Eigentlich sollte sich Nora Kaminski (Tanja Wedhorn) ja schonen, schließlich ist sie im dritten Monat schwanger. Doch angesichts der dünnen Personaldecke im Krankenhaus hat sie keine wirkliche Möglichkeit sich zurückzuziehen. Aktuell macht ihr vor allem der Fall um die Schauspielerin Jen (Anne-Marie Lux) zu schaffen, die sich bei einem Reitunfall verletzt hat. Denn die ist seit dem Krebstod ihrer Mutter in großer Sorge, dass sie selbst krank werden könnte, weshalb sie lieber früher als später wieder aus dem Krankenhaus will. Gleichzeitig steht Nora privat vor einer schwierigen Entscheidung, die sie und ihre Freund Max Jensen (Bernhard Piesk) treffen müssen. Sollen sie eine Pränataldiagnostik durchführen lassen? Und wenn ja, was wollen sie tun, sollte ihr Kind tatsächlich eine Behinderung aufweisen?
Das Trauma der Krankheit
Und weiter geht es mit Praxis mit Meerblick. Letzte Woche wurde die neue Staffel des ARD-Dauerbrenners mit Kleine Wunder begonnen, bei dem es um eine Frau mit rätselhaften Symptomen und ihren esoterischen Freund ging. Die Einschaltquoten waren mit knapp 4,2 Millionen Zuschauer und Zuschauerinnen ordentlich, der 19. Teil war der erfolgreichste seit zwei Jahren. Nun geht es mit Die Kämpferin nahtlos weiter, es ist der zweite von insgesamt vier Teilen, die im wöchentlichen Abstand ausgestrahlt werden. Wie üblich gibt es dabei eine Mischung aus fortlaufenden Geschichten, etwa der Schwangerschaft, die vergangene Woche eingeführt wurde, und einem Fall, der auf eine Episode beschränkt ist.
Wobei Drehbuchautor Marcus Hertneck sogar zwei Fälle in petto hat. Der prominenter platzierte von beiden ist der um die junge Schauspielerin, die panische Angst davor hat krank zu sein. So etwas kann komisch sein, immer mal wieder arbeiten Komödien mit dem Motiv des Hypochonders. Praxis mit Meerblick: Die Kämpferin verbindet dies jedoch mit einem Trauma. Mitansehen zu müssen, wie die Mutter sich gequält hat und langsam ihrem Ende entgegenging, hat Jen derart erschrocken, dass sie lieber den Kopf in den Sand steckt. Ein bisschen schwingt in dieser Geschichte auch der Druck mit, den man in einem freiberuflichen, künstlerischen Bereich hat. Die junge Frau kann es sich gar nicht leisten, wegen einer Krankheit oder einer Behandlung auszufallen.
Ernste Themen, aber eher oberflächlich
Dazu gibt es noch den zweiten Strang um Max, der seiner Ex Bianca Vogler (Katharina Heyer) über den Weg läuft, die wie er im Bereich Architektur tätig ist. Das sieht ein bisschen nach Seifenoper-Dramatik aus, wird später aber düsterer. Ganz klar ist nicht, warum diese Geschichte unbedingt in den Film musste. Zwar passt es insofern, weil es zwischendurch um die Beziehung von Nora und Max geht. Der Strang führt in Praxis mit Meerblick: Die Kämpferin aber zu nichts. Es ist auch nicht so, als würden wir dadurch mehr über das Paar erfahren, da der Konflikt zwar angedeutet wird, danach aber gleich wieder fallengelassen wird. Das wirkt dann eher wie Füllmaterial, um irgendwie auf die anderthalb Stunden zu kommen.
Schlecht ist der Film deswegen aber nicht. Er ist eigentlich sogar ziemlich ordentlich. So ist das Schauspiel beispielsweise ganz ansehnlich. Die ernsten Themen werden nicht zu sehr ausgeschlachtet, sondern zwischendurch auch mal durch humorvolle Momente aufgelockert. Außerdem spricht Praxis mit Meerblick: Die Kämpferin einige Punkte an, über die man tatsächlich diskutieren kann und soll. Das betrifft gesellschaftliche Fragen, wenn das Gesundheitssystem hinten und vorne am mangelnden Geld scheitert. Aber auch die sehr individuelle Entscheidung, ob man bei einem Kind, das mit einer geistigen Behinderung auf die Welt kommen würde, abtreiben möchte oder nicht, ist immer aktuell – siehe derzeit den Streit um eine potenzielle Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Die Diskussionen kommen nur nie sehr weit, Freitagabend darf man da keine Wunder erwarten.
OT: „Praxis mit Meerblick: Die Kämpferin“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Jan Růžička
Drehbuch: Marcus Hertneck
Musik: Jan Janssons
Kamera: Florian Foest
Besetzung: Tanja Wedhorn, Benjamin Grüter, Morgane Ferru, Anne Werner, Patrick Heyn, Bo Hansen, Petra Kelling, Bernhard Piesk, Michael Kind, Tina Amon Amonsen, Anne-Marie Lux, Hanna Plass, Katharina Heyer
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