Obwohl wir eigentlich gelernt haben sollten, unsere Gefühle im Griff zu haben, gibt es viele Geschichten, die genau das Gegenteil belegen. Generell zeigt sich in unserer Welt ein nicht immer nachvollziehbarer Umgang mit Emotionen und zugleich eine gewisse Nähe zwischen Kalkulation und Gefühl. Dies sind nur ein paar der Themen, die Regisseur Alexander Kluge (Abschied von gestern, Happy Lamento) in seinem Episodenfilm Die Macht der Gefühle aufgreift. In 20 Geschichten geht er diesen nach, teils mit fiktionalen Mitteln, teils aber auch mit dokumentarischen, welche zu der für Kluge mittlerweile typischen Form verbunden werden, die an einen filmischen Essay erinnert. Neben Bezügen zu der eigenen Filmografie finden sich Szenen aus anderen Filmen wie beispielsweise Fritz Langs Die Nibelungen oder Archivaufnahmen wie einem Zusammenschnitt der Trauerfeier für Fritz Bauer in der Frankfurter Paulskirche. In den eigentlichen Episoden wird unter anderem erzählt vom Prozess gegen eine Frau, die beschuldigt wird, ihren Mann ermordet zu haben oder einem Sänger der Frankfurter Oper, der über seine Arbeit berichtet, was beinahe in einen Disput mit der Reporterin ausartet.
Was haben Sie empfunden?
Alexander Kluge ist ein Meister der Komposition und des Schnitts, was er mit Die Macht der Gefühle unter Beweis stellt. Mag man auch über die Thesen nicht immer einer Meinung sein, so lässt sich nicht verleugnen, dass die Struktur, die Kluge für seinen Film gewählt hat, überraschende, bisweilen provokante Ideen hervorbringt. An manchen Stellen ist dies sogar humoristisch, beispielsweise, wenn sich ein auf Fakten bestehender Richter bei einer Beschuldigten die Zähne ausbeißt, welche auf der Wahrheit ihrer Gefühle besteht. Der Versuch der Erklärbarkeit etwas eigentlich nicht Erklärbarem begegnet dem Zuschauer mehr als einmal Die Macht der Gefühle. Auch wird die Frage nach der Manipulation gestellt oder der Aufrichtigkeit von Emotionen, wenn ein Schauspieler von der Echtheit seiner Darstellung spricht, die den inszenatorischen Rahmen außer Acht lassen muss, um Authentizität des Schauspiels zu bewerkstelligen.
Wie man anhand dieser Ausführungen merkt, ist Die Macht der Gefühle in erster Linie intellektuelles Kino. Kluge deckt ein weites Feld ab, geht auf Kunst, Politik und Wirtschaft ebenso ein wie die Beziehung zwischen Gefühlen und Dingen, wie beispielsweise Konsumgütern. Zugleich verankert er das Gefühl immer wieder als einen festen Bestandteil in unserer Welt, wenn auch mit vielen Widersprüchen. Die Oper, das „Kraftwerk der Emotionen“, steht in Frankfurt und wird umringt von Banken und anderen Firmengebäuden, was durchaus einen gewissen Kontrast darstellt. Vielleicht ist dies aber auch gut so, denn allzu intensiv können Gefühle gefährlich sein, wobei Kluge natürlich die richtigen Bilder und Texte dazu auf Lager hat.
OT: „Die Macht der Gefühle“
Land: Deutschland
Jahr: 1983
Regie: Alexander Kluge
Drehbuch: Alexander Kluge
Kamera: Werner Lüring, Thomas Mauch
Besetzung: Hannelore Hoger, Alexandra Kluge, Edgar M. Böhlke, Klaus Wennemann, Beate Holle, Paulus Manker, Suzanne von Borsody, Barbara Auer
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