe kam André Kaczmarczyk hinzu, Teil 13 Abgrund markierte den Ausstieg von Lucas Gregorowicz, bei Nummer 14 Der Gott des Bankrotts debütierte Frank Leo Schröder, Teil 15 Cottbus Kopflos war die Rückkehr von Flake. Jetzt kommt mit Schweine der 16. Teil und wieder wird gemischt. So setzt Kaczmarczyk, der ja eigentlich die Hauptfigur spielt, aus, dafür dürfen Flake und Schröder allein den Film tragen. Normalerweise wird bei solchen Krimis auf Kontinuität gesetzt. Hier nicht, was zu Verwirrung führen könnte.
Der Fall ist im Vergleich weniger verworren. So weicht man hier nicht von dem bewährten Whodunnit-Prinzip an: eine Leiche, mehrere Verdächtige. Letztere sind dabei nicht übermäßig zahlreich, dafür aber teilweise richtig widerwärtige. Polizeiruf 110: Schweine ist da schon eine Abrechnung mit der Anwaltszunft, wenn die Leute hier menschenverachtend und arrogant auftreten. Das wird so arg, dass es fast zur Karikatur verkommt. Da liegt die Versuchung nahe, die im Titel genannten Vierbeiner auf eben diese Anwälte zu beziehen. Stattdessen ist dieser aber wörtlich zu verstehen, wenn in der Gegend Schweine gehalten werden. Früher waren das sehr viele, bis die Afrikanische Schweinepest verheerende Folgen hatte, seither stehen die Bauernhöfe vor dem Aus.
Zwischen Krimi und Sozialdrama
Regisseur und Co-Autor Tomasz E. Rudzik (Unterm Apfelbaum: Einsturzgefährdet) kombiniert auf diese Weise verschiedene Elemente. Genauer ist Polizeiruf 110: Schweine eine Mischung aus Krimi und Sozialdrama, wenn die Nöte der Landwirtschaft angesprochen werden. Neu ist das Thema nicht, in den letzten Jahren hat es eine ganze Reihe an Filmen gegeben, die in diesem Umfeld spielen. Zu viel sollte man davon nicht erwarten, die Geschichte streift das alles nur am Rande. Aber es sorgt doch für eine geerdete Note, wenn das harte Leben der einfachen Bevölkerung in Kontrast mit dem Luxus der Anwälte gesetzt wird, die hier abwechselnd streiten, schießen oder sich die Kante geben. Auch das Anwesen, in dem sie leben, hat wenig mit Alltag zu tun, erinnert eher an ein Landschloss.
Das hätte gut als Satire funktioniert. Stattdessen ist die Atmosphäre melancholisch, was auch mit der ruhigen Erzählweise zu tun hat. So ganz klappt das mit dem Nebeneinander von beidem nichts. Insgesamt ist Polizeiruf 110: Schweine aber schon ein solider Film mit stimmungsvollen Bildern und einem guten Ensemble. Der Fall hat es auch in sich. Hier darf man wirklich bis zum Schluss rätseln, was es mit all dem auf sich hat. Das Motiv ist nachvollziehbar, was nicht so selbstverständlich ist, wie es sich anhört. Auch das Zusammenspiel des diesmaligen Duos funktioniert gut. Zwar wäre es schon schade, wenn der extravagant angelegte Ross nicht zurückkommt. Man kann aber auch mit den beiden hier gut leben.
OT: „Polizeiruf 110: Schweine“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Tomasz E. Rudzik
Drehbuch: Tomasz E. Rudzik, Mike Bäuml, Lucas Flasch, Seraina Nyikos
Musik: Sebastian Pille
Kamera: Namche Okon
Besetzung: Gisa Flake, Frank Leo Schröder, Bernhard Schütz, Nicolas Handwerker, Marius Ahrendt, Piotr Witkowski
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