Im Jahr 2037 ist Norwegen eines der begehrtesten Länder der Welt: Es ist reich, verfügt über genügen Energieressourcen, um sich allein zu versorgen, auch im Hinblick auf die Ernährung ist man autark. Entsprechend groß ist der Andrang aus dem Ausland, von überall her kommen Leute, um an dem Reichtum teilhaben zu können. Als Folge hat sich das Land abgeschottet, Ministerpräsident Grieg Amund Heyerdahl (Tobias Santelmann) und seine Partei haben strenge Regeln aufgestellt, die erfüllt werden müssen, um die Grenze passieren zu dürfen. Der Engländer Charlie Oldman (Russell Tovey) ist einer der Glücklichen, die es geschafft haben und probeweise ins Land dürfen. Kurze Zeit später kommt es jedoch zu einer Reihe von rätselhaften Vorfällen, welche die Wissenschaftlerin Selome Emnetu (Selome Emnetu) vor große Herausforderungen stellen …
Die Zukunft der Migration
Unter den vielen Reizthemen, welche die Menschheit derzeit beschäftigen, gehört es sicherlich zu den größten: Migration. Nachdem es einige Jahre wieder recht ruhig darum geworden war, haben Stammtische und Politik dieses wieder ausgegraben, plötzlich wird überall darüber geredet. Das geht natürlich auch an Kino und dem Fernsehen nicht spurlos vorbei. Da war beispielsweise Green Border, das sich kritisch mit dem menschenverachtenden Umgang an den Grenzen auseinandersetzte. Deutlich optimistischer zeigt sich der deutsche Beitrag Sieger Sein, bei dem ein Mädchen aus Syrien sein Fußballtalent zeigen darf. Optimistisch geht es auch in der ARD-Serie The Fortress los, wenn es darum geht, dass es Menschen endlich über die Grenze schaffen.
Pikant dabei: Hier sind es mal keine Leute aus Syrien oder Afghanistan, die es nach Europa verschlägt. Vielmehr wird ausgerechnet ein Brite zum Symbol einer Einwanderungswelle, also der Vertreter eines Landes, das selbst niemanden mehr reinlassen wollte. Das ist nur eines von mehreren Beispielen, wie sich The Fortress ein drängendes Thema aus der realen Welt nimmt, es weiterdenkt oder auf den Kopf stellt. Denn nicht nur Migration spielt eine große Rolle bei der norwegisch-deutschen Produktion. Auch Krankheiten, Pandemien und Impfstoffe werden verarbeitet. COVID-19 wird referenziert, selbst wenn das Jahrhundertereignis in diesem Szenario bereits 15 Jahre zurückliegt. Aber dafür darf eine andere Krankheit ihren Platz einnehmen.
Böse Regierung
Zunächst ist es ein wenig verwirrend, wie da völlig verschiedene Sachen zusammengeworfen werden. Letzten Endes dient aber auch die neue Krankheit letztendlich dazu, das restriktive Einwanderungssystem anzuprangern, das von der Politik gefeiert wird. Als wären die Maßnahmen der Zwangsarbeit nicht schon fragwürdig genug, mit denen die Ankömmlinge ihren Wert beweisen müssen, dürfen sie noch als Sündenböcke fungieren, um vom eigenen Versagen in der Gesundheitssache abzulenken. Das darf einem bekannt vorkommen, soll es auch. The Fortress mag zwar in einer nahen Zukunft spielen und baut immer mal wieder Science-Fiction-Elemente ein. Die Grundlage ist aber doch sehr aktuell, teils mit einer sehr langen Tradition.
Richtig originell ist das Ergebnis dann nicht. Die Idee von geheimen Machenschaften der Regierung, die zum Machterhalt notfalls über Leichen geht, ist nicht gerade neu. Aber es funktioniert. Die perfide Situation sorgt für Entsetzen, zumindest phasenweise darf man auch gespannt sein, wie es weitergeht. The Fortress lädt zudem zum Diskutieren ein, sowohl zum Thema selbst wie allgemein einem menschenwürdigen Umgang. Zwar ist die Serie in vielerlei Hinsicht nicht gerade subtil, da werden einige klare Feindbilder bedient. Andere Stellen sind dafür ambivalenter, wenn nicht mehr eindeutig ist, was richtig und was falsch ist oder auch was man von manchen Figuren halten soll, die vielleicht mit guten Absichten gestartet sind – bis alles irgendwie in sich zusammenbrach.
OT: „Festning Norge“
Land: Norwegen, Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Cecilie Mosli, Mikkel Brænne Sandemose
Drehbuch: Linn-Jeanethe Kyed, John Kåre Raake
Musik: Ginge Anvik
Kamera: Lars Vestergaard, Anna Myking
Besetzung: Selome Emnetu, Tobias Santelmann, Russell Tovey, Eili Harboe, Rebecca Nystabakk, Dominic Allburn, Samuel Eide, Nina Yndis, Morten Svartveit, Trond Høvik, Alexandra Gjerpen, Elvinas Juodkazis
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