Dokumentationen rund um das Thema Sport gibt es natürlich nicht zu knapp, da kommen jedes Jahr zahlreiche heraus. Oft haben diese dann irgendwelche Berühmtheiten zum Inhalt, Beckenbauer vor einigen Wochen etwa zollte der deutschen Fußball-Ikone Respekt. Auch das diese Woche im Kino startende Union – Die besten aller Tage bleibt beim deutschen Breitensport Nummer eins, dort ist es dann eben eine ganze Mannschaft, deren unglaubliche Erfolgsgeschichte im Mittelpunkt steht. Mit ähnlich großen Namen kann es das parallel startende Fitness California – Wie man die extra Meile geht nicht locken. Zumindest dürfte es nicht viele geben, denen Adolf Seger, Bernd Fleig und Mario Sabatini etwas sagen. Dabei haben auch sie Erfolge vorzuweisen, waren in den 1960ern und 1970ern beim Ringen aktiv und mischten vorne mit.
Sport bis ins hohe Alter
An der Stelle werden sich manche sicher fragen: Warum sollte mich das interessieren? Doch der Film ist mehr als der Rückblick auf Erfolge in einer Sportart, die ein eher kleines Publikum anspricht. So verweist Fitness California – Wie man die extra Meile geht zwar auf diese vergangenen Triumphe, sei es in den Erinnerungen der drei oder auch durch die Videos, die eingespielt werden. Vor allem aber erzählt der Dokumentarfilm, wie es mit den drei im Anschluss weitergegangen ist. Der Titel selbst ist dabei eine Referenz an das Fitnessstudio, welches Sabatini mit seiner Frau Dagmar gegründet hat. Dieses steht, anders als man bei dem Namen denken könnte, nicht in Kalifornien, sondern in Freiburg.
Diesem Studio stattet Regisseurin Nadine Zacharias dann auch einen Besuch ab. Dort, aber auch an anderen Stellen, dürfen die drei Herren zeigen, dass ihnen selbst im weit fortgeschrittenen Alter Sport noch wichtig ist. Es ist dabei durchaus faszinierend zuzusehen, wie sie sich noch immer darum bemühen, ihren jeweiligen Körpern Leistungen zu entringen. Wo andere in ihrer Position den Lebensabend in eher gemütlichen Positionen verbringen, da wird hier noch geschuftet, gekämpft, trainiert. Das ließe sich bestimmt auch als eine Art Aufmunterungsdoku verkaufen, die den Zuschauern und Zuschauerinnen vorführt, dass man sehr wohl noch etwas leisten und Ziele haben kann, vergleichbar zu diversen Best-Ager-Spielfilmen der letzten Jahre – siehe etwa Britt-Marie war hier oder Book Club: Ein neues Kapitel.
Für Fans menschlicher Geschichten
Zwischendurch wird es aber auch sehr nachdenklich, wenn die drei den Blick zurückschweifen lassen. Beispielsweise kommt auch Martin Fleig zu Wort, der Sohn einer der Sportler, der mit einer schweren körperlichen Behinderung auf die Welt kam. Die Vorliebe für den Sport hat er dabei aber vom Vater gelernt, suchte sich seinen eigenen Weg, um an diesem teilzuhaben und sich austoben zu können. Auch an der Stelle hat Fitness California – Wie man die extra Meile geht etwas Aufmunterndes: Aufgeben gilt nicht, es gibt immer einen Weg, selbst wenn dieser am Anfang vielleicht nicht zu erkennen ist. So etwas kann schnell kitschig oder voyeuristisch werden. Hier ist der Ton aber neutral, anstatt dem Publikum wirklich eine Meinung vorgeben zu wollen.
Der Dokumentarfilm, der unter anderem auf dem DOK.fest München 2023 zu sehen war, wechselt auf diese Weise zwischen dem Alltäglichen und dem Besonderen, ist individuell und bietet doch auch Anknüpfungspunkte fürs Publikum. Natürlich muss man schon eine Vorliebe oder zumindest ein Interesse für menschliche Geschichten haben. Auch wenn es in Fitness California – Wie man die extra Meile geht die Themen gibt, die über das Einzelschicksal hinausgehen, der Film ist keiner, bei dem man wirklich etwas „lernt“. Wer das gar nicht braucht und schlichtweg Spaß dabei hat, andere Menschen kennenzulernen, und sei es aus dritter Hand, sollte diesen Titel ins Auge fassen.
OT: „Fitness California“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Nadine Zacharias
Drehbuch: Nadine Zacharias
Musik: Sebastian Scheipers
Kamera: Nicu Mihailescu
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