Vianne Rocher (Juliette Binoche) ist es gewohnt, in regelmäßigen Abständen umzuziehen und woanders ihre Zelte aufzuschlagen. Dieses Mal hat es sie und ihre kleine Tochter Anouk (Victoire Thivisol) in das verschlafene Provinzstädtchen Lansquenet-sous-Tannes verschlagen, wo sie ein Schokoladengeschäft eröffnen möchte. Damit bringt sie jedoch den konservativen, strenggläubigen Bürgermeister Comte de Reynaud (Alfred Molina) gegen sich auf, dem die süßen kleinen Versuchungen ein Dorn im Auge sind. Während die Fremde zunehmend die Menschen für sich gewinnt, darunter die borstige Armande Voizin (Judi Dench) sowie Joséphine Muscat (Lena Olin), die von ihrem Mann Serge (Peter Stormare) misshandelt wird, versucht der Comte, das Dorf gegen sie aufzuhetzen. Als auch noch Roux (Johnny Depp) und die anderen Roma auftauchen, droht die Situation endgültig zu eskalieren …
Schokolade als Wohlfühlereignis
Schokolade ist eine dieser kleinen Sünden, zu der praktisch niemand Nein sagen kann, auch weil wir schon von klein auf zu dieser greifen. Wo Alkohol oder Zigaretten erst im weiteren Verlauf des Lebens eine Rolle spielen, kommt man als Kind kaum an den Leckereien vorbei. Was aber, wenn einem diese Süßigkeiten vorenthalten werden? Dann wird der Kampf um den Genuss zu einer Wohlfühlgeschichte. Ein aktuelles Beispiel dafür ist Wonka über einen angehenden Chocolatier, einer der erfolgreichsten Filme des letzten Jahres. Und auch Chocolat … Ein kleiner Biss genügt fand seinerzeit sein Publikum. Bei einem Budget von 25 Millionen US-Dollar spielte die britisch-US-amerikanische Produktion seinerzeit rund das Sechsfache wieder ein, war zudem für mehrere Oscars im Rennen.
Die Gründe für den großen Erfolg sind nicht schwer zu erkennen. Da ist zum einen die sinnliche Komponente. Zwar sind die Kreationen von Rocher nicht annähernd so fantastisch wie die ihres obigen Kollegen, die auch immer etwas Märchenhaftes an sich haben. Wenn sie aber Torten auf den Tisch zaubert, kleine Pralinen fertig oder auch einfach nur mal eine heiße Schokolade serviert, darf einem schon das Mund im Wasser zusammenlaufen. Eingebettet ist das bei Chocolat … Ein kleiner Biss genügt in ein pittoreskes Setting. Das kleine malerische Dorf mit den Gassen, urigen Gebäuden oder auch dem idyllischen Ufer lädt dazu ein, selbst eine Zeit lang zu verweilen. Schon der Anblick der Orte ist mit einem Wohlfühlaspekt verbunden. Man schaut hier einfach gern zu, wenn die Leute herumwuseln.
Ernste Themen, süß verpackt
Das heißt aber nicht, dass der Film nicht auch ernste Themen ansprechen würde. Die Adaption des Romans von Joanne Harris hat sogar eine ganze Reihe. Da geht es um Selbstbehauptung von Frauen in einer patriarchisch bestimmten Welt, zu der auch Missbrauch in der Ehe gehört. Bigotterie spielt eine große Rolle. Aber auch Toleranz war der britischen Autorin wichtig, wenn die Anfeindungen der Roma hinzukommen – was ein knappes Vierteljahrhundert später so aktuell wie damals ist. Chocolat … Ein kleiner Biss genügt erzählt aber auch von Einsamkeit, wenn der herablassende Bürgermeister seiner Frau hinterhertrauert, die ihn vor Jahren verlassen hat, und damit eine andere Seite von sich preisgibt. Überhaupt, da liegt in den Familien so einiges im Argen, hinter der hübschen Kulisse wartet so mancher Abgrund.
Allerdings sollte man da nicht zu viel erwarten. Regisseur Lasse Hallström (Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa) streift diese ganzen Themengebiete, bietet dem Publikum aber genüg Süßes, um den bitteren Geschmack zu überdecken. Das Happy End ist sowieso obligatorisch, da sollen am Ende alle glücklicher sein. Darüber kann man die Nase rümpfen, der Film ist dann doch mehr Fast Food als cineastische Delikatesse. Manchmal braucht es ein solches aber. Da Chocolat … Ein kleiner Biss genügt zudem erstklassig besetzt ist – vor allem Judi Dench als giftige und eigensinnige Dorfbewohnerin reißt so manche Szene an sich –, macht das Formelhafte dieser Fabrikschokolade nicht wirklich viel aus.
OT: „Chocolat“
Land: UK, USA
Jahr: 2000
Regie: Lasse Hallström
Drehbuch: Robert Nelson Jacobs
Vorlage: Joanne Harris
Musik: Rachel Portman
Kamera: Roger Pratt
Besetzung: Juliette Binoche, Judi Dench, Johnny Depp, Alfred Molina, Carrie-Anne Moss, Lena Olin, Victoire Thivisol, Hugh O’Conor, Peter Stormare
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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Academy Awards | 2001 | Bester Film | nominiert | |
Beste Hauptdarstellerin | Juliette Binoche | nominiert | ||
Beste Nebendarstellerin | Judi Dench | nominiert | ||
Bestes adaptiertes Drehbuch | Robert Nelson Jacobs | nominiert | ||
Beste Musik | Rachel Portman | nominiert | ||
Berlinale | 2001 | Goldener Bär | nominiert | |
BAFTA | 2001 | Beste Hauptdarstellerin | Juliette Binoche | nominiert |
Beste Nebendarstellerin | Judi Dench | nominiert | ||
Beste Nebendarstellerin | Lena Olin | nominiert | ||
Bestes adaptiertes Drehbuch | Robert Nelson Jacobs | nominiert | ||
Beste Kamera | Roger Pratt | nominiert | ||
Bestes Szenenbild | David Gropman | nominiert | ||
Beste Kostüme | Renee Ehrlich Kalfus | nominiert | ||
Bestes Make-up/Haare | Naomi Donne | nominiert | ||
Golden Globes | 2001 | Bester Film (Komödie oder Musical) | nominiert | |
Beste Hauptdarstellerin (Komödie oder Musical) | Juliette Binoche | nominiert | ||
Beste Nebendarstellerin | Judi Dench | nominiert | ||
Beste Musik | Rachel Portman | nominiert |
Amazon (DVD „Chocolat … Ein kleiner Biss genügt“)
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