Dr. Nice: Süße Lügen

Noch immer geht es drunter und drüber im Leben von Dr. Moritz Neiss (Patrick Kalupa). Während er immer noch mit seiner steifen Hand hadert, wegen der er nicht mehr als Chirurg arbeiten kann, und nach einer Lösung sucht, braucht er in der Zwischenzeit eine Zulassung als Hausarzt. Und das bedeutet, ein Praktikum bei seinem Intimfeind Dr. Florian Schmidtke (Maximilian Grill) zu machen. Dabei ist seine medizinische Expertise gefragt, als Andrea Wellenbrink (Anja Antonowicz) kurz vor ihrer Hochzeit mit Marcus Paysen (Benjamin Kramme) unter rätselhaften Lähmungen leidet. Und dann wäre noch seine Tochter Lea Koch (Maj Borchardt), die vor einer schwierigen Entscheidung steht – womit der nächste Ärger mit Charlie Winkler (Josefine Preuß) feststeht …

Fortsetzung der etwas anderen Arztserie

Seit einiger Zeit schon versucht das ZDF bei der sonntäglichen Herzkino-Programmschiene, neben den bewährten Reihen ein paar neue zu etablieren und so das Portfolio zu erweitern. Zu diesen zählte auch Dr. Nice über einen arroganten Stadtarzt, den es in einen kleinen Ort verschlägt, wo seine ihm bislang unbekannte Tochter lebt. Zum Auftakt gab es im Frühjahr 2023 mit Hand aufs Herz und Alte Wunden zwei Testfilme. Das Ergebnis war eine etwas unschlüssige Mischung aus Drama und Komödie, aus Konvention und Skurrilem. Es fand aber offensichtlich viel Gefallen beim Publikum. Und so wurden nur wenige Monate später gleich vier neue Filme gedreht. Los geht es dabei mit Süße Lügen, bevor dann im wöchentlichen Abstand weitere Teile ausgestrahlt werden.

Der Auftakt der zweiten Staffel schließt dabei nahtlos an die erste an. Tatsächlich gibt es kaum eine Herzkino-Reihe, die dermaßen stark auf eine inhaltliche Kontinuität setzt. Auf der einen Seite ist das gut, da es bei diesen Filmen ja auch darum geht, wie sich die komplexen zwischenmenschlichen Verhältnisse weiterentwickeln. Das bedeutet aber auch, dass man nach Möglichkeit die ersten beiden Filme gesehen haben sollte. Sonst wird man bei Dr. Nice: Süße Lügen eventuell Verständigungsschwierigkeiten haben, wer da wie mit wem zusammenhängt. Einiges wird zwar im Laufe des Films wieder angesprochen, beispielsweise die steife Hand des Protagonisten. Die komplizierte Situation mit Charlie, die Partnerin eines verstorbenen One-Night-Stands von Neiss, ist aber schon erklärungsbedürftig.

Amüsantes Arschloch

Auffällig ist, dass jetzt wieder stärker auf Humor gesetzt wird. Beim zweiten Film sah es so aus, als wolle man sich von diesem verabschieden und setzte voll aufs Drama. Jetzt gibt es eine erneute Kehrtwende. Das ist gut, weil die amüsanten Momente beim Auftakt die stärkeren waren. Sie passen auch besser zu einer Situation, die gnadenlos konstruiert ist. Glaubwürdig ist hier praktisch nichts, weder das Szenario noch die Figuren. Dass die ständigen Konflikte zwischen Neiss und Schmidtke bzw. Winkler forciert sind, stört in einem solchen Umfeld dann auch weniger. Dr. Nice: Süße Lügen nimmt sich weniger ernst, womit die Schwächen des Vorgängers nicht mehr so sehr negativ auffallen. Anspruchsvoll ist der Humor dabei nicht. Die wiederkehrenden Schlagabtäusche sind aber witzig.

Das lebt maßgeblich von dem Auftritt von Patrick Kalupa als charmantem Arschloch, das sich nicht um Regeln kümmert und damit für jede Menge Wirbel sorgt. Weniger interessant ist der neue medizinische Fall. Die Reihe neigt da wie auch Praxis mit Meerblick: Kleine Wunder zum Formelhaften: Jemand leidet unter einer mysteriösen Krankheit, nur die Hauptfigur kann das Rätsel lösen und zeigt es dabei auch dem überheblichen Krankenhausarzt. Dr. Nice: Süße Lügen nimmt man das aber weniger übel, da dies ebenfalls mit humorvollen Szenen verbunden ist. Die große Fernsehkunst mag das nicht sein. Wer sich aber einfach nur am Sonntagabend ein bisschen unterhalten lassen möchte, ist hier an keiner schlechten Adresse. Besser als die meisten Herzkino Beiträge ist das sowieso. Nächste Woche geht es mit Federn lassen weiter.