Im Laufe seiner langen Karriere hat John Knox (Michael Keaton) zahlreiche Menschen getötet. Doch damit soll nun Schluss sein, eine fortschreitende Demenzerkrankung macht die Arbeit des Auftragsmörders unmöglich. Einen letzten Auftrag will er aber noch erfüllen. Keine große Sache eigentlich, erfahren genug ist er ja. Und doch geht irgendwie alles schief. Nicht nur, dass er die Partnerin des designierten Opfers tötet. Sein eigener Partner Thomas Muncie (Ray McKinnon) geht dabei versehentlich mit drauf, weil Knox durch seine Krankheit nicht ganz anwesend ist. Schnell verwischt er seine Spuren und verlässt den Tatort. Dabei droht ihm noch von anderer Seite aus Ärger, als sein entfremdeter Sohn Miles (James Marsden) vor ihm steht und erzählt, dass er einen anderen Mann ermordet hat …
Ein Mann verliert die Kontrolle
Als Schauspieler ist Michael Keaton natürlich ein großer Star. Ob es nun der Comic-Blockbuster Batman (1989) war, sein oscarnominierter Auftritt in der Tragikomödie Birdman (oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit) (2014) oder auch das investigative Drama Spotlight (2015) über den Missbrauch in der Kirche, da waren eine Reihe großer Rollen. Seinem Auftritt in Spider-Man: Homecoming (2017) haben wir zudem einen der besten Antagonisten im Marvel-Universum zu verdanken. Seine Arbeit als Regisseur ist im Vergleich eher weniger beeindruckend. So ging sein Regiedebüt The Merry Gentleman 2008 völlig unter, wurde bei uns nur auf DVD veröffentlicht. Bei A Killer’s Memory hat es bislang nicht einmal dafür gereicht. Anstatt das zweite Regiewerk des US-Amerikaners auf einem physischen Medium herauszubringen, begnügte sich der deutsche Rechteinhaber damit, den Titel zunächst exklusiv auf Amazon Prime Video unterzubringen.
Als Vorzeichen ist das nicht besonders gut, zumal der Kinostart in den USA auch in einem Debakel endete. Das Ergebnis ist jedoch nicht annähernd so übel, wie man eventuell anhand der Umstände denken könnte. Natürlich, das Motiv eines Verbrechers, der an Demenz erkrankt ist, geht nicht unbedingt als origineller Einfall durch. Memory – Sein letzter Auftrag bietet sich da als Vergleich an, dort war es Liam Neeson, der einen dementen Auftragsmörder spielte. A Killer’s Memory geht da jedoch einen deutlichen Schritt weiter. Wo bei anderen Leidensgenossen der geistige Abbau nur angedeutet wird und das Publikum sich am Anfang dieser Reise befindet, da ist das hier mehr als nur eine unheilvolle Warnung. Die Erkrankung von Knox ist schon so weit fortgeschritten, dass er immer wieder die Kontrolle verliert.
Beeindruckend gespielt
Das ist beeindruckend von Keaton gespielt. Tatsächlich ist seine Darstellung des zunehmend verlorenen Protagonisten so stark, dass dies allein schon als Grund durchgeht, sich das hier anschauen zu wollen. Zumal das mit größeren Kontrasten verbunden ist. Der Wandel von dem sehr kontrollierten, abgebrühten Verbrecher, der selbst im größten Chaos noch die Ruhe bewahrt, zu einem Schatten, der nicht mehr weiß, wie ihm geschieht, zwischendurch auch völlig die Orientierung verliert, ist sehr abrupt, aber auch sehr wirkungsvoll. Die überzeugendsten Momente hat der Thriller, der 2023 auf dem Toronto International Film Festival Premiere feierte, wenn er sich auf den menschlichen Aspekt konzentriert. Wenn A Killer’s Memory ganz nah an der Hauptfigur bleibt und ihn in einer Zerbrechlichkeit zeigt, die ihr selbst fremd ist.
Etwas schwieriger sind die Passagen, wenn der Film doch auch ein Genrebeitrag sein will. Grundsätzlich ist das durchaus spannend, wenn der Protagonist die Kontrolle über sich selbst verliert und man als Zuschauer bzw. Zuschauerin gar nicht genau sagen kann, ob er gerade etwas bewusst tut oder das Gezeigte das Ergebnis seiner Krankheit ist. Geschickt streut Keaton Zweifel, ob die Ereignisse geplant sind oder nicht, Ausdruck eines perfiden Vorhabens oder doch nur Zufall. Richtig befriedigend ist die Auflösung dabei nicht. Außerdem geht der Film nie so weit wie etwa The Father, das besonders eindrucksvoll zeigte, wie sich die Realität als Folge der Krankheit verändert. Für sich genommen ist A Killer’s Memory aber kein uninteressanter Thriller, der demonstriert, welche schauspielerische Präsenz der Darsteller noch immer hat.
OT: „Knox Goes Away“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Michael Keaton
Drehbuch: Gregory Poirier
Musik: Alex Heffes
Kamera: Marshall Adams
Besetzung: Michael Keaton, James Marsden, Suzy Nakamura, Joanna Kulig, Ray McKinnon, John Hoogenakker, Lela Loren, Marcia Gay Harden, Al Pacino
Amazon (DVD „A Killer’s Memory“)
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