Der Schock ist groß, als die Leiche der 8-jährigen Inka Werner (Merle Staacken) in einer Kleingartenanlage gefunden wird. Bis zuletzt hatte man gehofft, das verschwundene Mädchen wäre noch am Leben. Vergeblich. Nun liegt es an den Kommissaren Michael Lehmann (Peter Schneider) und Henry Koitzsch (Peter Kurth), den Mordfall aufzuklären und den Täter zu finden. Dabei gerät auch der Mathematiklehrer Herr Krein (Sascha Nathan) in Verdacht. Schließlich soll der ein besonders enges Verhältnis zu den Kindern haben, auch außerhalb des Klassenzimmers. Seine Wohnung ist vollgestopft mit Plüschtieren, was vielen irgendwie unheimlich ist. Während die beiden Polizisten noch anderen Spuren nachgehen, sind andere bei ihrem Urteil deutlich schneller …
Unheimlich oder tragisch?
Da sich der Polizeiruf 110 den Sendeplatz mit dem Tatort teilen muss und im Vergleich zu diesem etwas stiefmütterlich behandelt wird, dauert es oft ein wenig mit dem Nachschub. Mit Diebe und Schweine gab es bislang gerade einmal zwei neue Filme in diesem Jahr. Jetzt folgt mit Der Dicke liebt ein dritter. Die Freude der Fans ist groß, zumal dies auch ein Wiedersehen mit Lehmann und Koitzsch bedeutet. Die gaben im Mai 2021 ihr Debüt mit dem sehr guten An der Saale hellem Strand. Seither war Warten angesagt, knapp drei Jahre dauerte es, bis mit Der Dicke liebt ein weiterer Fall mit den beiden ausgestrahlt wird. Das ist eine so lange Wartezeit, dass nicht wenige vergessen werden, dass es überhaupt einen Film mit dem Duo aus Halle (Saale) gab.
Die lange Wartezeit war es aber wert. Zwar kann es der zweite Auftritt der beiden nicht ganz mit den ersten aufnehmen. Sehenswert ist er aber. Erneut nehmen Regisseur Thomas Stuber und sein Co-Autor Clemens Meyer, die schon beim letzten Mal federführend waren, einen Mordfall zum Anlass, um sich bei Polizeiruf 110: Der Dicke liebt die Menschen und ihre Geschichten genauer unter die Lupe zu nehmen. Während An der Saale hellem Strand jedoch zu einem Kaleidoskop wurde, wenn die unterschiedlichsten Schicksale beleuchtet wurden, da ist dieses Mal Krein im Mittelpunkt des Interesses. Wenn er mit seinen Plüschtierhorden zusammenlebt und Kinder besonders gern hat, weiß man gar nicht, ob man ihn nun unheimlich oder tragisch finden soll. Beides vermutlich. Dass andere ihn schnell zum Täter erklären, verwundert nicht wirklich.
Ein Krimi als Tiefschlag
Eingebettet ist diese Figur in ein Umfeld, das ebenfalls als traurig bezeichnet werden darf. Vieles hier wirkt trostlos, selbst die freundlichen Farben der Gebäude helfen da nichts mehr. Alles hier ist schwermütig, müde, ohne echte Perspektive. Polizeiruf 110: Der Dicke liebt wird zwar nicht ganz so melancholisch wie der direkte Vorgänger, der bei seinen nächtlichen Ermittlungen das Innerste nach außen kehrte. Verloren wirken die Menschen aber auch hier. Dabei hat der Film erneut eine poetische Note, ist immer ein wenig entrückt, selbst dann wenn der Dreck des Alltags durchwühlt wird. Daran hat auch die Musik ihren Anteil, die manche sicherlich als unpassend empfinden werden.
Eindruck hinterlässt der Film auch durch das Ende, das zu einem richtigen Tiefschlag wird. Klar, bei einem Krimi, der mit der Leiche eines Kindes beginnt, erwartet niemand, am Ende glücklich zu sein. Bei Polizeiruf 110: Der Dicke liebt legt man es aber besonders darauf an, dass man sich im Anschluss schlecht fühlen wird. Das muss man nicht mögen. Wer den Sonntagabendkrimi in erster Linie als Möglichkeit zum Abschalten begreift, sollte sich das mit dem Einschalten vielleicht noch einmal überlegen. Der Rest findet einen Genrebeitrag, der einem wirklich nahegehen kann, auf mehreren Ebenen, und einen in einer Mischung aus freudiger Erwartung und Angst zurücklässt, was sie wohl beim nächsten Ausflug nach Halle ausbuddeln werden – was dann hoffentlich nicht wieder drei Jahre dauert.
OT: „Polizeiruf 110: Der Dicke liebt“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Thomas Stuber
Drehbuch: Thomas Stuber, Clemens Meyer
Musik: Bert Wrede
Kamera: Nikolai von Graevenitz
Besetzung: Peter Kurth, Peter Schneider, Sascha Nathan, Susanne Böwe, Romy Miesner, Merle Staacken, Jona Levin Nicola, Florian Geißelmann, Andreas Leupold
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