Bergfahrt – Reise zu den Riesen

An und für sich sind die Menschen nur bedingt für das Leben in den Bergen gemacht. Je höher man kommt, umso unwirtlicher wird es. Da wächst dann nicht mehr viel, es wird schwieriger, sich selbst zu versorgen, viel anbauen kann man nicht. Doch die Faszination für die gewaltigen Steinmassen ist groß. Viele zieht es dorthin, sei es zum Wandern oder Skifahren, vielleicht auch einfach, um den Alltag da unten hinter sich zu lassen. Und so gibt es dann auch regelmäßig Filme, die sich mit Bergen befassen. Neben gelegentlichen Spielfilmen wie etwa Acht Berge, bei dem ein Bergdorf zum Hintergrund einer lebenslangen Freundschaft wird, sind es gerade Dokumentarfilme, die sich diesem Themengebiet annähern. In den letzten Jahren waren da beispielsweise Mountain und This Mountain Life – Die Magie der Berge.

Unterschiedliche Zugänge

Mit Bergfahrt – Reise zu den Riesen schickt sich nun ein weiterer Film an, die Besonderheiten dieser Orte herauszuarbeiten, die wie kaum ein anderer für unberührte Natur stehen und zugleich etwas Geheimnisvolles an sich haben. Anstatt aber selbst etwas über die Riesen zu sagen, lässt der Dokumentarfilm lieber zahlreiche Menschen zu Wort kommen, die ihre jeweils eigenen Geschichten erzählen dürfen. Für manche sind Berge Heimat, etwas, das fest mit ihrem Selbstverständnis verbunden sind. Andere sehen darin wirtschaftliches Potenzial, schließlich lässt sich richtig viel Geld verdienen mit der Sehnsucht nach einer Auszeit Wiederum andere sind allenfalls nur als Gast dort, um abzuschalten und mal etwas anderes zu sehen. Tourismus eben, der uns auf andere Gedanken bringt.

Einen roten Faden sucht man darin vergeblich. So unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind auch die Beziehungen zu den Bergen. An einer Stelle wird es sehr persönlich, wenn eine Frau von einem schmerzlichen Verlust berichtet, sie aber auch weiterhin in die Berge fährt. Andere befassen sich eher mit universellen Themen. Beispielsweise ist eine große Frage, wie wir in Zukunft den Bergen begegnen werden. Nur weil diese unbeweglich sind, heißt es nicht, dass sie nicht Teil eines Wandels sind. Das betrifft den Klimawandel ebenso wie ein sich veränderndes Bewusstsein, das mehr Nachhaltigkeit einfordert. Der Blick auf die natürlichen Monumente ist in Bergfahrt – Reise zu den Riesen nicht nur einer der Faszination, sondern auch einer, der mit Sorgen einhergehen kann.

Nachdenklich und sehenswert

Der Film kann daher durchaus als Diskussionsgrundlage dienen. Wo sich andere fast völlig der Faszination hingeben, versucht man hier zumindest, dem Publikum ein bisschen Stoff mitzugeben, über den man nachdenken kann vielleicht auch soll. Regisseurin und Autorin Dominique Margot gibt dabei aber keine Antworten vor, wie man es von anderen mitteilungsbedürftigen Dokumentationen kennt. Der Diskurs in Bergfahrt – Reise zu den Riesen ergibt sich aus der Vielfalt der Menschen und ihrer Geschichten. Da passt es dann auch ganz gut, wenn die Sprachenvielfalt der Schweiz zu hören ist, zwischen deutsch, französisch, italienisch und schweizerdeutsch gewechselt wird. Da heißt es also Untertitel lesen.

Genauso gibt es aber auch Passagen, bei denen man sich entspannt zurücklehnen kann und die Augen anderweitig beschäftigt sind. Auch wenn der Film mehr sein will als ein bloßes Imagevideo, heißt das nicht, dass man auf schöne Bilder verzichten muss. Immer wieder gibt es atemberaubende Aufnahmen, die den Beitrag vom DOK.fest München 2024 im wahrsten Sinn sehenswert machen. Zwischendurch gibt es zudem auch Kurioses zur Auflockerung, was ebenfalls zur Abwechslung beiträgt. Wer sich für das Thema interessiert und nach den anderen Dokus noch nicht genug hat, sollte also einmal einen Blick riskieren, Bergfahrt – Reise zu den Riesen hat schon einiges zu bieten. Der Film macht dabei wie viele andere Lust darauf, selbst die Reise anzutreten und eine Welt zu erkunden, die so nah und doch so fern ist.