Die Weltuntergangssekte des Antares de la Luz

Diesen Monat hat Netflix wieder eine Reihe von Dokumentationen veröffentlicht, bei denen man den Glauben an die Menschheit verlieren darf. Da war die True Crime Doku Crime Scene Berlin: Nightlife Killer über einen Serienmörder, der in Nachtclubs nach Opfern Ausschau hielt. Das antisoziale Netzwerk: Memes, Verschwörungstheorien und Gewalt wiederum befasste sich mit den Gefahren des Internets, wenn sich ein Forum in eine Quelle des Hasses verwandelt und die Menschen zu schlimmsten Dingen anstachelt. Und dann war da natürlich auch noch Jennifers Tat, das von einem schockierenden Mord in einer Familie berichtete. Wem das alles noch nicht abgründig genug war, für den nahm der Streamingdienst nun Die Weltuntergangssekte des Antares de la Luz ins Programm auf.

Das vermeintliche Licht in der Dunkelheit

Der Titel ist dabei ziemlich selbsterklärend: Der Film erzählt von den Machenschaften von Antares de la Luz. Der Chile hieß eigentlich Ramón Gustavo Castillo Gaete und war als Musiker in der Gruppe Amaru tätig. Bei einem Besuch in China fand er Interesse an alternativer Medizin und Folklore. Bald darauf gab er sich seinen spirituellen Namen Antares de la Luz, auf Deutsch Anatares des Lichts, benannt nach Antares, dem hellsten Stern im Sternbild Skorpion. Sehr bescheiden ist das nicht. Aber wer eine Sekte gründet, hat oft eine gewisses Sendungsbedürfnis, verbunden mit viel Größenwahn. Wobei das bei dem Chilenen ein gradueller Prozess war. Auch ein religiöser Anführer ist nicht vom Himmel gefallen.

Gaete selbst kommt in Die Weltuntergangssekte des Antares de la Luz nicht zu Wort. Aus gutem Grund: Er ist seit über zehn Jahren tot. Nachdem sein Kult gesprengt wurde, fehlte ihm die Perspektive und er beging Selbstmord. Aber auch ohne direkte Aussagen des Gurus bekommt man gute Einblicke in dessen Wirken. Mehrere Menschen, die ihm folgten, erinnern sich an die gemeinsame Zeit und verraten dem Publikum, was genau vorgefallen ist. Vieles von dem kommt einem bekannt vor, die typischen Mechanismen wie Gehirnwäsche und Isolation von der Außenwelt kommen zum Einsatz. Wer etwa die Netflix Dokus Die dunkle Seite der Kirche La Luz del Mundo und Raël: Der Prophet der Außerirdischen gesehen hat, weiß bereits, wie das läuft. Die Inhalte und Orte mögen jedes Mal anders sein, die Tricks ähneln sich jedoch.

Schockierende Taten

Der spezielle Inhalt wird dabei bereits durch den Titel vorweggenommen. Es geht in Die Weltuntergangssekte des Antares de la Luz um einen dieser Kulte, die vor dem Ende der Welt warnen und dadurch die Menschen gefügsam machen. Der Hintergrund war eine Berechnung basierend auf dem Maya-Kalender, wonach alles am 21. Dezember 2012 vorbei sein sollte. Das sorgte seinerzeit für viel Hysterie, mit 2012 – Das Ende der Welt gab es sogar einen Spielfilm, der darauf Bezug nahm. Mehr als zehn Jahre später wissen wir natürlich alle, dass das Quatsch war. Damals gab es aber genügend Leute, die sich von dieser Prophezeiung anstecken ließen. Wenn man denkt, dass alles zu Ende gehen wird und einem jemand verspricht, nach der Apokalypse gerettet zu werden, kann man schon mal Sachen glauben, die unsinnig sind.

Darüber kann man sich natürlich lustig machen, wäre das Ganze nur nicht so tragisch. Da wurden Familien auseinandergerissen, Menschen haben sich hoffnungslos verschuldet und alles aufgegeben. Vor allem aber die blutigen späteren Taten, wenn Gaete jedes neue Leben als Ankunft Satans uminterpretierte, wird das Publikum vor den Kopf stoßen. Zuschauer und Zuschauerinnen, die mal wieder richtig schockiert sein wollen, finden hier einigen Anlass dazu. Glücklicherweise verzichtet man in Die Weltuntergangssekte des Antares de la Luz darauf, diese Szenen noch weiter ausschlachten zu wollen. Da werden keine voyeuristischen Tränenszenen eingebaut, keine manipulative Musik verwendet. Man vertraut der Geschichte, die auch ohne weiteres Zutun und trotz vieler bekannter Szenen in Erinnerung bleibt.