Lange hat es gedauert, bis auch europäische Spieler und Spielerinnen in den Genuss der Reihe Mystery Dungeon kamen. Während in Japan bereits 1993 ein erstes Game erschienen war, war Europa erst 2006 an der Reihe. Damals feierte Pokémon Mystery Dungeon: Team Rot bzw Team Blau Premiere, veröffentlicht auf dem Game Boy Advance und dem Nintendo DS. Seither dürften die meisten den Namen dann auch mit den Taschenmonstern in Verbindung bringen, wobei auch ein paar andere Crossover erschienen sind, darunter beispielsweise Chocobo’s Mystery Dungeon EVERY BUDDY!. Neben diesen ganzen Spin-offs bekannter Reihen gibt es aber auch eine Original-Reihe, die sich im Land der aufgehenden Sonne großer Beliebtheit erfreut: Shiren the Wanderer. Diese wurde uns lange komplett vorenthalten, erst der ursprünglich 2010 auf dem Nintendo DS erschienene fünfte Teil The Tower of Fortune and the Dice of Fate wurde veröffentlicht, wenn auch erst Jahre später als Portierung für die PlayStation Vita (2015) und die Nintendo Switch (2020).
Sechster Teil der Kerker-Klopperei
Dafür ging es beim sechsten Teil richtig flott. Nur wenige Wochen nach dem Start in Japan ist Shiren the Wanderer: The Mystery Dungeon of Serpentcoil Island bei uns erschienen, und das sogar im stationären Handel, nicht nur digital. In den 13 Jahren seit dem Vorgänger hat sich in der Videospielwelt bekanntlich eine ganze Menge getan. Davon ist bei dem Spiel aber vergleichsweise wenig zu merken. Am ehesten merkt man noch optisch den Wandel der Zeit, aus den traditionellen 2D-Sprites wurde eine 3D-Grafik. Diese ist aber nicht unbedingt auf der Höhe der Zeit. Charmant und stimmungsvoll ist das hier durchaus, wenn wir uns durch eine leicht gekippte Vogelperspektive durch die Welt kämpfen. Auch die Designs der Figuren gefallen, gerade die Monster sind schon irgendwie kurios. Aber es würde wohl niemand zu dem Game greifen, um sich an spektakulären Bildern zu erfreuen. Das ist nur Mittel zum Zweck.
Stattdessen lautet das Motto: Gameplay first. Wer die anderen Spiele aus der Mystery Dungeon Rollenspielreihe kennt, weiß bereits ungefähr, was einen hier erwartet. Wie immer heißt es, sich durch Dungeons zu schlagen, die vollgestopft sind mit Monstern und Fallen und von Ebene zu Ebene schwieriger werden. Und das will etwas heißen, wenn der Schwierigkeitsgrad von Anfang an happig ist. So kann es durchaus sein, dass man bereits auf der ersten Ebene getötet wird, falls die eigenen Angriffe ihr Ziel verfehlen. Schließlich verträgt man am Anfang zwei, maximal drei Attacken, dann ist man tot. Wobei tot nicht wirklich tot bedeutet. Vielmehr wird man im Anschluss noch einmal ins anfängliche Dorf teleportiert hat. Gemein: Dabei verliert man sämtliche Waffen, Schilde und andere Gegenstände. Auch Geld und Erfahrungspunkte sind futsch, man fängt wieder von vorne an. Genauso gibt es keine Möglichkeit, den aktuellen Lauf zu unterbrechen, um mit allem Angesammelten ins Dorf zurückzukehren.
Zwischen Frust und Sucht
Das kann schon sehr frustrierend sein, zumal Sieg und Niederlage zu einem maßgeblichen Teil auch dem Zufall geschuldet sind. Schließlich werden die einzelnen Dungeons bei jedem Besuch zufällig gestaltet, sowohl was Layout wie auch Verteilung der Monster und der Ausrüstungsgegenstände angeht. Mit der Zeit lernt man zwar, mit den erhaltenen Ressourcen umzugehen und spielt dann jede Partie ein klein wenig anders. Auf manche Situationen kann man sich aber nicht vorbereiten. Wer beispielsweise das Pech hat, sechs Ebenen lang keine Nahrung zu finden, kann noch so gut spielen: Tot ist man trotzdem. Gemein ist beispielsweise auch, wenn in einer der späteren Ebenen von Shiren the Wanderer: The Mystery Dungeon of Serpentcoil Island ein Monster auftaucht, das einen dazu bringen kann, die eigene Ausrüstung zu zerstören. Da kann man dann auch gleich aufgeben. Wobei es eine witzige Neuerung gibt, dass man nach dem Ableben in einer Art Forum um Hilfe bittet. Genauso kann man andere Leidensgenossen und Leidensgenossinnen retten. Die Online-Komponente ist schon eine schöne Neuerung.
Insgesamt macht das viel Spaß, sofern man eben mit diesen Frusterlebnissen umgehen kann. So führt die Zufälligkeit in Kombination mit dem Schwierigkeitsgrad dazu, dass die Spannung hoch ist, wenn jeder neue Raum dein letzter sein kann. Der Suchtfaktor ist beachtlich, was auch der Kürze der Dungeons zu verdanken ist. Die meisten Ebenen sind innerhalb weniger Minuten durchgespielt. Hinzu kommt die Abwechslung. Wo andere dieser Rogue-Spiele immergleiche Verliese zeigen, wechselt man hier zwischen den unterschiedlichsten Settings hin und her, ist mal an der Küste, mal in einem Wald, später auf einem Vulkan – die ganze Insel ist hier quasi ein durchgehender Dungeon. Abgerundet wird Shiren the Wanderer: The Mystery Dungeon of Serpentcoil Island durch mehrere nette Nebengeschichten, von denen wir im Laufe der Zeit erfahren, etwa zu einem geheimen Ninja-Dorf oder Piraten-Rivalitäten. Zusammen mit den zahlreichen Möglichkeiten, bei der Ausrüstung zu experimentieren, kommt ein Spiel heraus, das sich immer wieder für eine Partie zwischendurch anbietet.
OT: „Shiren the Wanderer: The Mystery Dungeon of Serpentcoil Island“
Land: Japan
Jahr: 2024
Director: Keisuke Sakurai, Shingo Anzai
Producer: Shohei Sakakibara, Ryo Nishimura
Texte: Shin-ichiro Tomie
Musik: Keisuke Ito
Publisher: Spike Chunsoft
Entwickler: Spike Chunsoft
Plattformen: Nintendo Switch
Amazon (Videospiel „Shiren the Wanderer: The Mystery Dungeon of Serpentcoil Island“)
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