Als im Jahr 2200 auf dem Mars eine Robotikstudentin spurlos verschwindet, werden Privatdetektivin Aline Ruby und Android Carlos Rivera beauftragt, diese ausfindig zu machen. Einfach ist das nicht. Zum einen sind sie nicht die einzigen, die hinter der jungen Frau her sind. Zum anderen haben die beiden einiges an Gepäck, das sie mit sich herumtragen. Dabei drängt die Zeit. Aus einem ungeklärten Grund fangen Roboter an, sich von den ihnen einprogrammierten Regeln zu lösen. Geschieht das erst einmal, können sie Verbrechen begehen, sogar Menschen töten. Beispiele dafür hat es zuvor gegeben. Aber wie kommt es zu dieser Entwicklung? Und wie lässt sie sich noch aufhalten?
Klassischer Noir trifft Science-Fiction
Auch wenn andere Animationsfilme kommerziell erfolgreicher waren, ist es doch beachtlich, welchen Lauf letztes Jahr Robot Dreams und Mars Express hatten. Und auch wie ähnlich dieser Lauf war. Beide feierten sie in Cannes Premiere. Im Anschluss waren sie oft auf denselben Filmfestivals zu Gast: Ob nun Annecy, das Fantasy Filmfest oder Oldenburg, sie traten so oft im Doppel auf, dass man daraus ein Double Feature hätte machen können. Zumal es auch inhaltliche Gemeinsamkeiten gibt. In beiden Fällen stehen zwei Figuren im Mittelpunkt, von denen eine ein Roboter ist. Und doch gibt es natürlich offensichtliche Unterschiede. Während die Adaption eines Kindercomics ein freundlich-nostalgischer Film, ist hier der Blick in die Zukunft gerichtet. Eine nicht sehr erfreuliche Zukunft.
Dabei hat die Menschheit in den rund zweihundert Jahren einiges erreicht. Sie hat den Mars besiedelt und Androiden gebaut, die uns nicht nur sehr ähnlich sehen, sondern auch auf uns basieren können. So erfahren wir irgendwann, dass Carlos eigentlich ein Mensch war, er aber nach seinem Tod als Roboter rekonstruiert wurde. Aline wiederum ist ein Mensch, hat dafür mit einer Alkoholsucht zu kämpfen. Momentan ist sie zwar trocken. Aber was heißt das schon, wenn man als Privatdetektivin unterwegs ist? Die Motive, welche Mars Express da verwendet, sind natürlich nicht neu. Der Film verneigt sich einerseits von Noir-Krimis, aber eben auch vor Science-Fiction-Größen. Gerade der Vergleich zu Ghost in the Shell drängt sich auf, dem Anime-Klassiker, der Action mit existenziellen Fragen um künstliches Leben verknüpfte.
Atmosphärisch und aufregend
Während der japanische Kollege jedoch sehr betont über all das nachdachte, gibt sich die französische Produktion da zurückhaltender. Viele Themen und Konzepte werden eher beiläufig angesprochen. Da sind Fragen zu den Rechten künstlicher Intelligenzen, eine Kapitalismuskritik darf nicht fehlen, dazu gibt es das Spiel mit Identitäten. Nichts davon ist wirklich neu. Aber es gelingt in Mars Express sehr gut, diese verschiedenen Elemente miteinander zu verbinden und das am Ende auch natürlich wirken zu lassen. Wo man bei manchen solcher Zukunftsvisionen das Gefühl hat, dass da nur eine Checklist abgearbeitet wird, fühlt sich diese hier trotz der futuristischen Inhalte sehr real an. Regisseur und Co-Autor Jérémie Périn, der nach mehreren Serien hiermit sein Langfilmdebüt gegeben hat, gelingt es auf wunderbare Weise, eine Welt zu entwerfen, die bekannt und doch aufregend ist.
Visuell ist der Film ebenfalls geglückt. Die Settings sind zwar nicht übermäßig detailliert ausgefallen, teilweise ist das schon ziemlich leer. Es wurde dafür aber atmosphärisch umgesetzt, auch durch den Einsatz von Farben. Wo andere Werke wie eben Ghost in the Shell oder auch Blade Runner betont düstere, teils heruntergekommene Orte erschaffen, da ist die Welt hier nicht automatisch dystopisch. Vieles ist sauber und makellos. Nur dass diese Fassade ihren Preis hatte, den die Menschheit nun bezahlen muss. Das Ergebnis ist sehenswert, sowohl in den actionreichen wie den ruhigen Momenten. Gerade das Ende von Mars Express wirkt dann auch länger nach, geht stärker zu Herzen, als man es bei einem solchen Szenario vielleicht erwartet hätte.
OT: „Mars Express“
Land: Frankreich
Jahr: 2023
Regie: Jérémie Périn
Drehbuch: Jérémie Périn, Laurent Sarfati
Musik: Fred Avril, Philippe Monthaye
Ihr wollt mehr über den Film erfahren? Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Regisseur und Co-Autor Jérémie Périn zu unterhalten. Im Interview zu Mars Express sprechen wir über die Arbeit an dem Film, düstere Zukunftsvisionen und künstliche Intelligenz.
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
César | 2024 | Bester Animationsfilm | nominiert | |
Prix Lumières | 2024 | Bester Animationsfilm | nominiert |
Cannes 2023
Annecy 2023
Fantoche 2023
Fantasy Filmfest 2023
Filmfest Oldenburg 2023
Sitges 2023
International Filmfestival Rotterdam 2024
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