Mit zitternden Händen

Seit vielen Jahren sind Billy (Yasir Hassan) und Dogge (Olle Strand) eng miteinander befreundet, unternehmen alles zusammen, obwohl sie aus sehr unterschiedlichen Familien stammen. Und so kommt es dann auch, dass sie beide gemeinsam eine kriminelle Laufbahn einschlagen. Die Aussicht auf das schnelle Geld und der Nervenkitzel führen dazu, dass die beiden Jugendlicher sich Banden anschließen, die zunehmend die Gegend unsicher machen. Dass sie quasi noch Kinder sind, stört niemanden, sie werden trotzdem rekrutiert. Doch je tiefer sie in die Geschichte hineingezogen werden, umso gefährlicher wird es für sie – bis es zu einer Katastrophe kommt …

Harter Stoff aus Schweden

Nachdem es letzte Woche auf Netflix eher etwas ruhig zuging, wird diese wieder aus allen Rohren geschossen. Gerade Fans von Genrebeiträgen werden dabei umfangreich bedient. Da ist beispielsweise das historische Abenteuer Briganti: Das Gold des Südens, bei dem italienische Rebellen gegen die Obrigkeit kämpfen und ein Schatz gesucht wird, wofür man schon einmal über Leichen geht. Auch in der japanischen Actionkomödie City Hunter nach dem gleichnamigen Hitmanga geht es ordentlich zur Sache, wenn ein ungleiches Duo einen Mörder jagt. Besonders düster geht es aber bei der schwedischen Produktion Mit zitternden Händen zu, das uns mit in die dortige Unterwelt nimmt und von der Gewalt auf der Straße berichtet.

Solche Geschichten gibt es natürlich nicht zu knapp. Doch die Adaption des gleichnamigen Romans von Malin Persson Giolito (Quicksand – Im Traum kannst du nicht lügen) unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von dem, was wir in dem Genre oft zu sehen bekommen. Einer davon ist, dass im Mittelpunkt zwei Jugendliche stehen, die eigentlich noch Kinder sind. Das macht Mit zitternden Händen wirkungsvoller als viele Genrebeiträge. Wenn Menschen so früh schon auf die schiefe Bahn geraten, geht das nicht spurlos an einem vorbei. Vor allem, wenn das derart schockierende Ausmaße annimmt. Dass ein 14-Jähriger seinen besten Freund erschießt, das ist schon harter Tobak. Vergleichbar zur britischen Serie Rentierbaby neulich ist die schwedische ein Tiefschlag, der so lange nachhallt, dass man erst einmal nicht mehr nach draußen gehen möchte.

Die Frage nach dem „warum“

Und noch etwas haben die beiden Serien gemeinsam: Sie verzichten auf eine chronologische Erzählung. So beginnt Mit zitternden Händen damit, dass Dogge Billy erschossen hat. Was bei anderen Thrillern das Ende der Geschichte ist, wird hier direkt an den Anfang gestellt. Manche wird das vielleicht irritieren. Und doch funktioniert das gut. Wo man sonst meistens dranbleibt, um zu erfahren, wie das Ganze endet, ist hier umgekehrt die Vorgeschichte Mittelpunkt der Handlung. Ähnlich zu einem Krimi geht es darum herauszufinden, was warum geschehen ist. Auf den Whodunnit-Part, bei dem herausgefunden werden muss, wer das Verbrechen begangen hat, wird verzichtet. Die Frage nach der Motivation ist alles bestimmend. Wie kommt man dazu, den Freund zu erschießen? Was hat ihn dazu gebracht?

Dabei geht es nicht allein um den konkreten Fall. Mit zitternden Händen ist sowohl die Geschichte einer persönlichen Tragödie wie auch eine Art Gesellschaftsporträt. Überwiegend betrifft das natürlich die Parallelgesellschaft der Straßenbanden. Doch diese lebt nicht losgelöst von dem Rest der Welt, da kommt es zu Verbindungen und Begegnungen. Und weiteren Tragödien: Die schwedische Serie ist schon sehr düster, lässt einen zunehmend desillusioniert zurück. Zumal es keinen Ausweg aus allem gibt. Hoffnungsschimmer sind Mangelware, der Versuch, diesen mal eingeschlagenen Weg wieder hinter sich zu lassen, macht alles nur noch schlimmer. Das ist dann zwar alles nicht neu oder originell. Sehenswert ist das Thrillerdrama aber schon.