Die Welt rückt seit einer Weile schon näher zusammen. Wir können überall hin, die Länder und Kulturen beeinflussen sich gegenseitig, wodurch die Unterschiede kontinuierlich geringer werden – was die einen freut, die anderen alarmiert. Doch gleich, wie man zu der Globalisierung steht: Die Faszination ist groß, wenn es Menschen gibt, die sich diesem Trend völlig entziehen und ein eigenes Leben führen. An vielen Ecken der Welt gibt es solche isolierte Völker, sei es in Indien oder Australien. Vor allem aber Südamerika bietet indigenen Stämmen den Raum, unter sich zu bleiben, gerade die Regenwälder sind ein riesiges Rückzugsgebiet, in der die Zeit stehen geblieben ist. Zu diesen zählen auch die Yanomami, die im venezolanisch-brasilianischen Grenzgebiet leben.
Einsatz für ein fremdes Volk
Zum Teil zumindest lebt auch Die Vision der Claudia Andujar von dieser Faszination. Der Dokumentarfilm erzählt aus dem Leben der gleichnamigen Schweizerin. Diese verbrachte ihre Kindheit in Rumänien und Ungarn, floh später wegen ihrer jüdischen Abstammung über Österreich und die Schweiz in die USA und schließlich nach Brasilien, wo sie bis heute lebt. Dort fotografierte sie 1956 erstmals eines der indigen Völker: die Karajá. Bekannt wurde sie aber für ihre Arbeit rund um die besagten Yanomami. In den 1970ern begann sie, diese zu fotografieren. Mit der Zeit fühlte sie sich ihnen aber so verbunden, dass sie anfing, sich aktiv für sie einzusetzen. Vor allem den drohenden Verlust von Lebensraum bekämpfte sie. Und das erfolgreich: Inzwischen lebt ein Großteil des Volks in einem riesigen Schutzgebiet.
Regisseurin Heidi Specogna (Stand up my Beauty) hat ihren Dokumentarfilm letztendlich beiden Themen gewidmet. So erfahren wir einiges über das Leben der Schweizerin, die 1976 auch die brasilianische Staatsbürgerschaft annahm. Sie spricht von den Anfängen, von der Flucht aus der Heimat und der Suche nach einer neuen. Sie spricht in Die Vision der Claudia Andujar aber auch davon, wie schwierig es war, in Brasilien Fuß zu fassen. Sie konnte die Sprache nicht, hatte keine Ahnung von der Kultur. Aber sie hatte eine Kamera, die für sie nicht nur eine Möglichkeit wurde, diese Welt festzuhalten, sondern sich ihr auch zu nähern. Aus Neugierde wurde so eine Herzensangelegenheit, die ein Leben lang hielt. Selbst als hochbetagte Frau spürt man noch, wie wichtig ihr das ist.
In mehrfacher Hinsicht sehenswert
Die Vision der Claudia Andujar ist aber zugleich auch ein Film über die Yanomami selbst. Wir lernen sie durch die Augen der Fotografin kennen, erfahren dabei mehr über sie und ihre Lebensweise. Da sich die Künstlerin über Jahrzehnte mit der Kultur beschäftigte, kommt auch eine historische Komponente dazu. Auch wenn das Volk zurückgezogen lebt, ist die Zeit für sie nicht stehengeblieben. So lernen wir bei erneuten Besuchen die junge aktuelle Bevölkerung kennen, die selbst inzwischen zur Kamera greift, um ihr Leben festzuhalten und auf Missstände aufmerksam zu machen. Denn trotz der Verbesserungen, die Andujar und andere erkämpft haben, die Bedrohung durch die Außenwelt ist geblieben.
Der Dokumentarfilm, der unter anderem auf dem DOK.fest München 2024 zu sehen war, ist dadurch in mehrfacher Hinsicht sehenswert. Er bietet Einblick in eine fremde Kultur. Gleichzeitig betont er, wie wichtig es ist, diese zu respektieren und die Unterschiede zu bewahren, die es auf der Welt gibt. Und natürlich ist Die Vision der Claudia Andujar auch eine Hommage, die künstlerisch ihre Spuren hinterlassen hat und zugleich den Einfluss für andere nutzte. Und das ist heute so inspirierend und wichtig wie damals. Dazu gibt es wunderbare Aufnahmen, sei es aus dem Reservat selbst oder die Fotografien, die das Publikum zu sehen bekommt.
OT: „Die Vision der Claudia Andujar“
Land: Deutschland, Schweiz
Jahr: 2024
Regie: Heidi Specogna
Drehbuch: Heidi Specogna
Musik: Raffael Seyfried
Kamera: Johann Feindt
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