Sansibar in den 1950ern: Das britische Protektorat liegt bereits in den letzten Zügen, die Kolonialzeit nähert sich ihrem Ende. Denge (Gudrun Columbus Mwanyika) ist einer von den vielen Männern, die für die Unabhängigkeit kämpfen. Der überzeugte Kommunist versucht, den überfälligen Wandel endlich herbeizuführen und scheut dabei keine Gefahr. Als er sich bei einer seiner Aktionen in einem Haus versteckt, trifft er dabei auf Yasmin (Ikhlas Gafur Vora). Auch sie ist auf der Flucht, will von der trostlosen Zwangsehe befreit sein. Es wird eine Begegnung mit Folgen sein, beide entwickeln schnell Gefühle füreinander. Doch kann eine Liebe unter diesen Umständen wirklich eine Zukunft haben?
Unabhängigkeitskampf in den 1950ern
Die Zeit der Kolonisationen ist eine, die im Rückblick mit einer großen Schande verbunden ist. Eine Schande, von der lange aber niemand etwas wissen wollte. Erst in den letzten Jahren entstand in Europa ein Bewusstsein für die begangenen Verbrechen. Das zeigt sich auch im Filmbereich. In Deutschland setzten sich etwa Der vermessene Mensch und Home Sweet Home – Wo das Böse wohnt mit dem hässlichen Erbe auseinander, der eine in Form eines Historiendramas, der andere als Horrorfilm. Aber auch in Afrika, wo es besonders viele ehemalige Kolonien gibt, ist das Thema präsent. Ein Beispiel hierfür ist Die Liebe in ungleichen Zeiten, welches uns mitnimmt in das Sansibar der 1950er.
Diese ehemalige Kolonie gibt es in der Form nicht mehr: Einige Monate nach der Unabhängigkeitserklärung schloss sich die Inselgruppe mit Tanganjika zu dem heutigen Staat Tansania zusammen. Das macht den Rückblick für ein Publikum, das wenig Berührungspunkte mit der afrikanischen Geschichte hat, natürlich doppelt spannend. Die Liebe in ungleichen Zeiten erzählt von einer Zeit des Umbruchs, als es in dem Protektorat rumorte. Die dunkelhäutige Bevölkerung wollte sich nicht länger damit abfinden, von oben bestimmt zu werden. Zumal ihnen oft eine Teilhabe fehlte, die Elite unter sich blieb und den Menschen erst keine Chance gab, bis nach oben zu kommen. Es gibt also nicht nur die Trennung nach Hautfarben, sondern auch einen Klassenkampf.
Zwischen Romanze und Zeitporträt
Wobei Regisseur und Co-Autor Amil Shivji sich nur zum Teil diesen Themen zuwendet. Vielmehr ist die Adaption eines Romans von Adam Shafi – der deutsche Titel Die Liebe in ungleichen Zeiten nimmt das vorweg – über weite Strecken primär ein Liebesfilm. Zwei Menschen, die in völlig unterschiedlichen Situationen stecken, entdecken ihre Gefühle füreinander und müssen herausfinden, ob das für sie passt. Grundsätzlich gibt es da zwar schon die Überschneidung, dass beide ihre Freiheit wollen, weshalb es da Anknüpfungspunkte gibt. Doch während Denge dabei an eine politisch-gesellschaftliche denkt, ist Yasmin an ihrer eigenen interessiert. Sie will zunächst erst einmal aus der Zwangsehe raus, weiter gehen ihre Ambitionen nicht.
Das Drama, welches auf dem Toronto International Film Festival 2021 Premiere feierte, tut sich manchmal ein bisschen schwer damit, die beiden unterschiedlichen Themen wirklich zusammenzuführen. Die Entwicklung der Geschichte ist zuweilen sprunghaft, da würde man sich manchmal wünschen, dass eine längere Laufzeit zur Verfügung gestanden hätte. 90 Minuten reichen dann doch nicht aus, um allem ganz gerecht zu werden. Sehenswert ist das Ergebnis aber durchaus. Manchmal ist es auch eine Stärke von Die Liebe in ungleichen Zeiten, dass da nicht zwanghaft alles ausformuliert wird. Der Film ist oft angenehm zurückhaltend, sucht trotz der tragischen Umstände nicht das große Melodram, sondern lässt vieles für sich sprechen. Streckenweise ist das sehr schön in seiner Mischung aus Poesie und Dokumentarischem und damit nicht nur für ein Publikum ein Tipp, das sich für historische Stoffe interessiert.
OT: „Vuta N’Kuvute“
IT: „Tug of War“
Land: Tansania, Südafrika, Deutschland, Katar
Jahr: 2021
Regie: Amil Shivji
Drehbuch: Amil Shivji, Jenna Bass
Vorlage: Adam Shafi
Musik: Amine Bouhafa, Amélie Legrand
Kamera: Zenn Van Zyl
Besetzung: Gudrun Columbus Mwanyika, Ikhlas Gafur Vora, Siti Amina
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