E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer
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E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer

E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer
„E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer“ // Deutschland-Start: 24. Oktober 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Wie so viele andere künstlerische Berufe auch war der der Architektur lange von Männern dominiert. Während beispielsweise im Bereich Literatur oder Musik sich vieles getan hat, gilt das Entwerfen von Häusern noch immer als eher männliche Domäne. Eine frühe Ausnahme war Eileen Gray. Die Irin machte sich vor rund hundert Jahren sowohl als Architektin wie auch als Designerin einen Namen, ihr Tisch E.1027 gilt als Klassiker, der oftmals kopiert wurde. Insofern war es höchste Zeit, dass der Künstlerin auch ein filmisches Denkmal errichtet wird. Mit E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer wird diese Lücke nun geschlossen. Was Jenseits des Sichtbaren – Hilma af Klint beispielsweise im Bereich abstrakte Malerei tat, die Würdigung einer Pionierin, das wird hier für die moderne Architektur getan.

Nachdenkliche Dokufiktion

Und doch trifft der Vergleich nur teilweise sein Ziel. Während das obige Beispiel eine klassische biografische Dokumentation ist, die einen einzelnen Menschen hervorhebt, da arbeiten Beatrice Minger und Christoph Schaub, die gemeinsam Regie führten, mit einem Ensemble. Immer wieder sehen wir Natalie Radmall-Quirke, die in die Rolle der Architektin schlüpft. Das ist prinzipiell keine Seltenheit, viele Dokus arbeiten mit nachgestellten Szenen. Gerade auf Netflix findet man massenweise Beispiele dafür. E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer macht daraus aber keine wirklichen Spielfilmszenen. Es gibt nur wenig Handlung. Vielmehr dient die Schauspielerin als eine Art Identifikationsfläche, während als Voiceover Gedanken darüber gelegt werden.

Neben der Protagonistin tauchen noch andere Figuren wieder auf. Da ist zum einen Grays Kollege Jean Badovici (Axel Moustache), ihr damaliger Liebhaber, mit dem sie das titelgebende Haus gebaut hat. Und da ist Le Corbusier, verkörpert durch Charles Morillon, der sicherlich zu den bekanntesten Architekten aller Zeiten gezählt werden darf. Kürzlich war auch er Mittelpunkt einer Kinodoku, wobei Kraft der Utopie – Leben mit Le Corbusier in Chandigarh weniger von dem Künstler als vielmehr einem Projekt erzählte. E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer spricht das Verhältnis zwischen den beiden an, zeichnet dabei den Schweizer als einen Egozentriker, der sich einfach über andere Menschen hinwegsetzt. Und eben auch über Gray, deren Haus er sich zu eigen machen wollte.

Teils mehr Kunst als Info

Minger und Schaub erzählen dabei ein Einzelschicksal. Natürlich ist der Film aber auch mehr. So porträtiert E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer die damalige Zeit und führt vor Augen, wie schwierig es war, sich als Frau in dem Bereich durchzusetzen. Schließlich soll die Leistung der Irin gewürdigt werden, die sich nicht davon aufhielten ließ. Sie ignorierte die überlieferten Geschlechterrollen, wenn sie ihren eigenen Vorstellungen folgte. Dazu gehört auch, dass die offen bisexuelle Frau mit den verschiedensten Menschen Beziehungen und Affären einging. Auch in der Hinsicht war die Künstlerin ihrer Zeit voraus, ließ sich nicht von anderen einengen.

Phasenweise ist die Dokufiktion, welche auf dem DOK.fest München 2024 Deutschlandpremiere feierte, dann auch ein spannender Einblick in das Leben und Arbeiten der Irin. Zudem gibt es reizvolle Aufnahmen aus dem besagten Haus in Südfrankreich, wo idyllische Natur auf eine kunstvolle Architektur trifft. Und doch würde man sich bei E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer manchmal noch mehr Informationen wünschen, vielleicht auch eine sachlichere Herangehensweise. Die persönliche Natur des Films führt dazu, dass das hier manchmal in anderen Sphären schwebt. Darauf muss man sich einlassen können. Als Alternative zu den oft sehr formelhaften biografischen Dokumentarfilmen ist dieser Zugang jedoch interessant, wenn wie die porträtierte Person nach einem eigenen Weg gesucht wird.

Credits

OT: „E.1027 – Eileen Gray and the House by the Sea“
Land: Schweiz
Jahr: 2024
Regie: Beatrice Minger, Christoph Schaub
Drehbuch: Beatrice Minger, Christoph Schaub
Musik: Peter Scherer
Kamera: Ramón Giger
Besetzung: Natalie Radmall-Quirke, Axel Moustache, Charles Morillon, Vera Flück

Bilder

Trailer

Interview

Ihr wollt mehr über den Film erfahren? Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Regisseurin Beatrice Minger zu unterhalten. Im Interview zu E.1027 – Eileen Gray and the House by the Sea sprechen wir über die Architektin und die Arbeit an dem Dokumentarfilm.

Beatrice Minger [Interview]

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E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer
fazit
„E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer“ ist der irischen Architektin und Designerin gewidmet, verbindet dabei Dokumentarisches mit nachgespielten Szenen, welche stärker die Gedankenwelt aufzeigen wollen. Das ist phasenweise spannend, manchmal würde man sich aber mehr sachliche Informationen wünschen.
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