Die Überraschung ist groß bei Lena (Laura Berlin), als sie erfährt, dass sie schwanger ist. Eigentlich hatte sie nicht mehr damit gerechnet, bei ihrem Körper gleicht das einem Wunder. Sonderlich glücklich ist sie darüber jedoch nicht, da sie kurz davor stand, gemeinsam mit ihrem Mann Felix (Ludwig Trepte) und ihrer Tochter nach Thailand zu ziehen, wo sie zwei Jahre bleiben wollten. Was tun? Sollen sie die Pläne aufschieben auf einen späteren Zeitpunkt? Je mehr Lena darüber nachdenkt, umso bewusster wird ihr, dass sie kein zweites Kind haben möchte. Doch damit stößt sie Felix vor den Kopf, der sich darüber gefreut hatte. Und auch andere Menschen, darunter ihre Schwester Tina (Luise von Finckh), mischen sich in die Entscheidungsfindung ein …
Schwieriges Thema Abtreibung
Seit einiger Zeit wird bei ZDFneo das Konzept von sogenannten Instant-Fiction-Serien verfolgt. Dabei handelt es sich um kürzere Werke, sowohl im Hinblick auf die Laufzeit wie auch die Produktion. So eben auch bei Bauchgefühl. Sechs Folgen hat die Staffel, jede davon ist nur 10 bis 15 Minuten lang. Insgesamt handelt es sich also um ein kurzes Vergnügen, da sind die meisten Filme länger als die Serie. Grundsätzlich kann man sich in solchen Fällen immer fragen, ob es dann überhaupt eine Serie gebraucht hätte und es nicht ein regulärer Film auch getan hätte. Hier ergibt die Teilung jedoch durchaus Sinn: Jede Folge trägt den Namen einer Figur, angefangen bei Lena selbst, und erzählt, wie die Figur zu dieser Geschichte steht oder was sie dazu beizutragen hat.
Der Stoff hat es dabei in sich, denn auch das gehört zu vielen dieser Instant-Fiction-Serien dazu: Sie wollen ein gesellschaftlich relevantes Thema aufgreifen und aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Bei Schlafschafe behandelte man Verschwörungstheorien, die im Umfeld der Corona-Pandemie aufkamen. Aufgestaut erzählte von einer erhitzten Konfliktsituation rund um die Klimakleber, als die eine Straße blockieren. Bei Bauchgefühl ist es nun eine Schwangerschaft bzw. Abtreibung. Das Thema wird hierzulande zwar nicht im gleichen Maße kontrovers diskutiert, wie es etwa in den USA der Fall ist, wo die Geschichte bis zum höchsten Gericht die Menschen beschäftigt. Emotional ist das Thema aber auch bei uns, zudem mit vielen schwierigen Fragen verbunden.
Sehenswert, aber ohne viel Diskussion
Regisseurin und Co-Autorin Esther Rauch will diese Schwierigkeiten dann auch aufzeigen, veranschaulicht durch eine Frau, die sich mit einer ungewollten Schwangerschaft auseinandersetzen muss. Dabei bleiben die großen moralischen Diskussionen aus. Es tauchen zwar die üblichen Abtreibungsgegner auf, welche Betroffene sowie Praxen terrorisieren. Zu einem Austausch kommt es dabei aber nicht. Am ehesten darf man noch die Gespräche mit Ehemann Felix als inhaltliche Auseinandersetzung auffassen, der natürlich eigene Gründe hat, gegen die Abtreibung zu sein. Bauchgefühl widersteht jedoch der Versuchung, ihn einseitig dämonisieren zu wollen. Er widerspricht Lena nicht bei ihrer Aussage, dass es ihre Entscheidung ist. Verletzt ist er trotzdem, dass er in die Entscheidung nicht einbezogen wird, da dies vermutlich die letzte Chance für die beiden sein wird, ein weiteres Kind zu kriegen.
Wer sich eine wirkliche Diskussion über das Für und Wider einer Abtreibung erhofft, ist hier falsch. Das kann oder will die Serie nicht leisten. Es gelingt ihr aber gut aufzuzeigen, was es für eine Frau bedeutet, sich diesem Thema stellen zu müssen. Ob es das Umfeld ist, das mit hinein spricht, die organisatorischen und medizinischen Herausforderungen, die gelöst werden müssen – ein Schwangerschaftsabbruch ist nach wie vor ein mühsamer Weg, bei dem oft mehr Hilfe nötig wäre. Ob die von der Redaktion formulierte Absicht, einen Beitrag zum Diskurs beizusteuern, in der Form stimmig ist, darüber kann man sich sicherlich streiten. Das mit der Vielschichtigkeit gelang in Aufgestaut dann doch besser. Aber es ist ein sehenswertes Drama daraus geworden, bei dem das individuelle Schicksal einer Familie mit universellen Momenten verbunden wird, die einiges an Identifikationsfläche schaffen.
OT: „Bauchgefühl“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Esther Rauch
Drehbuch: Esther Rauch, Anneke Janssen
Musik: Dürbeck & Dohmen
Kamera: Lisa Eidenhammer
Besetzung: Laura Berlin, Ludwig Trepte, Luise von Finckh, Lilo Nika Daners, Davina Donaldson, Jan Liem, Antje Lewald, Kai Schumann
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