El Entusiasmo – Eine Geschichte des Übergangs

Für viele Länder und Kulturen markieren die 1960er und 1970er Jahre eine wichtige Phase des gesellschaftlichen und politischen Umbruchs. Motiviert durch verschiedene Faktoren und Ereignisse in der Welt, erhob sich in erster Linie die Jugend gegen das Establishment, vereint in einem Aufruf, dass es so nicht weitergehen könne und man dringend einen Wechsel benötigt. In zahlreichen Spielfilmen und Dokumentationen, Liedern und Büchern findet man heute die Geschichte dieser Zeit als ein Kapitel, was einen Einschnitt markiert, der entweder zu einer Veränderung führte oder schnell vom System wieder unterdrückt wurde. Was überlebt hat, ist nicht zuletzt das Gefühl aus dieser Zeit, das bis heute noch in den Menschen lebt, die diese Zeit mitgemacht haben und politisch aktiv waren. Gerade in der heutigen Zeit kann man Spuren dieses Aktivismus wieder sehen. In Spanien war diese Zeit in vielerlei Hinsicht besonders, denn sie markiert auch den Bruch mit der faschistischen Diktatur unter Franco, der 1975 verstarb. In seiner Dokumentation El entusiasmo aus dem Jahre 2018 erzählt Regisseur Luis E. Herrero von dieser aufwühlenden Zeit, ihrem Höhepunkt und ihrem Scheitern.

In den 70ern, so erinnert uns die Dokumentation, blickten die Augen der Welt auf Spanien, ein Land, das eine einmalige Chance hatte. Zensur und Unterdrückung, die vorher noch den Alltag der Menschen definierte, war auf einmal aufgehoben und alles schien auf einmal erlaubt zu sein, wie viele der Zeitzeugen, die Herrero für seinen Film interviewt, beschreiben. Mit einer wahren Fülle von Archivmaterial sowie Menschen, die in dieser Zeit politisch aktiv waren, erzählt El entusiasmo nicht nur vom Ablauf dieser wenigen Jahre, sondern auch vom Gefühl dieser Zeit, die einherging mit einem gesellschaftlichen Befreiungsschlag. Angefangen bei den unzähligen Streiks, dem Erstarken der C.N.T. (Confederacón Nacional del Trabajo, und den „libertären Tagen“, an denen sich der Enthusiasmus über einen gesamtgesellschaftlichen Wandel bündelte, beschreibt Herrero viele Stationen einer Zeit, die für viele Zuschauer Neuland sein durfte. El entusiasmo ist aber weit mehr als nur eine Geschichtsstunde, denn in den Bildern von Damals und den Berichten der Zeitzeugen ist ein unmissverständlicher Verweis auf die heutige Zeit und eine Warnung enthalten, wie leicht ein solches Gefühl verloren gehen kann, wenn das Establishment wieder Fuß gewinnt.

Neu leben

Was Luis E. Herrero in eine 79-minütige Dokumentation packt, ist schon erstaunlich und als Zuschauer wundert man sich bestimmt, ob man gerade wirklich das Geschehen von nur wenigen Jahren verfolgt hat. Das Ende der Franco-Zeit geht einher mit einer wahren Flutwelle von Bewegungen und Initiativen, die noch vor ein paar Monaten im Untergrund arbeiten mussten, nun aber gefordert sind, wenn es heißt, dass eine neue Gesellschaft her muss. Temporeich und gespickt mit beeindruckenden Aufnahmen aus der Zeit, bekommt man eine Ahnung von der Plötzlichkeit der Ereignisse. Allein die Aufnahmen von den „libertären Tagen“, einer Feier der Gegenkultur sowie eine Zusammenkunft der unterschiedlichen linkspolitischen Gruppierungen, erinnern an die Bilder des Woodstock Festivals. Die politischen Kundgebungen vervollständigen das Bild, wenn man nun bemerkt, welche Hoffnungen die Menschen an diese neue Zeit hatten, die so anders sein sollte als die vorher und es unmöglich machen sollte, dass eine Diktatur noch einmal Fuß fassen würde. Herrero spricht von diesem neuen Leben und Erleben, doch ebenso von den Momenten, als deutlich wurde, dass dies nur ein Moment sein würde und das Establishment sich das Narrativ über diese Zeit sichert. El entusiasmo ist eine beeindruckende und teils bewegende Dokumentation über den Versuch einer Neuordnung, die dann im Keim erstickt wurde.