Zwischen uns der Fluss
© Michael Klier Film / Peter Zach

Zwischen uns der Fluss

„Zwischen uns der Fluss“ // Deutschland-Start: 18. April 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Bei ihrem Kampf für die Umwelt kennt die aus einer vermögenden Familie kommende Alice (Lena Urzendowsky) keine Scheu, schlägt schon mal über die Stränge, wenn es für die gute Sache ist. Das sehen andere nicht ganz so gern, weshalb man sie zu Sozialdienst verdonnert hat. Dort trifft sie auf die vietnamesisch-stämmige Cam (Kotti Yun), die Opfer eines Überfalls wurde und seither schwer traumatisiert ist. Sie will sich nicht bewegen, will nicht sprechen. Und wenn es nach ihr ginge, hätte sie mit Alice auch nichts zu tun. Doch die lässt nicht locker und beschließt, sich um die junge Frau zu kümmern, die aus einer völlig anderen Welt stammt. Zunächst ist das schwierig für beide Seiten. Doch mit der Zeit beginnen sie, sich füreinander zu öffnen und dabei auch mehr über sich selbst zu lernen …

Schwere Themen, beiläufig behandelt

Dass Michael Klier keine Scheu davor hat, schwierige oder auch unangenehme Fragen zu stellen, hat er 2018 in Idioten der Familie bewiesen. In dem Drama erzählte er von mehreren Geschwistern, die ihre geistig behinderte Schwester in ein Heim geben, weil sie sich nicht länger um sie kümmern wollen und können. Und auch in seinem neuesten Werk Zwischen uns der Fluss macht er es dem Publikum nicht gerade einfach. Anfangs meint man zwar noch, es mit einem moralinsauren Werk zu tun zu haben. Eine Umweltaktivistin und das Opfer rassistischer Gewalt? Das schreit geradezu nach Belehrung, wie man es etwa im deutschen Fernsehen regelmäßig oft zu sehen bekommt. Und doch ist die Geschichte nicht so einfach, wie es zunächst den Anschein hat.

Beispielsweise taucht das Thema Umweltschutz später wieder auf, wenn sich Alice gegen architektonische Maßnahmen erhebt, die der Natur schaden würden. Doch das ist eher ein Nebenaspekt von Zwischen uns der Fluss. Der Aktivismus dient in erster Linie der Charakterisierung der jungen Frau, um den Inhalt der Aktionen geht es weniger. Und auch der mutmaßlich rassistische Angriff auf Cam ist letzten Endes kein großes Thema. Der Vorfall ist natürlich wichtig, da er die junge Frau aus der Bahn wirft und letztendlich zu der Begegnung der beiden Protagonistinnen führt. Der Film versteht sich aber nicht als Plädoyer gegen Rassismus oder andere Formen der Gewalt. Dass dies inakzeptabel ist, wird hier mehr oder weniger vorausgesetzt. Sollen doch andere sich zu der Sache zu Wort melden.

Annäherung zweier unterschiedlicher Frauen

Stattdessen ist das Drama, welches auf dem Filmfest Hamburg 2023 uraufgeführt wurde, primär das Porträt zweier grundverschiedener Frauen. Das betrifft einerseits die Herkunft: Die eine stammt aus einer wohlhabenden Familie, wuchs behütet in einer guten Gegend auf, die andere ist vietnamesischer Herkunft und ist in dem Land ein Fremdkörper. Das hat aber auch Auswirkungen auf ihre Persönlichkeiten. Nach einem etwas holprigen Einstieg schließen sie schon eine Form von Freundschaft. Alice ist sowieso sehr bemüht, sieht es geradezu als ihre Pflicht an, sich um Cam zu kümmern. Und doch kommt es später in Zwischen uns der Fluss zu heftigen Auseinandersetzungen, wenn bei aller Zuneigung das Verständnis füreinander nicht so groß ist. Das muss erst erarbeitet werden.

Das Ergebnis ist sehenswert. Die beiden Hauptdarstellerinnen Lena Urzendowsky und Kotti Yun, die gemeinsam mit Klier und Karin Aström den Inhalt entwickelt haben, liefern spannende Einsichten in eine besondere Beziehung, die sich im Laufe der anderthalb Stunden ändert. Zwischen uns der Fluss dürfte zudem die eine oder andere Diskussion starten, ohne selbst die endgültigen Antworten zu liefern. Das Kollektiv hat daran kein Interesse, will den Zuschauern und Zuschauerinnen nichts vorgeben. Wer einen Themenfilm sehen möchte, ist hier deshalb nicht unbedingt an der richtigen Adresse. Ein Publikum, das sich für Menschen, die Dynamik zwischen ihnen und ganz grundsätzliche Fragen rund ums Leben interessiert, wird hingegen fündig.

Credits

OT: „Zwischen uns der Fluss“
Land: UK
Jahr: 2023
Regie: Michael Klier
Drehbuch: Karin Aström, Michael Klier, Lena Urzendowsky, Kotti Yun
Kamera: Jenny Lou Ziegel, Markus Koop
Besetzung: Kotti Yun, Lena Urzendowsky, Laura Tonke, Jeremias Meyer, Vu Dinh

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Zwischen uns der Fluss
fazit
Wenn in „Zwischen uns der Fluss“ eine Umweltaktivistin und eine Frau, die Opfer rassistischer Gewalt wurde, aufeinandertreffen, klingt das nach einem moralinsauren Belehrungsfilm. Stattdessen ist das Drama das sehenswerte Porträt zweier Frauen, die aus völlig verschiedenen Welten kommen und dabei etwas über sich selbst lernen.
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