Rentierbaby Baby Reindeer Netflix Streamen online
© Netflix/Ed Miller
Rentierbaby Baby Reindeer Netflix Streamen online
„Rentierbaby“ // Deutschland-Start: 11. April 2024 (Netflix)

Inhalt / Kritik

Donny (Richard Gadd) hat einen Traum: Er möchte als Comedian richtig durchstarten! Bislang hält sich der Erfolg aber in Grenzen, seine Auftritte treffen auf eher weniger Resonanz. Und so bleibt ihm nichts anderes übrig, als weiterhin in dem Pub hinterm Tresen zu stehen. Eines Tages macht er dabei die Bekanntschaft von Martha (Jessica Gunning), die nur schnell etwas trinken möchte. Immer wieder kommt sie in Folge vorbei, aus der Zufallsbekanntschaft wird mit der Zeit mehr. Doch was für Donny eher freundschaftlich gemeint war, wird für Martha zu einem Lebensinhalt. Seine Versuche, sich aus dieser Umklammerung zu lösen, hat aber den gegenteiligen Effekt. Auf einmal wird er rund um die Uhr von ihr verfolgt …

Sprunghafte Eigentherapie

Ein bisschen kurios ist es ja schon, dass Netflix quasi gleichzeitig zwei Titel ins Programm aufnimmt, die etwas mit Rentieren zu tun haben – losgelöst von Weihnachten wohlgemerkt. Die Geschichten könnten dabei unterschiedlicher nicht sein. Auf der einen Seite die Romanadaption Das Leuchten der Rentiere, bei der es um die Konflikte zwischen den Menschen einer schwedischen Kleinstadt und dem indigenen Volk der Samen geht. Rentierbaby wiederum spielt in Großbritannien. Dort gibt es zwar auch Konflikte. Doch während bei dem skandinavischen Beitrag dieser beständig eskaliert, ist das hier deutlich sprunghafter. Und das auf einer Reihe von Ebenen, wenn die Serie so viele Haken schlägt, bis man gar nicht mehr weiß, wo der eigene Kopf ist.

Das betrifft beispielsweise die Erzählstruktur. Grundsätzlich wird Rentierbaby zwar schon chronologisch erzählt. Das meiste davon geschieht jedoch innerhalb eines Flashbacks. So beginnt die Geschichte damit, dass Donny bei der Polizei ist und die Stalkerin anzeigen will, ein Wendepunkt in seiner Lebensgeschichte. Doch neben diesem Haupt-Flashback gibt es später noch einen weiteren, der völlig aus dem Nichts kommt. Er hat zunächst auch nichts mit der eigentlichen Handlung zu tun, zumindest denkt man das. Erst später wird deutlich, dass es doch Zusammenhänge gibt. Hier hängt ganz vieles miteinander zusammen, auch wenn nicht klar ist wie und warum. Dafür ist das Ganze zu chaotisch. Soll es aber auch: Hauptdarsteller Richard Gadd und Drehbuchautor, auf dessen Bühnenstück die Serie basiert, versucht hier seine eigenen Erfahrungen zu verarbeiten. Und die haben es in sich.

Unterhaltsam, spannend, herzzerreißend

Das geht mit recht krassen Wechseln in der Tonalität einher. Und auch das Genre ändert sich mehrfach. Wenn man bei der Serie so unterschiedliche Einteilungen wie Drama, Komödie oder Thriller liest, dann hat das seine Berechtigung. Rentierbaby ist all das, mal gleichzeitig, mal nacheinander. Das ist schon ein wenig gewöhnungsbedürftig, wird manche vielleicht sogar überfordern. Zumal auch die Figuren nicht ganz klar gezeichnet sind. Sowohl bei Donny wie auch Martha darf man regelmäßig die eigene Meinung ändern, wenn sie jeweils gute wie schlechte Momente haben. Natürlich ist Martha die Antagonistin. Sie hat aber auch positive Eigenschaften. Umgekehrt ist Donny das Opfer, sogar in mehrfacher Hinsicht, hat gleichzeitig aber seinen Anteil am Verlauf der Geschichte.

Das Ergebnis ist unterhaltsam, phasenweise sehr spannend, aber auch herzzerreißend bis schockierend, wenn lauter kaputte Leute aufeinandertreffen, die sich mal Halt geben, mal in den Abgrund reißen. Rentierbaby befasst sich mit dem Chaos des Zwischenmenschlichen, fasst eine Reihe von heißen Themen an, ohne dabei aber je zu verurteilen oder aufdringlich zu moralisieren. Vielmehr überlässt es Gadd dem Publikum, seine eigenen Schlüsse zu ziehen, einen eigenen Weg durch das Labyrinth zu suchen, durch das die Figuren hier irren. Viel schlauer mag man am Ende nicht sein, wenn nach sieben Folgen der Vorhang fällt. Aber es ist eine Vorstellung, die man im Anschluss so schnell nicht wieder vergisst, zumal es kurz zuvor noch einmal einen Tiefschlag gibt. In der Flut an neuen Serien, die Netflix zuletzt hatte, ist das hier eine der besten, wenn es gleichzeitig völlig absurd und doch sehr menschlich wird.

Credits

OT: „Baby Reindeer“
Land: UK
Jahr: 2024
Regie: Weronika Tofilska, Josephine Bornebusch
Drehbuch: Richard Gadd
Musik: Evgueni Galperine, Sacha Galperine
Kamera: Annika Summerson, Krzysztof Trojnar
Besetzung: Richard Gadd, Jessica Gunning, Nava Mau, Tom Goodman-Hill

Bilder

Trailer

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fazit
Wenn „Rentierbaby“ von einem Möchtegern-Comedian erzählt, der von einer Frau gestalkt wird, schwankt das zwischen Drama, Komödie und Thriller. Und auch sonst ist die autobiografisch gefärbte Serie ein Wechselbad der Gefühle, wenn es tief in die Abgründe hineingeht, wo auf einmal nichts mehr klar ist. Das wird manche überfordern und ist doch eine der besten Serien der letzten Zeit.
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