Die Aufregung ist groß bei Greta Malinger (Lydia Lehmann): Sie hat als Hebammenstudentin ihren ersten Tag im Krankenhaus und darf den erfahrenen Kolleginnen über die Schulter schauen. Beleghebamme Anna Koch (Anna Schudt) nimmt sie unter ihre Fittiche und zeigt ihr den Alltag. Der ist oft schwierig. Ob Kollegin Arzouni (Mariam Hage), Chefärztin Dr. Barbara Keller (Idil Üner) oder Kinderarzt Dr. Jan Pfeiffer (André Kaczmarczyk), sie haben alle Hände voll zu tun. Immer wieder heißt es schwierige Entscheidungen zu treffen, wenn eine Geburt nicht so läuft wie gedacht. Besonders hart trifft sie die Klage einer ehemaligen Patientin, deren Sohn unter Epilepsie leidet. Der Vorwurf: Das Kind hätte bei der Geburt nicht genügend Sauerstoff bekommen …
Überraschend gute Krankenhausserie
Eigentlich sollte man meinen, dass inzwischen genügend Serien gibt, die sich um Ärzte, Ärztinnen und Krankenhäuser drehen. Im Rahmen des Herzkinos gibt es beispielsweise Mit Herz und Holly und Dr. Nice, die letztes Jahr an den Start gegangen sind. Auch die etablierten Serien Doktor Ballouz oder In aller Freundschaft locken regelmäßig Millionen Menschen vor die deutschen Fernseher. Da darf man schon misstrauisch sein, wenn mit PUSH eine weitere Produktion ansteht, die in diesem Umfeld spielt. Aber ZDFneo scheint von dem Konzept überzeugt, sendet es am Sonntagabend zur Primetime und legt sich auf diese Weise mit den traditionellen Publikumsmagneten an.
Doch das Ergebnis überzeugt. Die Serie ist nicht nur besser als die meisten anderen Titel aus dem Segment. Sie ist sogar tatsächlich gut. Wobei sich Luisa Hardenberg, die das Konzept der Serie entwickelt hat, auch etwas Anderes hat einfallen lassen. So drehen sich die sechs Folgen nur ums Kinderkriegen, sei es in dem Krankenhaus oder auch bei Heimgeburten. Im Mittelpunkt von PUSH stehen dabei die erfahrenen Kolleginnen Nalan und Anna, hinzu kommt die jüngere angehende Hebamme Greta. Drumherum werden aber auch viele andere Geschichten erzählt, seien es die Patientinnen oder auch die Belegschaft. Beispielsweise erfahren wir, dass Dr. Keller ein Geheimnis hat, von dem niemand etwas erfahren soll. Später wird die Beziehung von Pfeiffer zu der ebenfalls im Krankenhaus arbeitenden Dr. Fritzi Hafer (Olga von Luckwald) thematisiert.
Drama des Alltags
Das Besondere: Man versucht hier gar nicht besonders zu sein. Anstatt sich irgendwelche superdramatischen Geschichten auszudenken, sucht man alltägliche Schicksale. Auch das kann dramatisch sein, wenn ein Kind viel früher per Kaiserschnitt zur Welt gebracht werden muss. Oder das Beispiel der Klage. PUSH bauscht das aber gar nicht auf, sondern erzählt recht nüchtern von diesen Ereignissen, teilweise geradezu dokumentarisch. Das bedeutet auch, die eher weniger telegenen Momente einer Geburt festzuhalten, die man sonst eher nicht im Fernsehen zu Gesicht bekommt. Bei den Figuren gibt es ebenfalls Mut zur Hässlichkeit, sie dürfen ihre Macken haben oder Fehler machen, ohne dadurch gleich zu einer Karikatur zu werden.
Der starke Fokus auf die Figuren hat aber den Nachteil, dass man größere Themen wenig Beachtung schenkte. Beispielsweise ist da seine Szene, in der Keller über wirtschaftliche Zwänge spricht, wenn immer auch darauf geachtet werden muss, was Geld bringt. Diese Diskussion ist aber schnell wieder vorbei, wird auch nicht wieder aufgegriffen. Gleiches gilt für Grundsatzfragen rund um Hierarchien. Wer eine Krankenhausserie sucht, die sich wirklich mit universellen Themen befasst, wird deshalb in PUSH nicht so wirklich bedient. Da waren Titel wie Hippokrates und ich doch ergiebiger. Sehenswert ist die deutsche Serie aber, indem sie uns den menschlichen Aspekt vor Augen führt und auch aufzeigt, wie anspruchsvoll dieses berufliche Umfeld sein kann.
OT: „PUSH“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Katja Benrath, Mia Maariel Meyer
Drehbuch: Luisa Hardenberg, Anne Katharina Roick
Idee: Luisa Hardenberg
Musik: Elisabeth Kaplan, Florian Hirschmann
Kamera: Carolina Steinbrecher, Lotta Kilian
Besetzung: Mariam Hage, Anna Schudt, Lydia Lehmann, Idil Üner, Katja Hutko, Katia Fellin, Olga von Luckwald, André Kaczmarczyk, Hassan Akkouch
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