Der Kurier (2024)

Spanien, 2002: Ivan Marquez (Arón Piper) kommt aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater ist ein rechtschaffener Mann, der sich an die Regeln hält und bescheiden ist. Ivan kann damit jedoch wenig anfangen, sieht, wie sehr sich sei Vater abmüht und doch wenig Geld hat. Warum sollte er sich das antun, wenn es viel leichter und schneller geht? Als sein Heimatland von der Pesete zum Euro wechselt, bedeutet dies für ihn ein gewaltiges Potenzial, da dies Geldwäsche deutlich vereinfacht. Kurze Zeit später ist er bereits dick im Geschäft, im Auftrag ebenso mächtiger wie skrupelloser Organisationen ist er als Kurier unterwegs durch ganz Europa. Doch dabei hat er die Rechnung ohne Escámez (Luis Tosar) gemacht, der es gar nicht schätzt, dass da eine junge Konkurrenz auftaucht …

Schicker Blick aufs Verbrechen

Diese Woche befasste sich Netflix mal wieder ausführlich mit realen Verbrechen, tut dies aber auf sehr unterschiedliche Weise. Da war die klassische True Crime Doku Verstrickt in Lügen: Die Geschichte von César Román, welche die schockierende Geschichte eines mörderischen Kochs erzählte. Die fiktionalisierte Serie Bodkin wiederum begleitet einen True Crime Podcaster, der bei der Arbeit für eine neue Sendung immer tiefer in einen alten Fall hineinrutscht. Irgendwo dazwischen liegt der spanische Krimithriller Der Kurier, den der Streamingdienst für eine hiesige Veröffentlichung lizenziert hat. Dieser ist prinzipiell fiktional, nimmt aber Bezug auf Ereignisse, die tatsächlich im Rahmen der Euro-Einführung in Spanien geschehen sind.

Zu diesem Zweck gibt es Einspieler aus der damaligen Zeit, die dem Film mehr Authentizität verleihen sollen. Ob es das gebraucht hätte, darüber lässt sich jedoch streiten. Hinzu kommt, dass dies zu krassen Kontrasten in der Optik führt. Eigentlich mag es der genreerfahrene Regisseur Daniel Calparsoro, der zuvor unter anderem Ultimatum – Die Bombe tickt und Centauro inszeniert hat, lieber stylischer. Der Kurier ist über weite Strecken schick anzusehen, sei es durch die Auswahl der Farben, die Motive aus der Welt der Reichen und Schönen oder die musikalische Untermalung. Schließlich soll das Gefühl vermittelt werden, wie toll das alles ist. Die dokumentarischen Einschübe wirken da wie ein Fremdkörper, sind aber so selten, dass man sie auch ignorieren kann.

Alles wie immer

Atmosphärisch lässt sich dem Film in der Summe dennoch wenig vorwerfen. Das macht schon ordentlich Laune. Inhaltlich darf man hingegen nicht viel erwarten. Dass der Wechsel zum Euro als Hintergrund für die Verbrechen genommen wird, sorgt für Abwechslung und eine reizvolle historische Note. Der Ablauf der Handlung ist jedoch kaum der Rede wert. Ob es nun der obligatorische Konflikt mit den großen Fischen ist, für die der Protagonist kein ernstzunehmender Gegner ist, oder auch der allmähliche Kontrollverlust, wenn Ivan in seiner rauschhaften Gier versinkt, Der Kurier hat nicht mehr als Klischees gebunden. Bei der Liebesgeschichte, die immer in solche Geschichten hineingepresst werden, versuchte man ebenfalls nicht, sich irgendwie von der Konkurrenz abzuheben.

Dennoch ist das Ergebnis solide. Neben der besagten Optik ist auch die Besetzung einen Blick wert. Thriller-Ikone Luis Tosar ist für die Rolle des brutalen Gangsterbosses wie gemacht, reißt dann auch die entsprechenden Szenen an sich. Arón Piper, der ihm letztes Jahr schon in Fate Game – Ein Schuss genügt gegenüberstand, erledigt seinen Part jedoch ebenfalls ordentlich. Unbedingt gesehen haben muss man Der Kurier nicht. Der Film ist relativ schnell im Anschluss wieder vergessen. Man kann sich damit aber schon rund 100 Minuten die Zeit vertreiben. Wer diese Art Filme mag, kann es hiermit versuchen, zumal Netflix derzeit mit Filmen knausert. Da nimmt man eben, was man bekommen kann.