Der Schock ist groß bei Andy Jones (Stephen Graham), als er erfährt, dass sein Restaurant durch die Gesundheitsbehörde nach einer Inspektion abgestuft wurde. Denn diese hat ergeben, dass es offensichtlich Mängel im Ablauf gibt. Nach dem Zwischenfall ist die Stimmung erhitzt. Zeit für Streitigkeiten bleibt aber nicht, schließlich kommen bereits die ersten Gäste. Da muss alles wie am Schnürchen laufen, weiteren Ärger kann niemand gebrauchen. Umso mehr, da sich unter den Gästen auch Andys früherer Chef Alastair Skye (Jason Flemyng) und die Restaurantkritikerin Sara Southworth (Lourdes Faberes) befinden werden. Und als wäre das nicht alles schon nervenaufreibend genug, läuft auch privat einiges schief in seinem Leben, was ihn immer wieder aus der Bahn zu werfen droht …
Der Ausnahmezustand als Alltag
In den letzten Jahren hat es eine Reihe von Filmen gegeben, welche sich mit Luxusrestaurants und Spitzenköchen beschäftigen. Da war die starbesetzte Thrillerkomödie The Menu über ein ganz besonderes Event mit einer bösen Überraschung. Deutlich lebensbejahender war das auf einer wahren Geschichte basierende Drama Sterne zum Dessert, in dem sich ein junger Mann aus schwierigen Verhältnissen einen Traum erfüllt. Mit Yes, Chef! erscheint nun ein weiterer Film bei uns, der in diesem thematischen Umfeld spielt. Dieser ist eigentlich schon ein paar Jahre alt, lief damals aber auf mehreren Festivals und war für diverse Preise im Rennen.
Tatsächlich ist es auch ein Glück, dass der Film doch noch den Weg in den deutschen Handel gefunden hat. Im Grunde ist die Geschichte der britischen Produktion recht simpel. Regisseur und Co-Autor Philip Barantini, der als Schauspieler angefangen hat, baute hier seinen Kurzfilm Boiling Point zu einem Langfilm aus. Inspiration waren dabei eigene Erfahrungen, die er in Restaurants gesammelt hat. Dass Yes, Chef! aus dem Nähkästchen plaudert, nimmt man dem Film auch durchaus ab. So geht es in den rund anderthalb Stunden zwar gut zur Sache, ständig passiert etwas. Gäste beschweren sich, es gibt einen Zwischenfall, der auf eine Nachlässigkeit zurückgeht. Das wirkt aber im Großen und Ganzen nicht übertrieben, der Ausnahmezustand ist da eher Alltag.
Rastlos und schnittlos
Was die Sache so spannend macht, ist die Inszenierung. Genauer wählte Barantini einen One-Shot-Zugang, drehte also den gesamten Film ohne sichtbare Schnitte, was für eine konstante Rastlosigkeit sorgt. Damit ist er natürlich nicht der erste, auch hierfür gab es in den letzten Jahren mehrere Beispiele. Naheliegend ist etwa der Vergleich mit Medusa Deluxe, wo wir einer Reihe von Leuten folgen, die an einem Friseurwettbewerb teilnehmen und einen Mord aufklären. Eine Leiche gibt es in Yes, Chef! nicht, selbst wenn der Film zuweilen als Thriller bezeichnet wird. Letzteres ist aber eher der angespannten Situation zu verdanken, weniger einer tatsächlichen Gefahr. Das Ende einer Karriere, so verheerend dies auch wäre, ist dann doch noch einmal etwas anderes. Man sollte da deshalb keine falschen Erwartungen haben.
Und doch ist das sehenswert. Auch wenn Andy nicht unbedingt ein Sympathieträger ist, nimmt man doch Anteil daran, wie er versucht, sich irgendwie durch den Wahnsinn zu schlagen und heil wieder rauszukommen. Zumal man durchaus ahnt, dass er teils durch die Arbeit und den konstant hohen Druck zu dem wurde, der er ist. Wie andere Filme und Serien zu dem Thema lehrt einen Yes, Chef!, einen anderen Blick auf das Geschehen in Restaurants zu werfen und mehr Verständnis zu entwickeln für die Menschen, die dort arbeiten. Nur dass dies nicht als ruhiges Sozialdrama geschieht, sondern als Spannungskino, das die diversen Hintergründe zwischen Tür und Angel herausholt, während die Leute versuchen, die unterschiedlichsten Sachen zu balancieren – real wie im übertragenen Sinn.
OT: „Boiling Point“
Land: UK
Jahr: 2021
Regie: Philip Barantini
Drehbuch: Philip Barantini, James Cummings
Musik: Aaron May, David Ridley
Kamera: Matthew Lewis
Besetzung: Stephen Graham, Vinette Robinson, Alice Feetham, Hannah Walters, Malachi Kirby, Taz Skylar, Lauryn Ajufo, Daniel Larkai, Lourdes Faberes, Jason Flemyng, Ray Panthaki
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